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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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Kronleuchter? In seinen Eingeweiden wütete eine Ratte, die versuchte sich wild strampelnd einen Weg nach draußen zu bahnen. Die Haut dehnte sich immer weiter, dehnte sich bis zum Zerreißen, bis sie schließlich aufplatzte.
    Wie aus einer anderen Welt drangen leise Stimmen an sein Ohr.
    Hier, machen Sie das sauber und legen Sie es zu den anderen Modulen.
    Was werden Sie mit ihm machen? Ihn verbluten lassen? Im Dschungel abladen?
    Unheilvolle Stille.
    Ich werde ihn mit ein paar Stichen zusammenflicken, damit er erst einmal am Leben bleibt. Clement hat ziemlich deutlich gemacht, dass er keine weiße Leiche auf seinem Land haben will. Man weiß nie, wer kommt, um danach zu suchen. Es ist besser, er lebt, bis wir ihn irgendwo im Busch abladen können. Eine Leiche würde bei dieser Feuchtigkeit sofort anfangen zu stinken.
    Zwei Paar Füße entfernten sich. Dann kam eins wieder zurück. Eine Flüssigkeit wurde über seinen Bauch geschüttet. Diesmal war der Schmerz zu groß, das Brennen des Alkohols, der die Wunde desinfizieren sollte, und Jack verlor das Bewusstsein.
    Trotz fehlender Ausbildung hatte Monsieur Blanc durchaus Übung mit chirurgischen Eingriffen. Er hatte in seinem Leben schon einige Verwundungen behandelt, leichte, aber auch schwere, und seine Stummelfinger waren erstaunlich geschickt. Er trat zurück, um sein Werk zu bewundern. Die Stiche waren ordentlich und stramm, die frische Narbe sah sauber und beinahe professionell aus.
    Es gab noch einen weiteren Grund, den Jungen am Leben zu erhalten. Das Modul hatte dicht unter der Haut gesessen und war nicht mit dem umgebenden Gewebe verwachsen gewesen, wie Dr. Seladin ihn hatte glauben lassen. Und das gab Monsieur Blanc zu denken. Wenn es keine Verbindung zu lebender organischer Materie gab, wozu brauchte man dann einen lebenden Wirt für das Modul? Womöglich hatte Jack tatsächlich recht mit seiner Geschichte … Die Module waren nutzlos, und entweder er oder Clement sollte hinters Licht geführt werden – ein äußerst beunruhigender Gedanke.
    Er wischte dem jungen Mann die Stirn, die von der Sonne krebsrot war.
    »Die Operation war ein voller Erfolg, wie ich höre?«
    Monsieur Blanc zuckte zusammen. Clement stand in der Tür.
    »Ja, es war nicht schwer, das Modul zu entnehmen. Jetzt ist das Set vollständig. Sie könnten es sofort an Ihren Käufer weiterleiten«, sagte Monsieur Blanc.
    Clement winkte ungeduldig ab. »Kommen Sie, heben wir uns das Geschäftliche für später auf. Jetzt essen wir erst mal. Es gibt Moambe, schön scharf, so wie Sie es mögen.«
    Monsieur Blanc nickte, goss sich etwas Desinfektionsmittel über die Hände und trocknete sie mit einem Taschentuch. Er hasste die zähen, scharf gewürzten, undefinierbaren Fleischbrocken, die Clement schon beim letzten Mal serviert hatte, aber er konnte unmöglich dankend ablehnen. Schon gar nicht in Gegenwart der halb verhungerten Kindersoldaten, die am Tisch bedienten.
    Clement ging zu Jack hinüber und beugte sich dicht über ihn. Er spürte den schwachen Atem an seinem Ohr. »Er lebt noch. Das war gute Arbeit. Vielleicht rufe ich das nächste Mal lieber Sie, statt meinen Arzt in der Schweiz aufzusuchen.«
    Monsieur Blanc zwang sich zu einem Lachen. »Ich fürchte, das wäre keine gute Idee. Ich kann eine Stichwunde nähen. Zur Not könnte ich wahrscheinlich auch eine Kugel entfernen oder eine Blutung durch Ausbrennen stoppen, aber das war es dann auch. Schlachtfeldmedizin. Die ausgefeilte Schönheitschirurgie, die Sie so wunderbar jung hält, würde mich schwer überfordern.«
    Unter brüllendem Gelächter schlug Clement Monsieur Blanc auf die Schulter. »Sie schmeicheln mir, mein Freund.« Mit einem Blick auf Jack fügte er hinzu: »Und was passiert jetzt mit ihm?« Er studierte den leblosen Körper des jungen Mannes, der groß und muskulös war. »Ich denke, es ist kein Fehler, ein oder zwei Wachen in diesem Raum abzustellen«, sagte er nach einer Weile. »Nur falls er aufwacht.«
    »Einverstanden.« Monsieur Blanc nickte. »Und sie sollten auf jeden Fall bewaffnet sein. Er wird schnell aggressiv«, erklärte er. »Und wo ist jetzt Ihr berühmtes Moambe?«

44
    Hercules-Flugzeug der britischen Luftwaffe,
über der Demokratischen Republik Kongo
    Der Nachthimmel war blauschwarz und, von ein paar Wolkenfetzen abgesehen, sternenklar. Die holprige Hercules war nicht unbedingt besonders gut geeignet, um mit dem Fallschirm abzuspringen, aber ein anderes Transportflugzeug war kurzfristig nicht

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