Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)
gleichen Waffe.“, berichtete Rolf. „Die Hülst hatte einen Messerblock in ihrer Küche, in dem ein Messer fehlte. Es handelt sich dabei um hochwertige Messer mit Teflonbeschichtung. Das fehlende Messer ist zugleich das größte. Passenderweise ein Fleischermesser mit 20,5 cm langer Klinge von der Spitze bis zum Schaft. Sabine hält das fehlende Messer für die Tatwaffe.“
„Na toll“, war Franks resignierte Antwort.
„Das war’s“, murmelte Rolf, bevor er das Büro wieder verließ.
Frank schaute Maren an, die zusammengesunken auf dem Stuhl ihm gegenüber saß.
„Was geht dir durch den Kopf?“, fragte er sie.
Maren stand auf und stellte sich unmittelbar vor den Schreibtisch. Von oben schaute sie auf ihn herab.
Süß
, dachte er.
„Wir knabbern alle an der gleichen Sache. Niemandem geht es anders als dir. Warum behandelst du Rolf so herablassend?“, fuhr sie ihn an.
„Tue ich das?“, gab er erstaunt zurück.
„Ja, das tust du!“
„Das tut mir Leid. Das ist mir nicht bewusst.“
Er hatte das Gefühl, jetzt auch aufstehen zu müssen, denn unter Marens Blick wurde ihm mulmig. Er erhob sich und schaute nun seinerseits auf sie herab. Das streitlustige Glitzern in ihren Augen erlosch und wich etwas anderem, das er nicht einordnen konnte. Leichte Verlegenheit machte sich in ihm breit, als er merkte, dass sie sich – für seinen Geschmack - viel zu lang in die Augen geschaut hatten. Er wandte sich ab.
„Ich muss mich sammeln.“, sagte er. „Ich fahre jetzt nach Hause und mache Mittagspause. Und du?“
„Du kannst mich vielleicht bei mir absetzen?“, fragte sie.
Er nahm seine Jacke und öffnete die Bürotür.
„Komm!“, sagte er.
***
Martina Siebert hatte eingekauft. Nach ihrem Großeinkauf bei „Real“ war sie noch auf die Duisburger Straße nach Speldorf gefahren, um bei ihrem Stamm-Bäcker Brot zu besorgen. Nun fuhr sie auf der Weseler Straße Richtung Konrad-Adenauer-Brücke und war in Gedanken. Sie hatte in der letzten Nacht kein Auge zugetan und nahm sich vor, nachdem sie die Lebensmittel verstaut hatte, ein Bad zu nehmen und sich etwas hinzulegen.
Gerade passierte sie die Anlage am Raffelberg, als sie im Rückspiegel einen Wagen registrierte, der schnell auffuhr. Für die Tageszeit herrschte ungewöhnlich wenig Verkehr auf der Strecke.
Spinner
, dachte sie. Der Wagen bremste kurz ab, kam dann aber doch näher. Deutlich konnte sie den bärtigen Fahrer sehen. Sie bekam von hinten einen Stoß und ihr fuhr der Schreck in die Glieder.
„Was soll das?“, schrie sie.
Schon kam der nächste Stoß, viel gewaltiger als der erste. In ihrer Panik nahm sie den Fuß vom Gas. Ihr Wagen wirbelte herum und schoss quer über die Fahrbahn. Schnell kam der Baum näher. Die Wahrnehmung mischte sich in das Knirschen von Blech und das Splittern von Glas. Dann wurde es Nacht um sie herum.
***
Frank lag auf seinem Bett. In seinem Kopf jagten sich immer noch die Gedanken. Was war nur los mit ihm? Er erkannte sich selbst kaum wieder. Eigentlich war diese frühe Mittagspause eine Flucht gewesen, eine Flucht vor seiner Resignation im Fall Hülst/Klettner und vor Maren. Was da im Büro zwischen den beiden abgelaufen war, hatte ihn völlig verunsichert. Noch nie hatte er erlebt, dass ihn während einer intakten Beziehung eine andere Frau derartig aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Und all das geschah von ganz alleine, ohne dass einer von beiden offensiv geworden wäre.
Im Wagen hatten beide geschwiegen, aber es war eine merkwürdige Stimmung zwischen ihnen. Als sie vor ihrer Haustür ausstieg, fragte sie nur: „14 Uhr?“ und er antwortete: „Ja“. Mehr war nicht gelaufen, aber er wäre gerne mit ihr hineingegangen und er hatte das Gefühl, sie hätte nichts dagegen gehabt.
Er verscheuchte diese Gedanken und wandte sich dem anderen Problem zu. Sie hatten wirklich nicht die geringste Spur. Der einzige sichere Anhaltspunkt war das Messer, mit dem die beiden getötet wurden – aber das war verschwunden. Es war ein Messer aus der Küche von Claudia Hülst und man konnte nicht damit rechnen, dass es plötzlich auftauchte, übersät mit den Fingerabdrücken des Täters. Sollte Maren Recht haben und der Schlüssel zu diesem Fall bei Jörg Klettner liegen? Marens Gefühl bei der Sache konnte er nachvollziehen. Praktisch gab es nur Klettners Leiche und sein untadeliges Image, das sich aus den Befragungen mehrerer Kollegen und Bekannten sowie der Eltern ergab. Einzig und allein Frau Van Dresen
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