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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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und blickte in den Dschungel, wo im schwachen Licht allmählich das Leben erwachte und die hohen dunkelgrünen Silhouetten sich mehr und mehr als Bäume zu erkennen gaben.
    Plötzlich brach der Jeep auf dem unbefestigten, schlammigen Weg aus. »Wenn es weiter so regnet, werden wir bald laufen müssen, Chef«, sagte Gustav und lenkte mit Vollgas dagegen. Wasser spritzte zu beiden Seiten hoch, und das Reifenprofil fand nur mit Mühe Halt in der rutschigen Oberfläche.
    »Machen Sie langsam, Gustav«, warnte Monsieur Blanc. »Wir müssen so weit wie möglich mit dem Wagen vorankommen, sonst wird das eine sehr, sehr lange Wanderung.«

54
    Nbotou saß am Kopfende des Tisches und wartete ungeduldig, bis seine Kommandanten Platz genommen hatten. Er konnte seinen Zorn kaum beherrschen.
    »Jemand ist da draußen und auf dem Weg hierher«, sagte er in die Runde. »Oder vielleicht sogar schon vor dem Tor. Nach dem Bericht, den ich erhalten habe, dürfte es sich um amerikanische oder britische Spezialeinheiten handeln. Ich habe keine Ahnung, was die wollen oder hinter wem sie her sind. Mein Verdacht ist, dass der fette Chinese etwas damit zu tun hat.« Er holte tief Luft und zündete sich eine Zigarre an. Der starke Rauch der Montecristo würde ihm helfen, sich zu konzentrieren. »Aber wer weiß schon, was dahintersteckt, wenn eine sogenannte westliche Demokratie ihre Armee ausschickt.« Er räusperte sich und spuckte auf den Boden. »Ganz gleich, warum sie hier sind – ich muss euch sicher nicht daran erinnern, wie gefährlich diese Soldaten sein können. Ihr wisst alle, mit welchen Methoden sie arbeiten. Als sie letztes Jahr das Camp der ugandischen Befreiungsarmee überfielen, um Geiseln zu befreien, haben sie niemanden geschont. Nicht mal die Geiseln.« Er schüttelte den Kopf, und die Männer am Tisch schmunzelten. Die Anspannung ließ spürbar nach. Clement zog fest an seiner Zigarre und stieß den Rauch durch seine breiten Nasenlöcher aus. »Ihre Waffe ist die Überraschung, die Verwirrung, die sie stiften. Sonst hätten sie gegen eine überlegene Armee wie die unsere niemals eine Chance.« Die Männer nickten und murmelten zustimmend. »Aber den Vorteil haben wir ihnen genommen – und damit ihre wirkungsvollste Waffe. Diesmal liegt das Überraschungsmoment auf unserer Seite.« Um den Tisch herum erhob sich abermals zustimmendes Gemurmel.
    Ed Garner hielt das Richtmikro auf das Camp, aber es regnete so stark, dass man außer dem Prasseln von Wassertropfen auf die großen Blätter der Dschungelbäume kaum etwas hören konnte. Irgendwann jedoch fand er im Innern des Hauptgebäudes, was er gesucht hatte – eine herrisch tönende Stimme, die eine ihm unbekannte Sprache sprach. Er justierte den High-End-Verstärker, um die Frequenz zu filtern, und bedeutete Oliver Denbigh, dem Sprachexperten des Teams, die Kopfhörer aufzusetzen. Der Offizier beugte sich vorsichtig herüber, um sie entgegenzunehmen. Die Bäume boten zwar guten Sichtschutz, doch es war schwierig, sich darin zu bewegen. Sie waren alle mit einem Kletterseil an den dicken Ästen gesichert, die durch den Regen gefährlich glatt geworden waren. Ein Fehltritt, und man würde hilflos und weithin sichtbar vor dem Camp baumeln, wie ein Bungee-Springer, der sich verheddert hatte.
    Denbigh schob sich die Kopfhörer über die Ohren. Ein statisches Knistern ertönte, als Ed das Mikro zurechtrückte. Der Linguist identifizierte die Sprache sofort als Bantu-Dialekt, der dem Suahili in Satzmelodie und grammatikalischer Struktur ähnelte. Er verstand zwar nicht jedes Wort, konnte aber dem Inhalt folgen.
    »… letzte Nacht vier Soldaten getötet … wachsam bleiben … in Stellung … uns bereithalten …« Es war eine Ansprache, kein Zweifel. Um das zu erkennen, reichten die wenigen Fragmente, die er verstanden hatte. Er wandte sich Ed zu, der in diesem Moment den gleichen Gedanken hatte wie er.
    Sie wissen, dass wir hier sind.
    »Verdammt«, fluchte Ed, griff zum Funkmikro und rief Gavin an. »Gavin, wo stecken Sie, over ?«
    »Dem GPS zufolge zwei Kilometer von euch entfernt«, ertönte Gavins Stimme.
    »Ihr müsst vorsichtig sein. Wir glauben, dass sie uns schon erwarten. Kommt so schnell wie möglich hierher.«
    »Scheiße«, brummte Gavin.
    »Wir müssen reingehen, solange uns die Dunkelheit noch Schutz bietet. Es wird in der nächsten halben Stunde anfangen zu dämmern; uns bleibt also keine Zeit mehr.«
    »Ihr geht ohne uns rein?«, fragte Gavin.
    »Es gibt keine

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