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Dunkle Beruehrung

Dunkle Beruehrung

Titel: Dunkle Beruehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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Weg zurück zu der zur Straße führenden Treppe finden. Er fühlte, dass die Gestalt ihnen auf den Fersen war, und blieb nur kurz stehen, um Jessa hochzuheben, ehe er mit ihr die Stufen hinaufrannte.
    Sie schlang ihm den Arm um den Nacken, schob die andere Hand in seinen Ärmel und blickte über seine Schulter die Treppe runter. »Er kommt die Stufen hoch.«
    Matthias dachte rasch nach, und als er oben ankam, änderte er unversehens die Laufrichtung und hetzte über die enge Straße in den lang gezogenen Park und weiter in das mit Seilen abgesperrte Areal, wo die Stadt die Schäden an einer der alten Statuen vor der Baumwollbörse reparierte.
    Die alte Löwenplastik war bei einem Unfall zerstört worden: Eine Autofahrerin hatte die Kontrolle über ihren Wagen verloren, und von dem edlen Tier war kaum mehr als eine Pfote übrig. Eine Zeit lang war heftig debattiert worden, doch schließlich hatten die Repräsentanten der verschiedenen historischen Gesellschaften sich geeinigt, den Löwen durch ein moderneres Kunstwerk zu ersetzen, das sowohl der Vergangenheit Savannahs als auch seiner Zukunft verpflichtet war.
    Matthias hatte über mehrere Monate hinweg gesehen, wie die Nachfolgeskulptur errichtet wurde. Sie war drei Meter hoch, bestand ganz aus altem Schmiedeeisen aus der Fabrik am Fluss und bildete eine offene Kugel. Eisenstangen waren zu langen Streifen geschmiedet und gemäß den Umrissen der fünf Kontinente gebogen worden. Auf die Silhouette Amerikas hatte der Künstler eine Magnolienblüte aus Messing geschweißt.
    Die Eitelkeit der Vergangenheit, so der Künstler, sei durch seinen Hammer in die Vision eines Savannah umgeformt worden, das zur weltweiten Gemeinschaft bedeutender Städte gehöre, die den Weg in die Zukunft bahnen.
    Matthias war nur froh, dass der Künstler die schmiedeeisernen Stäbe stark gelängt und dadurch geschwächt hatte und das Innere der Kugel groß genug war, damit zwei Menschen darin stehen konnten. Er hielt vor der Skulptur an, setzte Jessa ab, ergriff zwei Stangen und bog sie mit aller Kraft auseinander.
    Als das Loch groß genug war, damit sie durchschlüpfen konnten, drehte er sich zu ihr um. »Rein mit dir.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er ist zu stark. Das schützt uns nicht.«
    »Stimmt.« Er sah ihr in die Augen. »Das übernehme ich.«
    Sie zögerte einen Moment und quetschte sich dann durch den Spalt ins Innere der Skulptur. Matthias folgte ihr und drückte die Stangen hinter sich wieder zurecht. Kaum hatte er sich mit Jessa in die Mitte der Kugel gestellt, erreichte Lawson das Kunstwerk.
    »Ich will nicht noch mal sterben«, flüsterte sie und starrte den Verrückten auf der anderen Seite der Stäbe an. »Aber du hast ihn gehört. Er will mich nicht sofort töten.« Sie legte seine Hand an ihren Hals. »Wenn es so aussieht, dass er mich kriegt, würdest du mich dann …?«
    »Wenn es nicht anders geht, ja.« Er sah Lawson zu, wie er die Skulptur umrundete. »Aber warte nur, Jessa.«
    »Das ist sehr hilfreich von euch.« Lawson bleckte die Fänge, und Matthias schlang die Arme um Jessa. »Ihr seid wie Affen in einer Tonne. Oder waren es Truthähne? Oder Fische?«
    »Haben Sie Genaro gesagt, wo wir sind?«, fragte ihn Matthias.
    »Ich erzähle Jonah alles Mögliche«, erwiderte der Verrückte. »Sie zum Beispiel heißt Minerva und nicht Jessa – wussten Sie das? Seltsam, dass sie nach einer römischen Göttin benannt ist. Durch meine Verwandlung wurde ich selbst zu einem Gott.« Er verstummte und spähte zu ihnen hinein. »Ich mag den Geschmack von euch sterblichen Männern nicht. Kommen Sie raus, geben Sie sie mir, und ich lasse Sie laufen – vielleicht bin ich mit ihr ja so beschäftigt, dass ich mir nicht die Mühe mache, Ihnen allzu bald zu folgen.«
    »Um sie zu kriegen, müssen Sie mich töten«, sagte Matthias zu ihm.
    »Kein Problem.« Lawson schlang seine riesigen Fäuste um die Eisenstangen und begann zu ziehen.
    »Matthias.«
    »Augen zu«, sagte er leise und wartete, bis sie die Lider geschlossen hatte. Er hielt sie umarmt, tat es ihr gleich und hob den Kopf.
    Er sandte jedes Gran seiner Macht in den Himmel über sich und ließ sich zu einer Leitung werden und das Unwetter zu einem Gefäß. Die Luft knisterte, und all seine Haare und die von Jessa sträubten sich unter dem Einfluss der Energie. Ein leises, tiefes Geräusch war mal da, mal dort über ihnen zu hören, während das Gewitter weiter anschwoll und kleine weiße Schweife durch die dunklen Wolkenmassen

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