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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Hauptmann würde diese Lichter sehen, auch wenn sie noch so klein waren. Sie würden sie verraten! Sie überlegte fieberhaft, was sie tun konnte, wollte aufstehen und hätte dabei beinahe den kleinen Schemel umgeworfen, auf dem sie saß.
    Doch Gomaran rührte sich nicht. Es schien, als sei er eingeschlafen. Keiner der Soldaten, die um die Zelte der Generäle und des Königs ihren Dienst versahen und sonst bei Einbruch der Nacht sehr geschäftig wurden, ließ sich blicken.
    Sanara begriff schließlich, dass sie nicht in der Lage waren, die Melodie zu hören. Es war eines der Lieder, die Akusu die Menschen während der dritten Schlacht zwischen Elben und Menschen gelehrt hatte, um seinen Kindern eine Waffe gegen das Volk seines Zwillings zu geben.
    Der Funkenflug wurde stärker. Die winzigen Lichter schimmerten rot und dunkel, mal heller, mal dunkler, sie sammelten sich bei ihr und umhüllten sie schließlich. Hitze ging von ihnen aus, die Sanara wärmte wie ein loderndes Feuer.
    Plötzlich spürte sie, wie jemand an ihren Fesseln zerrte. Einen Augenblick schien es, als würde ihre Kälte in ihre Haut schneiden, dann fielen sie ab. Auch das Band um ihren Hals wurde gelöst.
    So lose die Goldfäden gesessen haben mochten, nun war es, als fließe auf einmal wieder ungehindert das Blut durch Sanaras Körper und trage die Wärme, die von den Funken ausging, in die kleinste Faser hinein.
    Als sie sich erstaunt umwandte, erstarrte sie. Ein dunkelhäutiger Mann stand vor ihr. Er war ebenfalls von Funken umhüllt und sah auf sie herab. Ein Mensch, von roten und dunklen Funken umgeben wie sie.
    War das Ronan?
    »Folge mir«, sagte er hastig und ohne sich vorzustellen. Dann wandte er sich um und tauchte in einen Erdspalt, der sich unter der hinteren Zeltbahn herwand und der vorher nicht dagewesen war.
    Sanara erhob sich, doch sie zögerte. Die Silhouette des Hauptmanns im Zelteingang bewegte sich nicht. Es schien, als sei er eingeschlafen. Vielleicht hörte er auch tatsächlich weder die beständig spielende Flöte noch die drängenden Worte des Mannes, der nun aus dem engen Spalt aufsah.
    »Du darfst nicht zögern!«, sagte er. »Komm, wenn du die Freiheit willst!«
    Sanara schob die Zweifel in sich beiseite und trat ins Dunkel des Tunnels. Kaum hatte sie sich unter der Zeltbahn aus gewebten Rindenfasern hindurch geduckt, rieselten Steinchen, Erdbrocken und Wurzelreste auf sie herab.
    Die Erde schloss sich über ihr.
    Sinan sah sich in seiner Schmiede um. Im Dunkel der Nacht, das nur von den Sternen erhellt wurde – die Zwillingsmonde waren durch einen zartgoldenen Streifen über den Wipfeln der schlanken Abistabäume zu erahnen und würden erst noch aufgehen – erwachte das Lager nun langsam zum Leben.
    Er hatte früher am Abend gesehen, dass man seine Schwester ins ethandin des Heermeisters geführt hatte. Sie trug die Reisekleidung eines Knappen der Elben, die Haare fielen ihr nach elbischer Sitte glatt gekämmt und ungebunden den Rücken hinab. Selbst er hatte seine Schwester seit der Zeit im Kloster nie ohne darstan gesehen.
    Auch wenn Sinan wusste, dass es angesichts ihrer geplanten Flucht das Klügste war, was sie hatte tun können, erfüllte ihn ihr Anblick mit Bitterkeit. Es hätte ihr eine Schande sein müssen, dass man sie so sah, eine Schande, wie für ihn, zu sehen, dassseine Schwester nun offenbar endgültig auf die Seite der Elben gewechselt war. Und doch tat sie nichts. Wie einst der Vater, den sie immer in Schutz genommen und verteidigt hatte, setzte sie ihre Gabe nicht ein, über die Nebel der Jenseitigen Leere auf die Seelen der Feinde ihres Hauses zuzugreifen und sie zu vernichten.
    Er sah sich wieder um. Bald würde er die Schmiede verlassen. Schon jetzt tat es ihm leid um sein Werkzeug, das er damals aus dem Kloster mitgenommen und durch jede Schlacht und alle Fährnisse gebracht hatte.
    Nur den Sickenhammer, den er vom Ältesten des Abend-Klosters zur Weihe bekommen hatte und von dem es hieß, er sei einst von Vakaran selbst geschmiedet worden, würde er mitnehmen.
    Er wog den zierlichen und dennoch schweren Hammer in der Hand. Die runden Finnen glänzten im Sternenlicht silbrig und ließen die uralten Runen darauf und auf dem Hammerkopf selbst beinahe verschwinden.
    Er steckte das kostbare Werkzeug in den Gürtel. Er hatte es erst vorhin benutzt, um ein goldenes Stichblatt mit magischen Zeichen zu versehen, bevor er das Blatt und das Heft an die geschmiedete und polierte Klinge montiert hatte.
    Nun lag

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