Dunkle Begierde - Teil 1 - erotischer Psychothriller - Roman (German Edition)
neugierig.
„Nun. Sind Sie ein gläubiger Mann?“
„Naja - kommt ganz drauf an, was Sie damit meinen? Wenn Sie damit
den Glauben an sich meinen, dann kann ich wohl mit Ja antworten, aber wenn Sie
damit meinen, ob ich zur Kirche gehe, dann muss ich verneinen“, antwortete
Thomas. Dass er den Glauben an Gott vor langer Zeit verloren hatte, brauchte
der Fremde nicht zu erfahren. Für Außenstehende war Thomas ein Christ. Alleine
des Images wegen konnte er sich nicht erlauben, öffentlich gegen Gott zu
stänkern.
„Sehen Sie, alles eine Sache der Perspektive. Allein schon in
dieser simplen Frage ist es eine Ansichtssache. Für fromme Katholiken können
Sie kein gläubiger Mensch sein, da Sie nicht zur Kirche gehen, doch in Ihren Augen sind Sie
gläubig, da Sie an die Existenz Gottes glauben. Wer hat nun recht? Sie oder die
Anderen?“
Thomas
war von dieser Antwort überrascht. So hatte er das noch nie gesehen. Es machte
aber Sinn. Gerade, als er darauf antworten wollte, schnitt ihm der Unbekannte
das Wort ab:
„Es
gibt keine Antwort auf meine Frage. Weil wieder jede Antwort eine neue
Perspektive eröffnet und wieder neue Wege der Lösungen. Und so geht es mit allen
Dingen im Leben. Kausalität! Es gibt nichts Endgültiges. Nicht wirklich. Es sei
denn, wir alle würden denselben Gedanken hegen, und
keine Alternativen kennen, weder in der Realität noch in der Fantasie.“
So in die Ecke gedrängt hatte Thomas schon lange niemand mehr.
Aber zu seinem Erstaunen war ihm das nicht einmal unangenehm. Sicher war er
irgendein Professor.
„Vielleicht irren Sie ja. Was ist mit dem Tod? Der ist doch
endgültig?“, gab Thomas selbstsicher von sich.
„Der Tod? Ha! ... Wirklich? Wenn Sie sich da mal nicht irren. Der
Tod ist das mit am meisten Widersprüchlichste in unserer Weltkultur. Nehmen Sie
die Christen. Sie hoffen, mit dem Tode das Paradies zu finden. Die Erlösung.
Die Buddhisten hingegen hoffen, dass sie nach dem Tod als ein höheres Wesen
wiedergeboren werden, um irgendwann die Erleuchtung zu finden ...“, der
Unbekannte wollte fortfahren, doch Thomas fiel ihm ins Wort.
„Sehen Sie, auch die Buddhisten hoffen auf das endgültige Ende
durch Reinkarnation, um ins Nirwana Einlass zu finden. Deswegen versuchen sie,
im Leben gute Menschen zu sein, damit sie nach dem Tod die nächste Stufe
erreichen können. Denn wenn sie Schlechtes tun, dann werden sie als etwas
Niederes wiedergeboren und ihr Leiden bis zur Freiheit ins Nirwana wird
länger.“
„Hm ... auf den ersten Blick mögen Sie recht haben. Doch wer
beurteilt, was Gut und was Böse ist? Was in China selbstverständlich ist, zum
Beispiel das Essen von Hunden, wird hier als etwas Unmoralisches, Böses gesehen.
Oder Rindfleisch zu essen ist hier normal, aber in Indien? Sagen Sie mir: Wenn
nun ein chinesischer Buddhist und ein deutscher Buddhist Hundefleisch essen und
sterben, werden beide gleich bewertet? Der Chinese ist sich keiner Schuld
bewusst, da es in China gesellschaftlich akzeptiert ist, Hundefleisch zu essen,
sodass dieser denkt, im nächsten Leben dem Nirwana ein ganzes Stück
nähergekommen zu sein. Der Deutsche dagegen isst dieses Fleisch heimlich, da es
sein schmutziges Geheimnis ist, und die Gesellschaft dies nicht akzeptiert.
Dieser müsste doch nun, da er etwas Schlimmes tat, im nächsten Leben bestraft
werden. Als was würde er wiedergeboren? Wie kann es nun sein, dass zwei
Menschen mit der gleichen Tat unterschiedlich bewertet werden? Es gibt Experten,
die dieses Karma sogar so weit auslegen, um damit Kriege und Elend zu
rechtfertigen. Denn all den Menschen, denen jetzt Not widerfährt, widerfährt
dies nur, weil sie im vorherigen Leben gesündigt haben.
Das
heißt dann ja zum Beispiel auch, dass der Holocaust Schicksal war, dass die
Juden für ihre Sünden aus dem vorherigen Leben büßen mussten. Wie wohl dann die
Nazis auch, in ihrem nächsten Leben. Vielleicht sind die heutigen Schwarzen,
die Hunger leiden, ja die Nazis von damals, die Juden verbrannten, obwohl die
Juden ja dies verdient hatten, da sie ja für ihre Bösartigkeit im letzten Leben
zahlen. Verstehen Sie, was ich meine? Welcher Widerspruch den Tod und den
Gedanken um den Tod umhüllt und einschnürt, sodass man ihn aus jeder Ecke angreifen und bloßstellen kann? Es gibt keine religiöse
Aussage, die wohl nicht angezweifelt werden kann. Denn wie kann man je ins
Nirwana finden, wenn verschiedene Ethiken herrschen und wer sagt, dass es kein
„Übernirwana“ gibt. Es
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