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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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vorbeischauen, können wir ihn vielleicht sogar ansprechen. Dann kommt er gerade von einem seiner Trips runter. Vielleicht kann er uns mehr über Cathy erzählen. Vielleicht erinnert er sich sogar an Victoria.«
    »Und woher weißt du das?«
    »Kontakte«, meinte Joesbury geheimnisvoll und aß weiter.
    Tulloch blickte zu Helen auf. Die Ältere zuckte die Achseln. »Den Nachtisch können wir später essen.«
    »Sollen wir eine Streife verständigen?«, fragte Anderson.
    Tulloch sah Joesbury an.
    »Deine Entscheidung«, sagte er. »Aber ich persönlich würde das Ganze fürs Erste hübsch ruhig und unauffällig angehen lassen. Wenn du die Trottel losschickst, behauptet am Ende noch jede Morgenzeitung, wir hätten einen von Londons Obdachlosen in Verdacht, der Ripper zu sein. Ist bestimmt nicht gut für die Pflege nachbarschaftlicher Beziehungen.«
    Tulloch stand auf. »Dann eben nur wir beide«, sagte sie zu Joesbury. »Helen kann bei den anderen bleiben.«
    »Nein«, widersprach Anderson und erhob sich. »Bei allem Respekt, Boss, aber Sie fahren um diese Uhrzeit nicht mit einem Einarmigen zu irgend so einem halb verlassenen Schuppen. Pete und ich kommen mit.«
    Joesbury schaute auf seinen verletzten Arm hinunter und wackelte mit den Fingern, wie um sicherzugehen, dass sie noch funktionierten. Dann sah er Mizon an und zwinkerte ihr zu. Sie lächelte zurück und ließ den Blick dann zu mir hinüberwandern.
    »Sie wirken bestimmt weniger bedrohlich, wenn mehr Frauen dabei sind«, sagte ich zu Tulloch. »Diese Leute, die DI Joesbury als Penner bezeichnet, bekommen es leicht mit der Angst zu tun.«
    »Ich will auch mit«, verkündete Mizon und schob ihren Stuhl zurück.
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Helen und Joesbury waren die Einzigen, die noch saßen.
    »Also, ihr lasst mich hier auf keinen Fall mit dem Abwasch sitzen«, sagte Helen.

70
    Wir nahmen Tye Hammond mit in ein Café, das die ganze Nacht offen hatte, und bestellten Essen, das ihn nicht zu interessieren schien. Wie Joesbury es vorhergesagt hatte, hatten wir ihn in dem Lagerhaus gefunden, wieder ein viktorianisches Gebäude am Flussufer in Woolwich. Wir hatten ihn überredet, für eine kurze Unterhaltung mitzukommen. Ich saß mit ihm, Tulloch und Mizon an einem Resopaltisch. Um ihn nicht durch unsere Überzahl zu verschrecken, saßen Helen und die drei Männer ein paar Tische entfernt.
    »Bin ich verhaftet?«, fragte er, griff nach der Zuckerschale und löffelte schmutzig weißes Pulver in seinen Becher. Tulloch bedeutete mir mit einem Kopfnicken, dass ich antworten sollte.
    »Nein«, versicherte ich. »Wir wollten Sie nur wegen etwas fragen, das vor ein paar Jahren passiert ist. Damals hat es auf einem Hausboot gebrannt, bei Deptfort Creek, erinnern Sie sich?«
    Er fing an, seinen Tee umzurühren. »Und wenn?«, fragte er seinen Löffel.
    »Dabei sind ein paar Leute umgekommen«, sagte ich. »Entweder durch den Rauch, oder sie sind im Fluss ertrunken. Sie waren der Einzige, der überlebt hat.«
    Er zuckte die Schultern. »Hab eben Glück gehabt.«
    »Inwiefern?«, fragte ich ihn. »Inwiefern haben Sie Glück gehabt?«
    Tye antwortete nicht, legte nur die Hände um den Becher und schaute zur Zuckerschale hinüber. Er hatte sie halb leer gemacht. Noch immer hatte er mir nicht in die Augen gesehen.
    »Tye«, sagte ich, »niemand hier möchte Sie mit aufs Revier nehmen, um Sie offiziell zu vernehmen. Aber wenn’s sein muss, tun wir das. Warum erzählen Sie nicht –«
    Da schaute er doch auf. »Glauben Sie etwa, davor hätt ich Angst?«, fragte er. »Im Knast müssen sie mir was zu essen geben. Da isses warm. Und ’n richtiges Klo gibt’s da auch.«
    »Aber Heroin müssen wir Ihnen nicht geben«, entgegnete ich. »Sind Sie auf Heroin, ist es das? Wir müssten sogar warten, bis Sie davon runterkommen, egal, von was, und bis Sie mit den Entzugserscheinungen durch sind. Könnte zwölf Stunden oder länger dauern. Und macht bestimmt keinen Spaß.«
    Tyes Blick richtete sich wieder auf seinen Tee. Er nahm die Gabel und fing an, Bohnen auf seinem Teller umherzuschieben.
    »Okay, gehen wir«, entschied Tulloch und schob ihren Stuhl zurück.
    »Warten Sie.« Tye hob abwehrend die Hand. »Da gab’s so ’ne – wie nennt man so was? –, ’ne Ermittlung?«
    »Eine gerichtliche Untersuchung?«, schlug ich vor.
    Er nickte. »Vor Gericht«, fuhr er fort. »Ich hab denen alles gesagt, was ich wusste. Was anderes kann ich Ihnen auch nich

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