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Dunkle Flut

Dunkle Flut

Titel: Dunkle Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul S. Kemp
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leuchteten. »Sie holen?«
    »Ja, sie holen. Wo immer wir da auch hindurchgeflogen sind, als wir den Mond verließen, es scheint den Ausbruch …« Beinahe sagte er »des Wahnsinns«, doch dann zügelte er sich und sagte stattdessen: »… der Krankheit zu beschleunigen. Wir brauchen die Medikamente, andernfalls werden wir alle sterben, bevor wir Mutter erreichen.«
    »Du nicht«, sagte Läufer, als er stand. Er stank nach Schweiß, nach Fieber, nach Krankheit. »Du wirst nicht sterben.« Er schielte. »Zumindest nicht an der Krankheit.«
    Soldat sagte nichts, sondern schaute bloß in Läufers fiebriges Antlitz.
    Läufers Blick schweifte durch den Frachtraum über die Klone. »Hast du Narbe und Macher getötet?«
    »Ich habe Macher getötet, weil er mir keine andere Wahl gelassen hat. Die Krankheit hat Narbe umgebracht, und sie wird auch den Rest von ihnen – und dich – töten, wenn wir nicht besorgen, was wir brauchen. Hast du verstanden?«
    »Ich verstehe.« Läufer fand unter ihren Vorräten eine Flasche Wasser, trank und wischte sich den Bart ab. »Sie werden uns die Medizin nicht einfach mitnehmen lassen, Soldat. Sie werden versuchen, uns aufzuhalten. Wir werden sie töten müssen. Eine Menge von ihnen.«
    »Vielleicht«, sagte Soldat, der versuchte, den Eifer zu ignorieren, den er in Läufers Worten hörte. Auch er verspürte den Impuls zur Gewalttätigkeit, aber er konnte ihn kontrollieren. Aufgrund des Wahnsinns, der zunehmend mehr von ihm Besitz ergriff, war Läufer dazu nicht imstande. Aber Soldat brauchte ihn. Eine medizinische Einrichtung wurde mit Sicherheit bewacht, selbst auf einem abgelegenen Planeten wie diesem. Er konnte die Sache nicht alleine durchziehen.
    »Wir sollten jetzt aufbrechen«, sagte Soldat.
    Als er sich zum Gehen umwandte, sah er sich Seherin gegenüber. Neben ihm fiel Läufer auf die Knie, den Kopf gesenkt, und nahm Seherins Hand in die seine.
    »Alles, was du gesagt hast, stimmte, Seherin. Du hast uns gerettet … uns gerettet …«
    »Was ich sage, sind Mutters Worte«, verkündete Seherin, deren Augen anstatt auf Läufer auf Soldat ruhten. »Und diese Worte sind wahr. Und jetzt sage ich, dass wir alle gehen.«
    Soldat wies auf die komatösen Klone. »Sie sind zu krank, um sich auch nur zu rühren, Seherin. Und jemand sollte bei ihnen bleiben. Das solltest du tun. Wir sollten das Schiff nicht unbewacht lassen.«
    Läufer rappelte sich auf; seine Augen bohrten Löcher in Soldat. »Du wagst es, sie infrage zu stellen?«
    »Halt die Klappe«, erwiderte Soldat.
    Läufer knurrte.
    »Das Schiff ist irrelevant«, sagte Seherin. »Wir werden diese Welt in einem anderen verlassen.«
    Einen Moment lang war Soldat außerstande, etwas darauf zu erwidern. Er fürchtete, dass auch Seherin dem Wahnsinn erlag, und er war sich des Zorns, der von Läufer ausstrahlte, absolut bewusst.
    Seherin lächelte ihn an, als würde sie seine Gedanken lesen.
    Als er sprach, achtete er darauf, dass sein Tonfall gelassen klang. »Welches Schiff nehmen wir dann?«
    »Das medizinische Versorgungsschiff, das in Kürze beim Krankenhaus eintreffen wird«, sagte sie.
    Läufer wippte auf seinen Fußballen, als würde die Kraft in seinem Innern ihm verbieten stillzustehen, als könne er den Impuls, der sich gerade Bahn zu brechen versuchte, kaum kontrollieren. Er starrte Soldat noch immer finster an.
    »Woher weißt du das mit dem Versorgungsschiff?«, fragte Soldat.
    »Durch die Macht. Von Mutter.«
    »Gesegnet sei Mutter«, murmelte Läufer, noch immer vor und zurück wippend.
    Seherins Augen erforschten Soldats Gesicht. Er fand, dass sie beinahe traurig wirkte. »Glaubst du, Soldat? Glaubst du mir ?«
    Soldat fühlte Läufers brennende Augen auf sich ruhen, die Hitze seines Fiebers, seines Glaubens. Seine Gedanken schweiften zu Krumm, zu der Art und Weise, wie die anderen ihn in Stücke gerissen hatten, und er verlagerte sein Gewicht, um es gleichmäßig zu verteilen. Falls er seine Waffe ziehen musste, musste er schnell sein. »Du weißt, woran ich glaube«, sagte er.
    Sie beugte sich zu ihm, gefährlich und schön. »Ja, das weiß ich.«
    »Bislang hattest du recht«, sagte er.
    Sie lächelte, nickte. »Wir nehmen alle mit, die noch gerettet werden können. Die Übrigen müssen wir zurücklassen. Bedauerlicherweise war ihr Glaube nicht ausreichend, um gerettet zu werden.«
    »Sie können noch immer alle gerettet werden«, sagte Soldat. »Wir lassen die Kinder nicht zurück.«
    »Ich weiß, dass du sie liebst«,

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