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Dunkle Burg

Dunkle Burg

Titel: Dunkle Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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dem Schneidebrett fertig und pumpte Wasser nach, um einen Eimer voll Löffel und Messer und Schöpfkellen zu waschen. Ihr graues Gewand mit dem Überwurf war einfach und streng, und wenig damenhafte Muskeln arbeiteten in ihren Armen und Schultern und dem Rücken. Sie hatte ihr welliges Haar auf Nackenlänge gestutzt und ich stellte mir vor, wie sie in einem seegrünen Seidengewand aussähe, das Haar wie es jetzt war, aber mit Edelsteinen, die am Hals, an den Handgelenken und Fingern funkelten. Eines Tages, gelobte ich, würde ich es sehen.
    Meine eigene Arbeitskleidung war auch nicht eben von höfischer Eleganz. Über meinem wattierten Unterziehwams trug ich ein altes Kettenhemd und einen Topfhelm, denn man muss sich an das Gewicht der Rüstung gewöhnen. Der Rest war eine Lederhose, weiche braune Stiefel, die der Orden mir überlassen hatte, und vielfach geflickte wollene Strümpfe. Und eine Schürze.
    »Bald kommt die Versammlung«, sagte Arienne. Sie trocknete die Messer an einem Tuch, um sie dann einzuölen.
    »Ja. Schwester Berichterstatterin ist über irgend etwas aufgeregt.« Ich dachte darüber nach und fand dies beunruhigend.
    »Schwester Berichterstatterin gerät nicht leicht in Aufregung«, bemerkte Arienne. Sie gab meine eigenen Gedanken wieder.
    »Nein.« An diesem Morgen war eine reitende Botin aus der Stadt Ys eingetroffen. Ich hatte sie die Zufahrt heraufreiten gesehen, und die Schweißflecken im Fell ihres Pferdes waren verräterisch gewesen. Nicht lange danach war die Stabsversammlung angesetzt worden.
    Silvus und ich waren auch zur Teilnahme eingeladen, weil wir einiges über Nathans Heer wussten. »Bist du auch eingeladen?«, fragte ich sie.
    »Ja.«
    Der Grund dafür konnte nur sein, dass Arienne am meisten über das Talent wusste, teils weil sie es besaß und teils weil sie es studiert hatte, seit sie im Bett hatte aufrecht sitzen können.
    »Also…«
    »Also hat es mit Nathans Armee und dem Talent zu tun. Ja.« Sie hatte den gleichen Denkprozess wie ich durchgemacht, nur schneller.
    »Richtig.« Es war etwas Beunruhigendes an dem Gedanken. Ich trocknete den Topf, stellte ihn beiseite und nahm den nächsten vor. Wenn ich mit dem Stapel fertig wäre, würde es Zeit sein, zur Versammlung zu gehen.
    Der Stab trat in einem Raum im Obergeschoss des Palas zusammen. Da die Sperrfeste niemals anderen als rein militärischen Zwecken gedient hatte und während der längsten Zeit ihres Bestehens niemals mehr als eine kleine, von Langeweile geplagte Grenzgarnison beherbergt hatte, war die Einrichtung von der einfachsten Art. Alles war auf reine Zweckmäßigkeit abgestellt. Im Versammlungsraum gab es einen Tisch und zwei Stühle an Kopf und Fuß und zwei Bänke entlang den Seiten. In Friedenszeiten stellten die Anwesenden das Kollegium des Ordens dar, seine älteren Schwestern, die Amter bekleideten. Aber dies war keine Friedenszeit. Jetzt fungierten sie als militärische Führungsgruppe.
    Wir standen ein paar Minuten herum, bis Priorin Winterridge hereinkam, und als sie am Kopf des Tisches Platz genommen hatte, setzten auch wir uns. Sie nahm den Helm ab und legte ihn neben sich auf den Boden. Ihr in glatten Strähnen fallendes Haar, hell- und dunkelbraun vermischt, fiel ihr über die Schultern. Da und dort schimmerten feine silberne Strähnen darin, wie ein erster Frosthauch, aber ihr Gesicht war, wie ich es erinnerte, schmal, mit festem Kinn, hohen Backenknochen und einer langen Nase. Allerdings wies es die gleichen Zeichen von Ermüdung auf, die ich schon bei unserer ersten Begegnung bemerkt hatte. Schatten lagen unter ihren klaren grünen Augen, diese aber waren noch immer wach und von aufmerksamer Geistesgegenwart.
    »Zuerst die Tagesmeldungen«, sagte sie mit klarer Stimme und nickte den Tisch hinunter. »Schwester Kastellan.«
    »Lebensmittelvorräte sind für sechs Monate eingelagert, ausgenommen Sauerkraut, Schwester Priorin. Davon haben wir nur für hundert Tage. An Brennholz…« Sie las ihre Liste herunter und endete mit: »Wasser. Der Hofbrunnen liefert ungefähr fünfzig Eimer pro Tag. Sollten wir aber den Hof verlieren…«
    »Ja. Wir brauchen wirklich einen zweiten Brunnen im Keller des Bergfrieds. Die Frage ist früher schon angesprochen worden und wir stimmten darin überein, däss die Anlage außerhalb unserer Möglichkeiten liegt. Der Schacht müsste durch gewachsenen Fels geschlagen werden, und dafür haben wir weder die Arbeitskräfte noch die Zeit.« Sie vermied es, Arienne einen

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