Dunkelheit soll dich umfangen: Thriller (German Edition)
ein bisschen Musik?«
»Gern.« Ihr Herz schlug vor Aufregung höher. Das Licht im Wohnzimmer war gedämpft.
Christian schaltete die Stereoanlage ein, und sanfte Instrumentalmusik erklang. Diesmal setzte er sich so dicht neben Vanessa, dass sie die Wärme seines Körpers spürte.
»Ich habe das Gefühl, die Verführung naht«, sagte sie. »Ist das derart offensichtlich?« Er tat so, als müsste er gähnen, und streckte sich. Dann ließ er die Arme sinken, wobei er einen Arm wie zufällig um ihre Schulter legte. »Das war zu Highschool-Zeiten mein bevorzugter Trick.«
Sie kicherte. »Nicht sehr einfallsreich.«
Seine Augen schimmerten wie geschmolzenes Blei, als er sie ansah. »Stimmt, aber ich habe erreicht, was ich wollte. Mein Arm liegt auf deiner Schulter.« Er hob die andere Hand und strich ihr übers Haar. »Den ganzen Abend habe ich mir gewünscht, deine Haare zu berühren. Fast so sehr, wie ich mir gewünscht habe, dich zu küssen.«
»Und was hat dich daran gehindert?« Sie hätte nicht für möglich gehalten, dass ihr Herz noch schneller schlagen könnte, doch genau das tat es, als Christian sich ihr näherte.
»Du jagst mir eine Heidenangst ein«, sagte er, seine Lippen nur wenige Zentimeter von ihren entfernt. »Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine Frau so sehr begehrt zu haben.«
Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, obwohl sie gar nicht wusste, was sie sagen sollte. Das spielte aber auch keine Rolle, denn seine Lippen berührten jetzt ihre.
Der Kuss war unglaublich zärtlich. Christian knabberte sanft an ihren Lippen und streichelte ihre Wange und ihren Hals.
Und dann war der Kuss auch schon vorbei. Christian lehnte sich mit ihr im Arm zurück, für den Moment offensichtlich zufrieden damit, einfach nur mit ihr dazusitzen und Musik zu hören.
Die ganze Anspannung der vergangenen Woche fiel von Vanessa ab, als sie sich an ihn kuschelte, den Kopf an seiner Brust und seinen Herzschlag im Ohr.
»Das ist schön«, sagte sie.
»Weißt du, was mir an dir unter anderem so gefällt? Dass du Stille zu schätzen scheinst, dass du nicht zu den Menschen gehörst, die jede Stille mit irgendetwas ausfüllen müssen.«
»Ich kann mit Stille umgehen. In den letzten Jahren hat es in meinem Leben reichlich davon gegeben.«
Er drückte sie fester an sich. »Mir tut leid, was du hast durchmachen müssen, aber es tut mir nicht leid, dass der Schicksalswind dich in mein Leben geweht hat.«
Sie wagte nicht, auch nur zu hoffen, dass das Glück so nah sein könnte wie der Mann neben ihr. Das Schicksal hatte sie schon einmal an der Nase herumgeführt. Doch sie fand, sie hatte genug gelitten. Sie fand, sie hatte verdient, glücklich zu sein.
»Erzähl mir von deinen Eltern«, sagte sie. Sie spürte, wie seine Muskeln sich anspannten, und hob den Kopf, um Christian anzusehen. »Ich habe dir so viel von meinem Großvater erzählt. Erzähl mir von den Menschen, die dich großgezogen haben.«
Er seufzte, und sie setzte sich auf. Das Thema war ihm offenbar unangenehm. Aber wenn sie sich ihm öffnen, eine Beziehung mit ihm eingehen sollte, musste sie auch wissen, woher er kam und welche Gespenster aus der Vergangenheit ihn vielleicht irgendwann heimsuchten.
»Es gibt Menschen, die sind einfach nicht dafür geschaffen, Eltern zu sein. Und meine Eltern gehören definitiv zu der Sorte. Mein Vater ist Konzertpianist und Komponist, und meine Mutter berauscht sich an seinem Talent und seiner Wichtigkeit. Sie haben mich nicht misshandelt oder so. Sie waren einfach nur abwesend, mit sich selbst beschäftigt.«
»Das tut weh.« Vanessa legte eine Hand an seine Wange.
Seine Muskeln waren immer noch verkrampft, aber unter ihrer Berührung entspannten sie sich langsam, und schließlich lächelte er.
»Ich bin schon lange darüber weg. Sie sind keine schlechten Menschen. Sie waren einfach nur nicht in der Lage, einem Kind das zu geben, was es brauchte.«
»Wie ist eure Beziehung heute?«
Christian zog Vanessa wieder in seine Arme, und sie legte den Kopf erneut an seine Brust. Zärtlich streichelte er ihr übers Haar.
»Ich rufe sie einmal in der Woche an. Dann erzählt mir meine Mutter, an welch wundervollen Orten sie waren, und wo sie demnächst hinreisen werden. Sie ergeht sich in Lobeshymnen auf meinen Vater und redet über die teuren Restaurants, in denen sie gegessen haben, die schicken Hotels, in denen sie abgestiegen sind. Unsere Unterhaltungen sind freundlich und oberflächlich, und so wird es immer
Weitere Kostenlose Bücher