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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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darauf, den Wald von Dasthuku betreten zu können.
    Doch zuerst würden sie den Lithon überqueren müssen. Der Fluss ging hier in eine seiner beiden südlichen Kehren, mit denen er das Loranongebirge quer durchschnitt, und war etwa eine Viertelmeile breit. Zu breit, um zu schwimmen.
    Als Sanara an diesem Morgen erwachte, hatten sich die Nebel im frühen Licht der Weißen Sonne verzogen. Ronan und sie hatten sich vor Einbruch der Nacht am Abend zuvor weiter die Hänge hinaufbegeben und schließlich einen kleinen Felsüberhang gefunden, unter dem sich ein schmaler, halbwegs trockener Streifen befand, auf dem sie beide übernachten konnten.
    Erst jetzt, beim Anblick der Sonnenstrahlen, war sie erleichtert, dass der Regen aufgehört hatte, auch wenn es noch von den Felsen herabtropfte.
    Sanara lauschte, doch nichts war zu hören. Sie befreite sich von der feuchten, schweren Lederhose, die man ihr überlassen hatte, ebenso wie von dem Wams und kletterte nur mit dem langen und eigentlich zu großen Soldatenhemd bekleidet, auf den kleinen Vorsprung vor der Höhle. Nichts war zu sehen. Der Blick ins Tal war frei. Zwischen zwei Hügeln, die niedriger lagen als der Berghang, auf dem sie sich befanden, war der Lithon zu sehen, dahinter ein weiterer Gebirgszug, zwischen dessen verhältnismäßig niedrigen Gipfeln ein dunkler Schatten zu ahnen war: der Wald von Dasthuku. Dunstschwaden stiegen aus dem Flusstal auf, vielleicht waren es auch niedrige Wolken. Weite und endlose Luft, die nicht von den Bergen, dem Sinnbild der Erde, eingegrenzt wurde.
    Sanara glaubte, der Nebel im Flusstal und die Wolken, die sie von oben betrachten konnte, würden nach verbranntem Yondarharz durften.
    »Wir können den Fluss noch heute erreichen«, erklang es hinter ihr. Ronan war erwacht, er hatte sich ebenfalls seiner Tunika entledigt und setzte sich neben sie. Sein Oberkörper war sehnig und bei Weitem nicht so muskulös wie der von Sinan. Oder von   …
    Sanara verdrängte energisch das Bild des Fürsten von Norad aus ihrem Kopf.
    »Wir müssen bald aufbrechen«, fügte Ronan hinzu. Er reichte ihr ein Stück Trockenfleisch. Es war nicht groß.
    »Wir haben nicht mehr viel Proviant.«
    Ronan winkte ab. »Wir können den Lithon nur mit einem Boot überqueren. Ich kenne eine Stelle, an der ein Fährmann lebt. Ich glaube, ihm können wir vertrauen. Er ist kein Elb. Von ihm bekommen wir sicher etwas.«
    Erstaunt sah Sanara ihn an. »Einer vom Volk des Dunkelmonds ist Fährmann?«
    Ronan lächelte. »Warum nicht?«
    Sanara legte die Hände auf die Oberarme und schauderte, als die Sonnenstrahlen die klamme Kälte aus ihren Knochen vertrieben. »Es scheint mir seltsam«, sagte sie nur.
    »Ich habe auch noch von keinem Schankmädchen aus Guzar gehört, das drei Tage durch einen Wald wandert, ohne sich über Regen, ständige Nässe, Kälte und Nebel zu beschweren.«
    Er sah sie forschend an.
    Doch Sanara erwiderte nichts. Sie hielt ihr Gesicht noch eine kleine Weile in die Sonne, dann griff sie nach Hose und Wams. »Wir sollten gehen, wenn wir es heute noch bis zum Fluss schaffen wollen«, sagte sie.
    Sie erreichten den Lithon, als die Weiße Sonne die Gipfel der sie umgebenden Hügel berührte. Sie fielen an dieser Stelle bis zum Strom hinab. Das Tal des Lithon verbreiterte sich, so wusste Sanara, erst ein paar Meilen vor Bandothi.
    Sie folgten noch etwa eine Stunde dem Ufer des Flusses aufwärts, dann sagte Ronan: »An dieser Flussbiege dort vorne müsste sich die Hütte befinden, in der der Fährmann wohnt, von dem ich sprach.«
    Sanara nickte langsam und folgte dem Musikanten. Sie hatte das Zeitgefühl verloren, denn der Himmel hatte sich wieder zugezogen. Über den schroffen Hügeln, die sich über dem Fluss erhoben, grollte Donner.
    »Dort«, sagte Ronan, der wie immer vor ihr herging.
    Insgeheim war Sanara erleichtert, als ihr Blick seinem ausgestreckten Arm folgte und sie in der Ferne eine Laterne sah. Auch wenn sie festgestellt hatte, dass Regen und Kälte ihr nicht so viel ausmachten, wie sie geglaubt hatte, die Aussicht, dass nach diesem trockenen Tag wieder ein Unwetter drohte, drückte ihre Stimmung.
    Sie hatten das Haus bald erreicht. Ronan klopfte an die Tür,als die ersten schweren Tropfen des Gewitters auf sie niedergingen.
    Der Mann, der öffnete, war eindeutig ein Mensch mit der bronzefarbenen Haut von jemandem aus Undori, und er trug auch die Haartracht, die dort unter den Kindern des Dunklen Mondes üblich war. Das erklärte

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