Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
Vom Netzwerk:
hier deponiert worden sein können, und niemand hätte ihn vor heute Morgen bemerkt?«, fragte Joesbury.
    »Na ja, der Zoo wird nachts abgeschlossen«, meinte die Tierpflegerin. »Eigentlich darf niemand hier rein. Wir haben einen Nachtwächter.«
    Joesbury blickte sich um. »Was dagegen, wenn ich einen kleinen Spaziergang mache, Tully?«
    Sie schüttelte den Kopf, und er verließ das Gehege. Dabei musste er zur Seite treten, um ein paar Neuankömmlinge durchzulassen. Die Leute von der Spurensicherung hatten nicht lange gebraucht.
    Zehn Minuten später traten Tulloch, Anderson, der leitende Spurensicherungsbeamte, die Tierpflegerin Anna und ich, von Kopf bis Fuß in Schutzkleidung gehüllt, aus dem Affenhaus ins Freiluftgehege.
    Wir hatten das Gelände halb überquert und konnten den Kopf bereits sehen, als wir Mike Kaytes auf uns zukommen sahen, den diensthabenden Pathologen. Er trug einen Schutzanzug. Wir blieben stehen und warteten auf ihn.
    »Keine Fliegen«, sagte ich.
    »Bitte?«, fragte Tulloch.
    »Schauen Sie.« Ich zeigte mit dem Finger. »Da drüben, das sieht doch aus wie Affenkot, nicht wahr?«
    »Na ja, ich bin noch nicht dazugekommen, sauber zu machen«, sagte die Pflegerin.
    »Da sind Fliegen drauf«, bemerkte ich. »Das sehe ich von hier.«
    »Okay«, sagte Tulloch.
    »Aber an dem Kopf sind keine«, fuhr ich fort.
    Tulloch starrte den Kopf einen Augenblick lang an. »Sie haben recht«, sagte sie. »Vielleicht hat sie ihn ja mit irgendetwas behandelt, damit er sich hält, und das lässt die Viecher auf Abstand gehen.«
    Kaytes hatte uns erreicht. Er nickte allen zu, und wir ließen ihn allein zu dem Kopf weitergehen. Dabei ließ er sich Zeit, trat dichter heran und blieb dann stehen. Als Nächstes umkreiste er ihn, den Blick fest darauf geheftet. Dann hockte er sich hin und versperrte uns die Sicht. Wir sahen, wie er die Hand ausstreckte, konnten aber nicht erkennen, was er berührte. Er kniete nieder und beugte sich vor. Schließlich richtete er sich wieder auf.
    Als er auf uns zukam, lag ein Ausdruck auf seinem Gesicht, den ich nicht zu deuten wusste. Fast schien er nahe daran zu lächeln.
    »Sie haben heute Morgen nicht zufällig was von Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett gehört?«, fragte er den CID -Detective.
    »Ist nicht unser Zuständigkeitsbereich«, antwortete Hallister. »Wieso?«
    »Wird bestimmt nicht mehr lange dauern«, meinte Kaytes. »Schauen Sie sich das Ding mal an.«
    Er folgte uns dicht auf den Fersen, als wir zu dem Kopf hinübergingen. Wir bildeten einen Kreis darum und starrten nach unten. Ich holte tief Luft durch die Nase. Der Geruch war derselbe. Erde, Kaffee von den nahe gelegenen Cafés, die Hinterlassenschaften warmblütiger Tiere. Sonst nichts.
    Tulloch sank auf die Knie. Gleich darauf folgten wir anderen ihrem Beispiel. Wir müssen ausgesehen haben wie eine bizarre Betgemeinschaft.
    »Das Ding da stammt nicht von einem Menschen«, erläuterte Kaytes unnötigerweise. »Was Sie hier vor sich sehen, ist ein Wachskopf.«

72
    »Also ein schlechter Scherz«, stellte Hallister fest.
    »Nicht unbedingt«, erwiderte Kaytes. »Das rote Zeug am Stumpf war keine Farbe. Das war Blut.«
    Tulloch, der Pathologe, Hallister und ich saßen an einem der kleineren Imbisslokale des Zoos, einer Pommesbude in der Nähe des Insektenhauses. Es war recht kühl hier draußen, doch niemand schien hineingehen zu wollen. Anderson war die Aufsicht über den Tatort übertragen worden. Mizon befragte die Zoobesucher, und Stenning sah sich noch immer Überwachungsvideos an. Ich hatte keine Ahnung, was aus Joesbury geworden war.
    »Menschliches Blut?«, wollte Tulloch wissen.
    »Kann ich unmöglich sagen, bis ich es genau untersucht und ein paar Tests gemacht habe«, erwiderte Kaytes. »Wahrscheinlich weiß ich irgendwann im Laufe des Tages Bescheid.«
    »Das war kein schlechter Scherz.« Wir blickten auf und sahen, dass Stenning und Joesbury an unseren Tisch getreten waren. »Ich habe die Überwachungsaufnahmen gesehen«, fuhr Stenning fort. »Sie hat sich gestern Nacht in den Zoo geschlichen, in ihren üblichen Klamotten. Ihr wisst schon – schwarze Schlabberjacke mit bunten Symbolen, schwarze Wollmütze. Eine von den Kameras hat sie drüben bei den Komodowaranen aufgenommen, um vier Minuten nach elf. Sie hatte eine kleine Reisetasche dabei.«
    »Wie ist sie hier reingekommen?«, fragte Tulloch und sah sich um.
    »Über den Zaun«, antwortete Joesbury. »Rutschen Sie mal, Flint.« Er zog einen

Weitere Kostenlose Bücher