Dunkle Burg
angegriffen. Aber diesmal werden wir ihn kriegen. Wenn du einen Vogel finden kannst. Beeil dich!« Er war ganz zappelig vor Aufregung. Es war sein Plan, den er wahrscheinlich mit seinem Herrn und Meister gefasst hatte. Er schob mich ins Freie, eine Hand zwischen meinen Schulterblättern. Verwirrt blickte ich umher.
Es war gerade erst hell geworden, die grauen Wolkenstreifen am Osthimmel färbten sich rosa. Im Lager um uns wimmelte es wie ein aufgestocherter Ameisenhaufen. Männer rannten hin und her, holten Pferde, brüllten Befehle und Antworten, fummelten an den Verschnürungen ihrer Rüstungen, suchten Waffen zusammen, sattelten Pferde und saßen auf oder formierten sich zu Kolonnen. Ein Trupp Reiterei sprengte vorbei; der Offizier an der Spitze verfluchte alle, die ihm in den Weg kamen. Sie jagten zwischen den Zeltreihen durch und mein Blick folgte ihnen…
Dort. Ein paar hundert Schritte entfernt stieg Rauch in den Himmel, auf der Westseite des Lagers, gegenüber der Morgendämmerung. Ein unheilvoll orangegelbes Lohen und Flackern war dort zu sehen, nicht die Sonne. Ich gaffte mit offenem Mund.
»Da brennt es«, bemerkte ich dümmlich.
»Natürlich brennt es dort«, knurrte Teska. »Finde einen Vogel. Finde mit seiner Hilfe die Leute, die den Brand gelegt haben. Sie sind schon zurückgeschlagen worden, aber wir dürfen sie nicht entkommen lassen.« Seine Hand legte sich um meine Schulter und drückte sie, aber nicht schmerzhaft. »Finde sie und bleib diesmal dran. Lass den Vogel nicht auf Schussweite heruntergehen.«
Ich starrte zum Feuer, und wie von selbst durchsuchte mein Geist den Luftraum über dem Feuerschein und jenseits davon. Der Himmel war leer.
»Ich kann keinen sehen. Sie meiden Feuer. Wir werden aus dem Lager gehen müssen.«
Teska warf mir einen scharfen, misstrauischen Blick zu, entschied dann, dass ich nicht log. »Hier sind Pferde. Du steigst dort mit auf.«
Teska hob mich in den Sattel, hoch hinauf, denn es war ein großes Pferd, und vor den Soldaten, der es ritt. »Halt sie fest, wenn dir dein Leben lieb ist«, sagte er zum Reiter. Ich fasste in die Pferdemähne und versuchte mit den Knien Halt zu finden. Ein Arm umfasste meine Mitte.
»Ich werde dich nicht fallen lassen, Kind«, sagte der Mann. »Halt dich einfach fest. Chloe hier hat ruhige Gangarten.« Er schnalzte dem Pferd und wir ritten los.
Ich lehnte an seinem ledernen Wams, das er über dem Kettenhemd trug. Auf dem Pferd befand ich mich höher in der Luft, als ich sein wollte, viel höher als auf dem Maultier. Der Boden war sehr tief unten.
»Sie ist sehr groß«, sagte ich unsicher.
»Rechtes Flügelpferd der Schwadron«, antwortete er nicht ohne Stolz. »Und ich reite zwölf Pfund leichter als die meisten. Dein Gewicht macht kaum etwas aus. Chloe könnte uns beide zum Rand der Welt tragen.« Chloe legte die Ohren zurück und tänzelte, als ein Mann vor uns über den Weg rannte und nach Eimern rief. Ich hielt mich wieder an der Mähne fest und der Arm um meine Mitte drückte fester zu. »Natürlich ist sie ein wenig nervös. Liegt an der Züchtung. Ist aber eine gute Rasse. Kopf hoch! Gleich geht’s los.«
Teska trabte auf seinem Maultier an uns vorbei und winkte, dass wir ihm folgen sollten. Chloe wechselte in einen ausgreifenden Trab und ich wurde auf und nieder gestoßen und schwankte wie ein Sack voll Bohnen. Ich grunzte unter den Stößen, und bei jedem Schritt musste ich den Mund öffnen und wieder schließen, um Luft zu holen.
»Wirst dich daran gewöhnen«, versicherte mir der Reiter. Ich bezweifelte es. »Warte nur, bis wir galoppieren! Das geht viel ruhiger.«
Der Trab brachte uns schnell voran. Schon rückte die gelbe Glut näher – und zur gleichen Zeit sank sie zusehends in sich zusammen. Inzwischen qualmte mehr weißer als schwarzer Rauch vor uns. Wir wichen halb verbrannten Zelten aus und dazwischen lag ein toter Mann, aber ich konnte ihn nicht weiter beachten. Wir passierten eine Gruppe Soldaten, hörten Fetzen eines Gesprächs: »…hieb ihn nieder, als er hinausstürmte.«
Reiterlose Pferde liefen herum, Männer versuchten die verstörten Tiere einzufangen, und ich sah noch mehr verbrannte Zelte und herumliegende Dinge. Dann öffneten sich die Reihen der verbrannten und ganzen Zelte und wir hatten den Rand des Lagers erreicht. Soldaten waren dort in Linie angetreten, einige mit Verletzungen, und machten Front zum offenen Gelände. Teska rief sie an, und sie machten ihm den Weg frei.
Nachdem wir
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