Dunkelheit soll dich umfangen: Thriller (German Edition)
sie sich mit einem Paar mittleren Alters treffen, das gerade erst von Kalifornien nach Kansas City gezogen war.
Sie hatte Johnny versprochen, zu Hause zu sein, wenn er um Viertel vor vier aus dem Schulbus stieg. Hoffentlich fing es nicht vorher schon an zu schneien. Wenn die Wetterfrösche recht behielten, würden die Schneefälle so heftig ausfallen, dass die Schulen schließen müssten und auch Vanessa gezwungen wäre, ein paar Tage zu Hause zu bleiben.
Johnny und sie könnten Cookies backen und sich Filme ansehen, und vielleicht würde sie sich sogar von ihm erklären lassen, wie man mit der Playstation Football spielte. Sie musste lächeln, als sie an ihren Sohn dachte.
Im Laufe der Ferien hatte sie eine leichte Veränderung an ihm wahrgenommen. Er wirkte weniger ernsthaft, weniger erwachsen.
Seit er ihr mitgeteilt hatte, dass er sich eine Auszeit vom Malen nehmen wollte, war er kein einziges Mal ins Atelier hochgegangen. Vanessa konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass die Veränderung mit Christians Gegenwart zu tun hatte.
Es war, als eifere Johnny nicht länger seinem Vater nach, als habe er die Rolle des Mannes im Hause an Christian abgetreten und könne endlich wieder Kind sein. Für Vanessa war es die reinste Freude, ihn so zu sehen.
Alles andere als eine reine Freude war Alicias Laune an diesem Morgen. Als Vanessa das Büro betrat, blaffte sie: »Herrgott noch mal, machen Sie die Tür zu. Es zieht.«
Sie hatte nicht nur grauen Lidschatten aufgelegt, sondern ihre ganze Erscheinung wirkte grau in grau, vom Rollkragen ihres Pullovers bis zum Saum ihres graukarierten Rocks.
Vanessa war froh, dass sie auswärtige Termine hatte und Alicia aus dem Weg gehen konnte. Sie hatte schon genug am Hals und konnte gut auf die miese Stimmung der Kollegin verzichten.
Vanessa hängte ihren Wintermantel an die Garderobe und ging nach hinten in den Pausenraum, um Kaffee zu holen. Sie schenkte sich eine Tasse ein, setzte sich an den Tisch und wartete darauf, dass ihr warm wurde.
Trotz allem, was geschehen war, verspürte sie jedes Mal ein tiefes Glücksgefühl, wenn sie an Christian dachte. Gestern Abend hatten sie übers Heiraten gesprochen. Sie hatten die Möglichkeit, dass Jim noch am Leben war, einfach ignoriert und Pläne für ihre gemeinsame Zukunft geschmiedet.
»Beim Kochen wechseln wir uns ab«, hatte er augenzwinkernd gesagt. »Jeden zweiten Abend bereite ich ein Feinschmecker-Mikrowellengericht zu, das dir die Schuhe ausziehen wird.«
»Ich habe eine bessere Idee«, erwiderte sie. »Ich übernehme das Kochen und du das Putzen.«
»Oder wir gehen jeden Abend essen und lassen andere für uns putzen?«
»Klingt auch nicht schlecht«, sagte sie lachend.
Nachdem er gegangen war, war sie noch so erfüllt von seiner Liebe und von ihren gemeinsamen Plänen, dass sie tief und traumlos schlief. Doch in der Morgendämmerung holte die ernüchternde Realität sie wieder ein.
Sie würden nicht heiraten können, bevor nicht endgültig geklärt war, ob Jim noch lebte. Jedenfalls wollte Vanessa keine Hochzeit, bei der eine dunkle Wolke drohender Gefahr über ihnen schwebte.
Vielleicht im Frühling. Sie trank einen Schluck Kaffee. Der Frühling war für ihren Großvater die schönste Jahreszeit gewesen. Sie sah ihn vor sich, wie er mit den Händen in der Erde arbeitete, Blumen und Gemüse säte und pflanzte. Und ihr dabei von all den wunderbaren Dingen erzählte, die in dieser Jahreszeit geschahen. »Im Frühling stehen alle Uhren auf Anfang, meine Süße«, sagte er dann. »Vögel brüten ihre Jungen aus, Blumen heben ihre Köpfe. Im Frühling beginnt alles von vorn.«
Vanessa war bereit für einen Neubeginn, ein neues Leben mit Christian und Johnny. Sie wollte das Glück, das zum Greifen nah vor ihr lag, beim Schopfe packen.
»Ihre Kunden sind da«, sagte Alicia, die in der Tür zum Pausenraum stand und sofort wieder verschwand.
Vanessa trank den letzten Schluck Kaffee und ging nach vorne um die Perricios zu begrüßen.
Der Vormittag verlief nicht nur angenehm, sondern auch erfolgreich. Vanessa zeigte dem Ehepaar drei Häuser, und in das dritte verliebten die beiden sich auf Anhieb.
»Guck mal, Schatz, im Garten steht ein Pfirsichbaum«, sagte Mrs. Perricio zu ihrem Mann. »Erinnerst du dich an den Pfirsichbaum, den wir an unserem ersten Hochzeitstag gepflanzt haben?«
Mr. Perricio trat neben seine Frau ans Fenster und legte einen Arm um ihre schmalen Schultern.
Während die beiden leise miteinander
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