Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Titel: Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.L. Jannings
Vom Netzwerk:
würde – als Übersetzerin, falls er den einen oder anderen Ausdruck nicht verstand. Heute Abend schon!? Ein physikalischer Vortrag. Sie hatte Physik in der Schule gehasst und nachher nie mehr einen Gedanken daran verschwendet. Von Wolfs Augen begannen zu leuchten, als er die Wichtigkeit der Experimente des Wissenschaftlers beschrieb. Er war bis auf die Kante des Stuhles nach vorne gerutscht und unterstrich seine Worte mit eindringlichen Bewegungen seiner sehr männlichen Hände. Ihr Blick verfing sich in diesen Händen, die bei ihr physikalische und chemische Reaktionen auslösten, von deren Existenz die Wissenschaft 1926 nur sehr vage Kenntnisse hatte. Plötzlich erschien auch ihr dieser Vortrag ungeheuer wichtig.
     
    *****
     
    „Hochdruck-Experimente finden ihre natürliche Begrenzung in der Belastbarkeit der Materialien, aus denen eine Hochdruckpresse hergestellt ist. Jedes Material wird sich ohne Ausnahme letztendlich verformen oder zerbrechen, wenn es über sein Stresslimit hinaus belastet wird. Aus diesem Grund nennen wir unsere Hochdruckapparate im Dunbar Laboratorium von Harvard auch „Bomben”. Der Umgang mit einem Apparat, der unter 20.000 Atmosphären Druck steht, ist bei aller wissenschaftlichen Faszination immer auch lebensgefährlich. Neben der Veränderung von Materie unter bloßem Druck konzentrieren sich unsere Experimente auch auf deren Verhalten unter dem gleichzeitigen Einfluss von Elektrizität, sprich Erhitzung. Meine Mitarbeiter und ich haben neue kristalline Formen entdeckt, die unter diesen Drücken aus organischen Flüssigkeiten wie Alkohol, Äther und Aceton sowie aus Elementen wie Chlor, Quecksilber und Phosphor entstehen. Wir sind aber auch davon überzeugt, dass Drücke über 20.000 Atmosphären uns in der Zukunft noch zu viel weitreichenderen Erkenntnissen führen werden, vorausgesetzt die Materialkunde wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Werkstoffe entwickeln, aus denen Hochdruckpressen hergestellt werden können, die in der Lage sind, den erforderlichen Belastungen standzuhalten.”
    Percy Bridgman , Professor für Physik an der Universität Harvard, war ein hochgewachsener kühler Herr mit schmalem Mund, hoher Stirn, gerader Nase und stechenden Augen hinter einer schäbigen Nickelbrille. Er sprach und bewegte sich mit der saloppen Arroganz eines Menschen, der auf die schwammigen Zwischentöne menschlicher Beziehungen wie Bewunderung oder Sympathie verzichten konnte. Ohne Rücksicht auf das Publikum trug er in atemberaubender Geschwindigkeit seine Erkenntnisse und Thesen vor. Wer ihm folgen konnte, war willkommen; an den traurigen Rest verschwendete er keinen Gedanken. Jayata sah an dem gläsernen Blick vieler Zuhörer, dass ihnen der Professor bereits meilenweit davon geeilt war. Eine ganze Reihe von Herren – denn es waren ja fast nur Herren anwesend – bemühten sich, ihre mangelnde Kompetenz mit souveräner Körperhaltung auszugleichen. Andere, von aufrichtigerer Natur, kämpften mit gerunzelter Stirn, angestrengt zusammengekniffenen Augen und in die Hand gestütztem Kinn darum, den Anschluss nicht zu verlieren. Nur der allerkleinste Teil der Zuhörerschaft schien dem Professor nicht mit Anstrengung, sondern mit lustvoller Hingabe folgen zu können.
    Dazu gehörte auch Robert. Er sog jedes Wort, jede Geste des berühmten Mannes in sich auf. Schrieb hastig Stichworte und Zahlen auf einen Block, flüsterte manchmal ein atemloses „unglaublich” oder fragte Jayata mit einem kurzen Seitenblick nach einem Wort, das er nicht verstanden hatte. Zum Glück handelte es sich nur um Redewendungen der gehobenen englischen Umgangssprache und nicht um wissenschaftliche Fachausdrücke. Die schien Robert im Unterschied zu Jayata allesamt in ihrer Muttersprache zu beherrschen. Für Jayata war Bridgmans Vortrag ein einziges akademisches Rätsel. So sehr sie sich auch anstrengte, die Begeisterung, die er in Robert entfachte, wollte nicht auf sie überspringen. Ganz im Gegenteil, ihr letzter Rest von Selbstbewusstsein sank in einer ähnlich steilen Kurve nach unten, in der sich die Ausführungen des Professors in die lichten Höhen des physikalischen Olymps emporschwangen. Und war sie sich bis jetzt als zu wenig attraktiv für den schönen Robert vorgekommen, gesellte sich nun noch ein weiteres schlimmes Handicap hinzu – sie war ganz sicher auch zu dumm und zu ungebildet. Diese Erfahrung war neu für sie und deshalb doppelt schockierend. Die Tatsache, dass sie nach dem Abschluss

Weitere Kostenlose Bücher