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Dunkelziffer

Dunkelziffer

Titel: Dunkelziffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Welt verlassen würde. Ich glaube, seine Freude hatte damit zu tun, dass er tatsächlich im Begriff war, es doch zu tun. Die Wirklichkeiten glitten ineinander. Und warum nicht aufgrund der unerwarteten Kontaktaufnahme einer so genannten Tochter?«
    »Und die Klaviersaite hat also etwas damit zu tun, dass die Wirklichkeiten ineinanderglitten?«
    Carl-Olof Strandberg war auf die tonlos eingeworfene Frage völlig unvorbereitet. Der Beginn seiner Antwort war ungeschützt: »Das ist die Strafe für diejenigen, die die Grenze überschreiten. Aber darüber weiß ich nichts.«
    »Es klang aber so, als wüssten Sie eine ganze Menge.«
    Aber es funktionierte nicht - die Zeit der Offenheit war vorbei. Carl-Olof Strandberg schloss sich wie eine Muschel. Alles, was er sagte, war: »Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte.«
    Und dann sagte er wirklich nichts mehr.
    Während Alf Bengtsson ihn in die Zelle zurückbrachte, saßen die drei da und beobachteten einander.
    »Habe ich es schlecht gemacht?«, fragte Sara frei heraus. »Hätte ich ihn dazu bringen können, mehr über die Klaviersaite zu sagen?«
    »Kaum«, sagte Gunnar.
    Aber für Sara bedeutete dies höchstens einen Bruchteil dessen, was Lena sagte: »Wahrscheinlich hat noch niemand Carl-Olof Strandberg dazu gebracht, so viel zu sprechen.«
    Sara atmete aus und lächelte.
    Gunnar sagte: »Es geht also nicht mehr um Emily und ihre Messer. Soll man es so sehen?«
    Lena sagte: »Die Klaviersaite ist >die Strafe für diejenige n, die die Grenze überschreiten<. Was weiß Strandberg? Das müssen wir aus ihm herausbekommen.«
    Sara sagte: »Wir können ihn ja schlecht foltern. Es würde ihm auf jeden Fall nur gefallen.«
    »Dann gibt es noch einen Punkt«, sagte Lena.
    »Den Punkt, dem wir überhaupt nicht näher zu kommen scheinen«, nickte Gunnar.
    Und Sara sagte: »Wo zum Kuckuck ist Emily Flodberg?«
    19
    Paul Hjelm war zwar in seiner Wohnung in der Slipgata auf Kniv-Söder, dem westlichsten Teil Södermalms, aber das bedeutete nicht, dass er aufgehört hatte zu arbeiten. Er hatte das Gefühl, gerade erst angefangen zu haben.
    Tatsache war, dass er die Einzimmer-Junggesellenwohnung mehr und mehr als unzureichend empfand. Dass sie nicht standesgemäß war für einen höheren Polizeibeamten, schon gar nicht, wenn er eine Chefposition in der Abteilung für Interne Ermittlungen innehatte, das spielte überhaupt keine Rolle für ihn. Aber teils wurde sie einfach zu eng, teils war sie - tragisch. Und er hatte wirklich keine Lust, tragisch zu werden. Nicht noch einer von diesen kaputten alleinstehenden Ermittlern mit sozialen Phobien, die in schwedischen Krimis ihr Unwesen trieben.
    Aber er war jetzt wirklich in der Gefahrenzone.
    Um der Situation abzuhelfen, hatte er angefangen, sich auf Datingseiten im Internet umzusehen. Das war wirklich eine eigene Welt, in der alles möglich schien, jedenfalls theoretisch. Zwar lebt der Mensch immer eine Art Doppelleben - ein inneres und ein äußeres Leben, und nie begegnen sich die beiden -, aber jetzt schien das Doppelleben total sanktioniert zu sein. Der Charakter, der sich auf den Datingseiten präsentierte, war immer eine idealisierte Version der Person selbst - derjenige, der man sein wollte -, und das weitverbreitete Phänomen ließ einen Willen zur Beichte erkennen. Sich völlig bedenkenlos zu entblößen, sich selbst auseinanderzunehmen vor jedem, der es sehen will.
    Sieh her, wer ich bin. Oder vielmehr: Sieh her, wer ich sein möchte.
    Ein Phänomen, das einiges über unsere Zeit sagte.
    Und Paul Hjelm war selbst ganz und gar nicht gefeit dagegen. Zwar hatte er noch keine eigene Annonce formuliert, aber er war nicht weit davon entfernt. Er verstand die Verlockung.
    Wir werden heute nicht gesehen. Die Menschen haben keine Zeit, einander zu sehen. Wir gehen einander verloren. Wir müssen uns anstrengen, um gesehen und bestätigt zu werden. Und dies war ein Weg.
    Außerdem glaubte er, dabei viel über den Unterschied zwischen Männern und Frauen zu lernen. Er hatte sogar eine Lieblingssentenz formuliert, die Sexualität betreffend: Bei Männern ist das Gehirn nicht mit dem Körper verbunden, bei Frauen ist der Körper nicht mit dem Gehirn verbunden.
    Daran musste noch gefeilt werden, aber im Prinzip hielt sie stand, das fand er immer noch.
    Aber in dieser Nacht hatte er die Datingseiten im Internet nur kurz angeklickt. Er hatte anderes vor.
    Er suchte Penisknochen.
    Arbeit lässt sich sehr verschieden definieren. Aber sie hat selten

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