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Dunkle Beruehrung

Dunkle Beruehrung

Titel: Dunkle Beruehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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herum.
    Der Morgen kam wie ein Hausdrache mit Nudelholz, schlug ihm auf den Kopf und keifte ihm in die Ohren. Er tastete herum, bis er den Klingelknopf fand, und drückte ihn immer wieder. Eine andere Trantüte in Weiß tauchte auf, diesmal mit scharfen Gesichtszügen, aber sie gab ihm nicht mal Medikamente, sondern sagte, er müsse bis zur Visite warten.
    Er ließ sie wissen, was er von ihr hielt, und als sie gegangen war, wartete er. Irgendwann drückte er den Knopf erneut, doch die faule Schlampe kam nicht, sondern meldete sich nur über eine Gegensprechanlage an der Wand und sagte, der Arzt sei noch nicht auf Station. Das wiederholte sich noch drei Mal, dann reagierte die dumme Kuh nicht mehr auf sein Klingeln. Als wäre er nichts – ein Niemand.
    Am Fußende des Bettes sah Lawson einen leeren Rollstuhl stehen, doch als er sich aufsetzen wollte, spannte er die Oberschenkelmuskeln an, und der Schmerz verwandelte sich in tausend Schlangen, die sich beißend den Rumpf hinaufwanden. Mit in den Ohren dröhnendem Herzschlag sank er wieder in die Kissen und krallte die Fäuste dabei so fest in die Laken, dass er zwei Löcher ins Gewebe riss.
    »Was für ein Krankenhaus ist das nur?«, wollte Bradford wissen, als der Arzt endlich kam. »Ich warte seit Stunden auf Sie.«
    »Sie warten seit dreißig Minuten, Mr Lawson.« Er nahm die Krankenakte vom Fußende des Bettes und besah sich die Werte.
    »Wo ist die Spritze?« Als der Arzt schwieg, setzte Lawson hinzu: »Die Schwester wollte mir nichts gegen die Schmerzen geben. Sie sagte, das machen Sie. Also, wo ist die Spritze?«
    »Sie haben so viele Drogen im Blut, dass es unklug wäre, Ihnen intravenös noch mehr Morphium zu verabreichen, und wenn Sie Schmerzmittel schlucken, führt das nur zu weiteren Blutungen.« Der Mann sah ihn kaum an. »Sie müssen das vorläufig aushalten – in ein paar Tagen dürfte der Schmerz nachlassen.«
    Er litt grausamste Qualen, und dieser Dreckskerl wollte ihm kein Medikament geben. Also musste er an seinen Vorrat! »Flicken Sie mich wieder zusammen und entlassen Sie mich.«
    »Das kann ich leider auch nicht«, erwiderte der Arzt. »Ihr Angreifer hat die wichtigsten Oberschenkelmuskeln glatt durchtrennt. Wir setzen die erste Operation an, sobald Ihr Zustand sich stabilisiert, aber Sie bleiben mehrere Wochen im Krankenhaus und brauchen danach sehr viel Physiotherapie, um Ihr Bein wieder einigermaßen nutzen zu können.«
    Sein Zustand. Sehr viel Therapie. Einigermaßen nutzen. Lawsons Magen zog sich zusammen, doch er würde der Angst nicht nachgeben. Nicht, wenn er Arbeit zu erledigen hatte. »Geben Sie mir alle Papiere, die ich unterschreiben muss, um hier rauszukommen.«
    Der Arzt sah ihm in die Augen. »Mr Lawson, hören Sie mir genau zu. Die Muskeln, die Ihr Angreifer durchtrennt hat, erlauben Ihnen, Ihr Knie zu beugen und die Hüfte zu bewegen. Wenn Sie dieses Krankenhaus ohne angemessene Behandlung verlassen und die Muskeln so zusammenwachsen, wie sie jetzt sind, werden Sie nie mehr normal gehen können – von rennen, springen oder klettern ganz zu schweigen.«
    »Darum kümmere ich mich später.«
    Der Blick des Arztes blieb ungerührt. »Sich weiter Kokain und Steroide zu spritzen, hilft Ihnen auch nicht. Diese Mittel machen Sie nicht nur so untragbar aggressiv und wütend, wie Sie es seit Ihrer Einlieferung demonstrieren, sondern Ihre Abhängigkeit hat auch Leber und Milz schon erheblich geschädigt.«
    Lawson hämmerte mit dem Arm auf das Aluminiumgeländer des Bettes. »Ich bin nicht süchtig, verdammt noch mal.«
    »Die Testergebnisse des Labors sind in den Unterlagen. Sie leiten doch ein Labor für Mr Genaro, oder?« Der Chirurg warf die Akte aufs Bett. »Schauen Sie sich die Werte also ruhig an.« Er drehte sich um und verließ das Zimmer.
    Lawson nahm das Klemmbrett mit den Kurven und Analysen, schleuderte es gegen die Tür und schrie dem Arzt nach, bis seine Stimme versagte. Dann klappte er zusammen und vergrub das Gesicht in zitternden Händen. Sie würden ihm nichts geben, um die Schmerzen zu lindern, und nun hatte er sich Ausflüchte anhören müssen, was sein Bein anging. Aber er machte dem Arzt keine Vorwürfe. Er mochte ein so großer Mistkerl sein wie Genaro, aber er war auch nur ein Arbeiter, der hinter all den dummen Weibern dieser Welt aufzuräumen versuchte.
    Weibern wie Jessa Bellamy, dieser Höllenschlampe, die ihm das angetan hatte.
    Irgendwie hatte sie gewusst, dass es für ihn nichts Schlimmeres gab, als von

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