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Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Titel: Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.L. Jannings
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der Highschool nicht studiert hatte, entsprach durchaus der Norm und wurde von niemandem erwartet. Sie hatte nie darüber nachgedacht, wer die Technologien erforschte und beherrschte, die Amerika und Europa mit solcher Wucht in das Industriezeitalter katapultiert hatten. Einer davon stand jetzt vor ihr, da unten vor der Schiefertafel des Auditoriums, die bereits zu zwei Dritteln mit einem Dschungel aus physikalischen Formeln bedeckt war. Eigentlich hatte sie sich unter einem Physiker mehr ein dürres Männlein im Bratenrock mit Vatermörder, schnarrender Stimme, Ziegenbärtchen und Säbelbeinen vorgestellt, der arme Studenten lustvoll piesackte. Ganz bestimmt keinen Mann wie Professor Bridgman, der, wenn auch fünfzehn oder zwanzig Jahre älter, vom Aussehen und der Ausstrahlung genau wie Robert in eine Güteklasse fiel, die so manchen weiblichen Nerv traf. Wie hatte sie sich nur ein so falsches Bild von diesem Berufsstand machen können? Sie seufzte leise, faltete die Hände in stiller Resignation in ihrem Schoß und starrte zusammengesunken auf den wirren grauen Haarkranz eines hochpolierten Gelehrtenschädels in der Reihe unter ihr. Also der kam ihrer bisherigen Vorstellung von einem Physiker schon viel näher.
    „Professor Bridgman!” Roberts Hand fuhr in die Höhe, Jayata zuckte zusammen. Die Zeit war über ihren Gedankenspielen unbemerkt vergangen, der Vortrag war zu Ende und die Zuhörer waren nun eingeladen, Fragen zu stellen. Bridgman blickte hoch, fand den Fragesteller und bedeutete ihm mit einer geübten Armbewegung zu sprechen.
    „Haben Sie in ihren Versuchen auch mit Graphit gearbeitet? Und wenn ja, können Sie uns etwas über das Verhalten dieses Stoffes unter Hochdruck sagen?”
    Das Lächeln auf dem schmalen Mund des Professors verschwand so schnell, wie es gekommen war. Jayata sah es trotzdem und meinte, dass seine Stimme nicht mehr ganz so sachlich klang, als er nach kurzem Überlegen antwortete:
    „Nun, wir haben erst vor kurzem die elektrische Leitfähigkeit von Graphit unter Hochdruck getestet. Die Ergebnisse lieferten aber keine Erkenntnisse, die es rechtfertigen würden, tiefer in dieses Thema einzusteigen. Außer dass 20.000 Atmosphären die atomare Struktur des Materials in keiner Weise beeinflussen, ist es in der Tat die beste Springfeder der Natur, die mir bis jetzt untergekommen ist.” Und listig fügte er hinzu: „Gilt Ihr Interesse speziell dem Graphit, oder erstreckt es sich auch auf andere atomare Anordnungen des Kohlenstoffs?”
    Nun war Robert an der Reihe zu lächeln. „Ja, um genau zu sein, vor allem auf die dichtest mögliche Anordnung von Kohlenstoffatomen. Wie schätzen Sie die Möglichkeiten ein, die Atomstruktur von Graphit in die von Diamant umzuwandeln?”
    Das magische Wort ließ nicht nur Jayata aufhorchen. Ganz plötzlich war der Abend wieder für alle spannend, nicht nur für die wenigen Auserwählten, die Bridgman tatsächlich folgen konnten. Ein Raunen ging durch die Reihen des Auditoriums, Köpfe drehten sich herum und blickten hinauf zu Robert. Worte und Satzfetzen flogen durch den Raum: Alchemist … schon von Parsons im letzten Jahrhundert als unmöglich erklärt worden … faustische Phantasien … warum eigentlich nicht … wissenschaftlich fragwürdig … Effekthascherei … wahrscheinlich von der Journaille … theoretische Möglichkeit besteht nach wie vor … Scharlatan … und so weiter. Zustimmung, Ablehnung, Zweifel und blanke Entrüstung machten sich Luft. Brillen wurden geputzt, Monokel blitzten auf, Stehkragen verengten sich sichtbar, gestärkte Hemdbrüste schwollen an. Robert hatte ohne Zweifel einen Nerv, wenn nicht den Nerv, getroffen. Bridgman lehnte an der Seite des Katheders, die Hände auf amerikanische Art höchst unschicklich in den Hosentaschen, und man konnte sehen, dass er den kleinen Aufruhr genoss. Sieh mal einer an, selbst die steife deutsche Akademikerelite war bei diesem Thema aus der Reserve zu locken. Er ließ sich Zeit mit seiner Antwort.
    „Wie Sie sich sicher vorstellen können, wird mir diese Frage nicht zum ersten Mal gestellt. Und ich muss zugeben, dass zumindest der theoretische Ansatz aus Graphit Diamant mit Hilfe von hohen Drücken herzustellen, wissenschaftlich durchaus gerechtfertigt und keine Scharlatanerie ist.”
    Zischen in der vordersten Reihe der Honoratioren.
    „Allerdings müsste dafür meines Erachtens ein Vielfaches der bis jetzt erzeugbaren Drücke angewendet werden, und solche Apparaturen stehen uns,

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