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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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der Nacht?«, fragte Jack und kletterte auf den Beifahrersitz.
    Gustav ignorierte ihn und ließ energisch den Wagen an. Er löste die Pistole aus dem Halfter und legte sie sich entsichert auf den Schoß. Der Motor heulte auf und ratterte geräuschvoll, als er den Rückwärtsgang einlegte und einen so engen Bogen beschrieb, dass sie beinahe kippten. Um sie herum rannten die Kindersoldaten von Zelt zu Zelt, schlüpften im orangegelben Licht der Lampen in ihre improvisierten Uniformen und schwangen sich Patronengurte über die Schultern. Gustav hielt auf das Tor zu. Die beiden Wachen traten in die Mitte und zogen die schweren Torflügel gerade so weit auf, dass das Auto hindurchpasste. Sie stellten keine Fragen. Clement hatte ihnen eingeschärft, Monsieur Blanc und seine Begleiter mit Respekt zu behandeln, schließlich war er ihr wichtigster Waffenlieferant.
    Gustav riss die Gänge durch, während der Wagen über die Piste holperte. Er steuerte direkt auf den Dschungel zu, weg von Camp und Flugfeld. Als sie etwas Abstand zwischen sich und die Villa gebracht hatten, sicherte er seine Waffe und steckte sie zurück ins Halfter.
    Jack sah über die Schulter. Dunkelheit fraß sich hinter ihnen über die Straße, als wollte sie sie jagen und mitsamt dem spärlichen Licht, das sie abstrahlten, verschlingen.
    »Also, wo ist Monsieur Blanc?«, wiederholte er. Er wollte zwar wissen, was zu der Planänderung geführt hatte, doch gleichzeitig wollte er Gustav nicht vom Fahren ablenken. Die Strecke mit ihren kratergroßen Schlaglöchern und Lianen, die sich ständig um die Räder zu wickeln drohten, erforderte die volle Aufmerksamkeit des Fahrers.
    Gustav zuckte die Achseln. »Sie sollten es am besten wissen. Was Sie ihm gestern erzählt haben, hat ihm anscheinend Angst eingejagt. Normalerweise hat er vor nichts Angst. Er hat mir gesagt, dass er abwarten will, bis die anderen sich ins Koma gesoffen haben, um dann im Schutz der Dunkelheit das Camp zu verlassen … mitsamt dem Mädchen«, fügte er kopfschüttelnd hinzu. Er kannte Monsieur Blanc schon lange, aber dessen jähe sentimentale Anwandlungen waren ihm immer noch ein Rätsel.
    »Aber wohin ist er gegangen? Ich dachte, ein Helikopter würde Sie beide heute Abend abholen«, sagte Jack verständnislos. Die schwachen Frontscheinwerfer des Jeeps warfen mit ihrem kümmerlichen Licht zerrissene Schatten auf den holprigen Weg vor ihnen.
    »Das dachte ich auch. Aber Monsieur Blanc ist ein Mensch, der auf seinen Instinkt hört. Er hat mir gesagt, dass wir uns an dieser Straße treffen würden. Richten Sie sich auf einen langen Marsch ein. Wir bleiben im Wagen, so lange wir können, danach gehen wir zu Fuß weiter. Ein Hubschrauber auf dem Flugfeld wäre viel zu gefährlich.« Gustav schwieg kurz und sagte dann: »Jetzt dürfte er bald auftauchen. Weit kann er zu Fuß nicht gekommen sein.«

52
    Uko knöpfte hastig seine Kampfjacke zu, als er Clements Zimmer betrat. »Ich habe den Soldaten befohlen, sich bereitzumachen«, berichtete er eilig. »Was ist denn los? Warum die Hektik?« Er blinzelte durch die vom Whiskey immer noch schweren Lider.
    »Irgendwer ist auf dem Weg hierher. Hat vier meiner Jungs erledigt. Einfach so. Es sind entweder Amis oder Briten«, sagte Clement. Er warf einen Blick auf die Aktenmappe in der Ecke und dachte an die Module, die sie enthielt. »Ich werde das Gefühl nicht los, dass wir das alles Monsieur Blanc zu verdanken haben.« Kopfschüttelnd fuhr er fort: »Wo steckt der überhaupt? Er soll zu mir kommen.«
    »Ja, Sir.« Uko salutierte, trabte über den Flur zu Monsieur Blancs Zimmer und trat ohne anzuklopfen ein. »Der General will Sie sehen. Los, aufstehen.« Als vom Bett her keine Reaktion kam, ging er darauf zu, um den Schlafenden wachzurütteln. »Aufstehen, los«, wiederholte er und fasste an die Decke, die unter dem Druck seiner Hand sofort nachgab. Als er sie zurückzog, fand er statt den Chinesen zwei große Kissen. Uko machte kehrt und rannte zu Clement zurück.
    »General, der Mann ist weg.«
    Clement hieb mit der Faust gegen die Wand. Er war es gewohnt, selbst das Heft des Handelns in der Hand zu halten. Bei diesem Spiel jedoch hatten andere die Regeln aufgestellt. »Der weiße junge Mann … der, aus dem sie das letzte Modul geschnitten haben. Sieh nach, ob der wenigstens noch in seinem Bett liegt.«
    Erneut trabte Uko den Flur entlang und fand den jungen Bewacher des Weißen. »Wo ist er, wohin ist er verschwunden?«, rief er ihm entgegen.

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