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Dunkelziffer

Dunkelziffer

Titel: Dunkelziffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Nicht mehr schwedische Männer, die ins Baltikum fahren, um sich billig zu verlustieren, sondern litauische Männer, die nach Schweden kommen, um sich teuer zu vergnügen? Fünfzehn, zwanzig Männer wegen ein paar Nacktfotos im Internet, wo das Angebot, wie schon gesagt, enorm ist? Ist das wahrscheinlich?«
    »Es ist verdammt viel Zufall«, sagte Gunnar Nyberg. »Der vierte Wagen ist unterwegs verschwunden. Genau hier in der Gegend.«
    Er nahm sein Handy und drückte eine gespeicherte Nummer.
    »Glaubst du im Ernst, dass sich jemand meldet!«, sagte Lena Lindberg hitzig. »Du bildest dir doch nicht ein, dass Sten Larsson rangeht.«
    »Wir müssen es trotzdem versuchen«, entgegnete Nyberg sanft.
    Es knisterte im Polizeifunk, und nach einigen tapferen Versuchen kam die Stimme durch.
    Eine raue Männerstimme sagte: »Nachricht an alle. Ein weißer Personenwagen mit litauischem Kennzeichen ist östlich von Ristna bei einer Hütte gesehen worden. Alle in der Nähe befindlichen Wagen bitte schnellstmöglich dorthin.«
    Sara Svenhagen wurde nach vorn geschleudert. Einen kurzen Augenblick - die Millisekunden, bis sie vom Gurt gehalten wurde - fühlte es sich an, als befände sie sich im freien Fall. Als sie wieder zurückprallte, verstand sie, was Schock war. Physischer Schock.
    Der Wagen stand still, quer auf der Straße. Gunnar Nyberg sah an seinem Körper hinunter und sagte sich, dass er drei von vier Malen auf dem Rücksitz keinen Sicherheitsgurt anlegte. Dies hier war das vierte Mal. Er fragte sich, ob Lena Lindberg das wusste oder ob er sich bei einem Glücksengel bedanken sollte.
    Lena selbst hatte schon den Rückwärtsgang eingelegt und vollführte eine elegante Kehrtwendung auf einer Straße, die derartige Manöver eigentlich nicht zuließ. Ihr Blick war fest auf die Fahrbahn gerichtet. »Ich habe vor einer Minute ein kleines Schild mit Ristna gesehen«, sagte sie.
    »Hast du gewusst, dass ich angeschnallt war?«, fragte Gunnar Nyberg mit einer gewissen Steifheit.
    »Es ist selbstverständlich, dass Polizisten sich anschnallen, sobald sie sich in ein Auto setzen«, sagte Lena forsch. »Da, Ristna.«
    Sie folgten der Richtung ihres Zeigefingers durch die Frontscheibe und sahen ein kleines rotgelbes Schild, das direkt in den tiefsten Urwald zeigte. Dann war der Zeigefinger mit dem Rest der Hand wieder am Lenkrad, das kräftig nach links gedreht wurde. Der Wagen hüpfte auf eine ausgesprochen mittelmäßige Schotterpiste, dass Steine und Erde nur so in die Gegend spritzten.
    »Ö stlich von Ristna«, sagte Sara Svenhagen, ohne ihr pochendes Herz beruhigen zu können. »Wenn wir diesen Weg nehmen, müssen wir also zuerst durch das Dorf. Drei Kilometer, dem Schild zufolge.«
    »Die stimmen nie«, sagte Lena Lindberg und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch.
    »Wenn es fünf, sechs Mann sind und sie Emily bei sich haben, sollten wir vielleicht nicht so viel Lärm machen«, sagte Sara und kam sich vor wie in einem Traum.
    »Sollen wir auf Verstärkung warten und den Bauernlümmeln Gelegenheit geben, den Einsatz zu vermasseln?«, sagte Lena.
    »Die Bauernlümmel verfügen über Ortskenntnis«, sagte Sara.
    »Wir machen das hier selbst«, beschloss Gunnar Nyberg einstimmig.
    »Ganz meine Meinung«, sagte Lena Lindberg. »Du brauchst ja nicht mitzukommen«, fügte sie zu Sara gewandt hinzu.
    »Hör schon auf«, sagte Sara und griff mit der Hand in ihre Jacke. Die Dienstwaffe, die sie nie benutzte, ruhte über ihrem Herzen, das sich weigerte, seine groteske Schlagfrequenz zu senken.
    Sie erreichten ein kleines Dorf, wenn die Bezeichnung Dorf überhaupt angebracht war. Es handelte sich vielmehr um drei kleine rote Holzhäuschen mitten im Wald. Sie fuhren durch das kleine Ristna und waren wieder in der Wildnis.
    Doch dann stand ein alter Mann in hohen Gummistiefeln am Wegrand und winkte. Sie hielten neben ihm, und Sara ließ das Seitenfenster herunter.
    »Sind Sie von der Polizei?«, fragte der Mann in atemlosem Ängermanlanddialekt.
    »Ja«, sagte Sara, so forsch sie konnte; ihre Stimmte kickste, im Takt mit den Herzschlägen.
    »Ich habe angerufen«, fuhr der Mann fort. »Sie sind da oben, den Hang hinauf, in Lilltorpet. Jede Menge Leute, die irgendein Kauderwelsch reden.«
    »Haben Sie ein Mädchen gesehen?«, fragte Sara.
    »Nein«, sagte der Mann. »Aber mindestens fünf Kerle. Die reinsten Gangster.«
    »Wie weit ist es bis Lilltorpet?«, dröhnte Gunnars Bass von der Rückbank.
    »Den Hang hinauf«, sagte der Mann.

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