Dunkle Gebete
das Überwachungsvideo ansehen?«
»Wahrscheinlich am besten in meinem Büro«, erbot sich Sheep. »Ich kann Sie gleich hinbringen.«
»Könnten Sie bitte DC Stenning mitnehmen?«, sagte Tulloch. »Pete, für den Anfang schnappen Sie sich alles aus den letzten vierundzwanzig Stunden. Wir arbeiten uns dann von da an vor.«
Stenning und Sheep machten sich auf den Weg zum Hauptverwaltungstrakt des Zoos.
»Okay, unterhalten können wir uns auch im Gehen«, entschied Tulloch. »Wie weit ist es?«
Der CID -Detective, ein Mann namens Hallister, ging voran, den Hügel hinunter und den Hauptweg des Zoos entlang. Zu unserer Rechten lagen die Ziegelbauten des Aquariums und des Reptilienhauses, beide aus dem 19. Jahrhundert. Winzige Cafés zu beiden Seiten des Weges hatten geöffnet, und die Kellner sahen uns mit unverhohlener Neugier nach.
»Bei uns ist die Meldung zehn vor zehn eingegangen«, berichtete Hallister. »Wir waren ungefähr fünfzehn Minuten später da. Als wir hier angekommen sind, hatten die Kollegen von der Streife den Zoo bereits für neue Besucher geschlossen und das Gehege abgesperrt. Die Pfleger mussten die Tiere in ihre Schlafquartiere zurückschaffen. War nicht einfach, sie waren sehr aufgeregt.«
»Und was für Tiere …?«, setzte Tulloch an. Wir waren vor dem Absperrband stehen geblieben. »Königreich der Gorillas«, las sie, und so etwas wie Entsetzen schwang in ihrer Stimme mit.
»Gorillas sind extrem sensibel«, erklärte die Pflegerin mit zittriger Stimme. Sie trug ein Namensschild, das uns verriet, dass sie Anna hieß. »Sie reagieren gar nicht gut auf den Geruch von Blut«, fuhr sie fort.
»Ich auch nicht«, bemerkte Tulloch halblaut.
»Das hier ist eins von den neuesten Gehegen«, meinte ich, »und wahrscheinlich das beliebteste. Wenn es jemand auf maximale Schockwirkung anlegt, würde er sich das hier aussuchen.«
»Wollen Sie damit sagen, die Gorillas haben den Kopf gefunden?«, fragte Tulloch Anna.
»Wir wussten, dass irgendwas los war«, berichtete diese. »Sie haben angefangen zu brüllen, sobald wir sie rausgelassen haben. Natürlich wollten sie dem Ding nicht mal nahe kommen.«
»Dann haben sie ihn also nicht angefasst?«, fragte Tulloch. »Er liegt immer noch da, wo er gefunden worden ist?«
»Was die Stummelaffen betrifft, kann ich das nicht mit Sicherheit sagen. Wir hatten echt alle Hände voll zu tun, sie zusammenzutreiben. Und sie sind unheimlich neugierig. Bei den Gorillas ist das was ganz anderes. Waren völlig außer sich. Unser Alphaweibchen ist trächtig.«
Dazu gab es nicht viel zu sagen – jedenfalls schien dies nicht der geeignete Moment für Gratulationen zu sein. Wir traten durch einen Vorhang aus langen Plastikstreifen und fanden uns in einer semitropischen Umgebung wieder. Üppiges Blattgrün, rieselndes Wasser, dekorative Bambusstrukturen und tropische Vögel, so bunt wie Edelsteine. Wir gingen weiter, durch noch mehr Plastikstreifen hindurch, und betraten das eigentliche Gehege.
Es war groß. Ein toter Baum hob sich wie eine Skulptur gegen den bleichen Oktoberhimmel ab. Ich schaute nach oben. Keinerlei Überdachung.
Die Gorillas waren noch immer außer sich. Sogar ein Stück von ihren Quartieren entfernt waren ihre Rufe und ihr Geplapper noch immer unangenehm laut.
»Da ist er«, sagte Hallister. »Da drüben, bei dem Felsen.«
Tulloch voran, strebten wir auf eine Stelle zu, von der aus wir etwas sehen konnten. Zwischen uns und dem Affengehege befanden sich ein etwa einen Meter hoher Zaun und ein Wassergraben. Der Kopf lag mit dem Gesicht nach unten ungefähr fünf Meter entfernt auf der anderen Seite des Grabens. Das kinnlange braune Haar war feucht vom Tau. Etwas, das wie geronnenes Blut aussah, zog sich um den Halsstumpf herum.
»Sie könnte ihn von hier aus da reingeworfen haben«, meinte Joesbury. »Einmal ordentlich ausholen, das würde reichen.«
»Ist irgendjemand da rangegangen?«, wollte Tulloch wissen. Der CID-Detective schüttelte den Kopf. »Nein. Als wir die Tiere wieder im Affenhaus hatten und uns klar war, womit wir es zu tun hatten, haben wir auf Sie gewartet.«
Tulloch nickte und wandte sich an Anderson. »Wissen wir, wann die Kollegen von der Spurensicherung kommen?«
Anderson trat zur Seite und telefonierte, um das herauszufinden.
»Bleiben die Tiere nachts drinnen?«, wollte Joesbury wissen.
»Ja«, sagte Anna. »Da ist es sicherer. Und um diese Jahreszeit viel wärmer.«
»Dann hätte der Kopf also irgendwann letzte Nacht
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