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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Mehtid vor den Soldaten gerettet hast.«
    Sanara wandte sich überrascht um. Sie hatte Zorn erwartet, sobald Ondra und Lury herausfanden, was Sanara getan hatte. Doch das Lächeln auf Ondras Gesicht ließ sie glauben, was sie gehört hatte. Langsam ging Sanara wieder hinein und setzte sich an den Tisch. »Es tut mir leid, dass ich ihn nicht davon abhalten konnte, sich mit den Wachen anzulegen.«
    Ondra schwieg eine Weile, dann erwiderte sie: »Mehtid sagt, du hast einen von ihnen besiegt.«
    Sie stellte eine Schüssel mit Suppe neben Sanara ab. Brotstückchen schwammen darin, selbst ein paar kleine Streifen Ketribraten hatte Ondra nicht vergessen. »Iss. Es ist deine erste Mahlzeit seit dem Frühstück… Du solltest den Soldaten besser aus dem Weg gehen.«
    Sanara hielt die Nase dicht über den Teller und schnupperte die wohlriechenden Aromen von Kräutern und Gemüse. Sie hatte tatsächlich seit dem Frühstück in der Morgendämmerung nichts mehr gegessen und spürte auf einmal, wie hungrig sie war. Mit großem Appetit begann sie zu essen.
    »Ich bin der Wache nicht absichtlich in den Weg getreten«, sagte sie nach ein paar Löffeln mit fester Stimme. »Sie quälten den Weber, nur weil er sich nicht beim Vogt gemeldet hat. Dieses Gesetz, das der Bruder des Königs erlassen hat, ist so demütigend!« Ihre freie Hand ballte sich, ohne dass sie es merkte, zur Faust.
    »Als Mehtid auf sie zustürzte, begannen sie, ihn zu quälen«, sprach sie weiter. »Der Hauptmann sah ihnen zu, als habe er einRudel junger Hunde vor sich, das sich um einen abgenagten Knochen balgt!« Sanara hatte sich in Rage geredet. Sie hielt inne und nahm noch einen Löffel Suppe. Doch als sie schluckte, war ihre Kehle wie zugeschnürt. Trotz ihres kaum gestillten Hungers bekam sie kaum noch etwas hinunter.
    »Hat er dich berührt?«
    Sanara dachte an die plötzliche Kälte, die der Hauptmann in ihr ausgelöst hatte. Selbst die heiße Suppe konnte ihren Schauder nicht unterdrücken. »Ja. Er war ein Elb aus Kantis. Sein Haar und seine Augen waren so farblos wie Eis. Das Wasser des anderen konnte ich abwehren.«
    Sie griff sich an die linke Schulter, als wäre ihr etwas eingefallen. Ihre Bluse war schon lange wieder getrocknet, doch auf dem ehemals hellen Leinen befanden sich nun über ihrer linken Brust hautfarbene Flecken. Die alte Bluse, die irgendwann einmal weiß gewesen war, wies Flecken auf, die sich nicht mehr herauswaschen ließen, doch als Sanara diese hier sah, erschrak sie.
    Sie versuchte, den Schrecken zu verbergen, zog die Schnüre des angedeuteten Mieders etwas fester und tauchte den Holzlöffel noch einmal tief in die Suppenschüssel. »Elben der Kälte sind das Schlimmste«, sagte sie, vielleicht ein wenig heftiger als notwendig. »Bei ihnen weiß ich nie, ob mir kalt ist, weil ich Angst habe, oder ob ich Angst habe, weil mir kalt ist.«
    Ondra nickte langsam. »Ich verstehe dich.«
    Die Wirtin begann mit hektischen Bewegungen die irdenen Schüsseln, die Sanara achtlos auf den Tisch in der Mitte der Küche gestellt hatte, abzuwaschen. Es klirrte, und Sanara bekam Angst, dass eine der teuren Schalen zerbrechen könnte.
    Doch bevor sie Ondra ablenken konnte, sprach die Wirtin weiter.
    »Sanara, glaub mir, niemand weiß besser als ich, wie ungerecht der König und sein Bruder regieren. Ich verstehe, dass du etwas dagegen unternehmen willst. Doch nach allem, was auch dir schon geschehen ist… Gerade du solltest vorsichtiger sein!Oder liegt dir nichts an deinem Leben? Du hast eine Gabe, verschwende sie nicht!«
    »Denkst du denn, Mehtid zu retten war eine Verschwendung meiner Gabe?«, begehrte Sanara auf. »Und die Stadt ist groß! Es gibt viele Magier. Ich trage kein Zeichen. Sie werden mich nicht finden.«
    »Woher willst du das wissen?« erwiderte Ondra heftig. »Ich hasse Tarind und die Grausamkeit seiner Wache ebenso sehr wie du. Meine Schwester wurde getötet! Und mein Sohn! Und ich danke dir, dass du den zweiten gerettet hast. Und doch …« Sie hielt inne.
    »… fürchtest du, dass sie nun hinter mir her sind«, beendete Sanara den Satz.
    Ondra wandte sich um und sah dem Schankmädchen ins Gesicht.
    Sanara wurde noch ein wenig blasser. Sie hatte noch nicht darüber nachgedacht, dass der Heerführer in seinem Gesetz befohlen hatte, jeden, der nicht gemeldeten Dunkelmagiern Hilfe gewährte, so zu behandeln und zu bestrafen wie die betreffenden Dunkelmagier selbst.
    »Aber die Angst, dass sie dich und deine Familie nun angreifen,

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