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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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dieser Hexe gerät, mein König.«
    Tarind schwieg zunächst.
    Nach einer Weile sagte er: »Wenn du es für nötig hältst, könnte ich ihm befehlen, das Netz nicht enger zu ziehen.«
    Ireti sah ihn forschend an. »Nein«, sagte sie dann. »Ich könnte nicht ertragen, die Chancen deines Sieges über den Zaranthen zu schmälern, indem ich dir zu so etwas riete. Ich kann nur noch einmal sagen, dass ich weiß, was du für deinen Bruder empfindest, und es tut mir weh, wenn ich gegen dieses Gefühl sprechen muss.«
    Tarind runzelte die Stirn, distanzierte sich wieder etwas von ihr. »Was ratet Ihr mir, Herrin?«
    »Misstraut ihm. Telarion tut, was sein Herz ihm eingibt. Noch bin ich sicher, dass er Euch ergeben ist, doch Euer Zwilling sollte wissen, dass Ihr auf ihn achtet, wie es einem Bruder geziemt. Zeigt ihm diese Sorge, und überlasst alles andere weiterhin mir, wie Ihr es bisher tatet.«
    Tarind sah Ireti ins Gesicht. Aus ihren Augen sprach Angst um ihn.
    »Es gereichte mir nie zum Nachteil, Euch meine Geschäfte zu überlassen, Herrin. Es wird geschehen, wie Ihr sagt.«
    Ein sanftes Lächeln ließ ihr Gesicht erstrahlen. »Dann bin ich beruhigt, mein König.«
    Sie neigte den Kopf zu ihm und berührte mit den Lippen seine Stirn. Dann stand sie auf und huschte lautlos aus dem ethandin .
    Das Rumpeln stockte plötzlich, doch Sanara konnte nicht erkennen, was außerhalb des hölzernen Wagens vor sich ging. Sie versuchte, durch die winzige, vergitterte Öffnung in der Tür etwas zu erkennen, doch das weiche Band aus geflochtenen Goldfäden, das man ihr um die Fußgelenke gelegt hatte, behinderte sie. So war nur zu sehen, dass es draußen bereits dunkel war.
    Schwerer Regen trommelte auf das hölzerne Dach des Wagens, doch wie jeden Abend öffnete sich schon bald die einzige Tür des aus robustem Mayalaholz gezimmerten Gefährts. Ein Halbelb stieg ein und kam vorsichtig näher, um ihre Fesseln zu lösen.
    »Wie jeden Abend bittet der Heermeister um Eure Gesellschaft, Mendari Amadian.«
    Sanara sah den Mann an. Er trug elbische Tracht, wie seine Soldatenkameraden hatte er die oberen Strähnen seines holzfarbenen Haars am Hinterkopf zusammengebunden. Die gelblichen Augen mit den länglichen Pupillen in dem blassen Gesicht wirkten auf Sanara im Zusammenspiel mit dieser Tracht seltsam. Es schien nicht zu passen.
    Doch sie selbst würde kaum einen besseren Anblick bieten, auch ihr hatte man eine elbisch geschnittene Lederhose, eine neue Bluse und ein Lederwams gegeben, anstelle ihrer eigenen zerlumpten Kleidung, die sie als Schankmädchen getragen hatte. Selbst den darstan hatte man ihr genommen.
    Eine Zofe der Königin, die den König auf diesem Heerzug begleitete, hatte ihr auf Befehl des Heermeisters sogar die Haare ausgekämmt. Nun fielen sie ihr zum ersten Mal, seit sie ein Kind war, offen und ungebunden über den Rücken, und jedes Mal, wenn der Fürst sie wieder zu sich rief, um weiter an seinem Netz zu weben, das ihre Magie der seinen unterwerfen sollte, glaubte Sanara, vor Scham sterben zu müssen. Selbst seine kurzgeschnittenen Haare wären besser gewesen als die Locken, die ihr nun bis zu ihrer Hüfte reichten und die immer erst aus dem Gesicht gestrichen werden mussten, bevor er sie berühren konnte.
    Ohne hochgebundene Haare, die unter einem gewundenenTuch versteckt waren, fühlte Sanara sich fast noch schlechter, als hätte man sie gezwungen, keine Kleidung zu tragen. Ihre Kleidung war seit der Flucht aus dem Kloster immer zerfetzt oder unvollständig gewesen, deshalb war sie lüsterne Blicke gewohnt. Doch es war seit jeher Sitte, dass die Kinder Akusus im Gegensatz zu den Elben ihr Haar banden oder verdeckten, manche glaubten sogar, dass hochgebundene und geflochtene Haare die goldene Magie abzuwehren vermochten. Kein Mensch, der etwas auf sich hielt, trug daher offene Haare; einem Menschen, der es dennoch tat, war die Verachtung und der Abscheu aller anderen Kinder des Akusu sicher.
    Aber genaugenommen war es Sanara gleichgültig, ob der Heermeister diesem Aberglauben anhing oder sie nur demütigen wollte. Wie Tarind es vorhergesagt hatte, war sie in den Augen ihres Volkes restlos erniedrigt und gedemütigt.
    Der düstere Geist, der sie selbst hier, in diesem engen, unbequemen Gefährt bei jeder Gelegenheit heimsuchte, ließ nicht zu, dass sie vergaß, wie wenig der Fürst von ihr, der Tochter des Siwanon, hielt. Wieder und wieder lachte das Gespenst sie aus, quälte sie, erinnerte sie daran, dass die Bilder,

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