Dunkle Gebete
Cooper.«
Zwanzig Leute im Einsatzraum schienen den Atem anzuhalten. Alle starrten den Leiter der Spurensicherung an, einen schlanken, bärtigen Mann mit grauem Haar namens Peters. Er drückte auf eine Taste eines kleinen Laptops, und wir sahen das Gesicht eines Mannes, der unser Mörder sein könnte. Glattrasiert, blond, langes Gesicht, große Nase, schlechte Haut. Und irgendetwas stimmte mit seinen Augen nicht.
»Er ist siebenundzwanzig«, berichtete Peters. »Die letzte bekannte Adresse war ein besetztes Haus ganz in der Nähe der Tottenham Court Road.«
Ich beugte mich vor. Coopers Pupillen waren elliptisch, wie die mancher Schlangenarten.
»Fünfundachtzigprozentige Genauigkeit?«, hakte Tulloch nach.
»Besser kriegen wir’s nicht hin, fürchte ich«, erwiderte Peters. »Es war nur ein Teilabdruck. Hier, ich zeig’s Ihnen.« Peters drückte auf eine zweite Taste des Laptops, und zwei Fingerabdrücke erschienen auf dem Bildschirm. Einer komplett und vollkommen, der andere zu ungefähr sechzig Prozent vorhanden. Er drückte eine weitere Taste, und wir sahen das innere Segment beider Abdrücke, erheblich vergrößert. »Was Sie hier vor sich sehen, ist eine Schleife«, erläuterte Peters, »im Gegensatz zu einem Bogen oder einer Windung, den beiden anderen Hauptmustern eines Fingerabdrucks.Hier haben wir eine kurze, unverzweigte Papillarleiste in der Mitte der Schleife«, fuhr er fort und zeigte mit einem Bleistift auf den Bildschirm. »Auf dem Abdruck, von dem wir wissen, dass es Coopers ist, kann man sie ziemlich deutlich erkennen und auf dem von dem Handy auch. Außerdem sieht man etwas, das wir einen See nennen, eine winzige, freistehende Furche, gleich rechts oberhalb der Rille. Der See ist auf beiden Abdrücken zu erkennen, genau wie die Rille. Außerdem haben wir ein Stückchen weiter unten links ein Delta, eine Art Zusammenlaufen der Papillarleisten. Ist auch auf beiden Abdrücken vorhanden, und die Anzahl der Rillen dazwischen ist gleich.«
»Sieht für mich ziemlich eindeutig aus«, stellte Anderson fest.
»Wenn wir uns auf mehr stützen könnten als auf diesen Teilabdruck, würde ich Ihnen zustimmen«, antwortete Peters. Er schob seine Lesebrille über die Stirn hoch und nickte dem Sergeant zu. »Aber vergessen Sie nicht, weder auf dem Schuh noch auf der Sonnenbrille war etwas zu finden. Natürlich würden fünfundachtzig Prozent nicht für eine Verurteilung ausreichen, aber es macht ihn zu jemandem, den Sie ernst nehmen sollten.«
»Wie sieht denn seine Vergangenheit aus?«, wollte Anderson wissen.
Hinten im Raum ging eine Tür auf. Ich schaute mich um und starrte in türkisblaue Augen. Ihrem Aussehen nach zu urteilen, hatte Joesbury sogar noch weniger geschlafen als ich.
»Cooper hat Ende der Neunziger zwei Jahre einer fünfjährigen Gefängnisstrafe abgesessen, wegen einer Messerstecherei«, antwortete Peters. Als ich mich wieder umdrehte, konnte ich spüren, wie die Erregung im Raum merklich stieg. »Das war eine Gang-Geschichte, aber das Opfer wurde nicht ernsthaft verletzt. Daher die relativ milde Strafe. Einige Monate nach seiner Entlassung wurde er wegen Einbruchs festgenommen, der Fall ist allerdings nie vor Gericht gekommen. Nicht genug Beweise.«
Leise Schritte kamen näher. Der Schreibtisch hinter mir verrutschte ein kleines Stück, als jemand sich darauf niederließ.
»Das ist ein ganz schön großer Schritt«, gab Tulloch zu bedenken, nachdem sie Joesbury knapp zugenickt hatte. »Von Gangdelikten und Einbruch zu Mord und Verstümmelung.«
»Ja, schon«, pflichtete Peters ihr bei. »Aber laut den Verhaftungsunterlagen ist er psychisch gestört. Neigt zu Gewalt. Er hat in Polizeigewahrsam eine Beamtin verletzt. Anscheinend ist er ihr an die Kehle gegangen.«
»Sieht ja nach einem Treffer aus«, bemerkte eine Stimme auf der anderen Seite des Raumes halblaut. Ich konnte sehen, wie erregte Blicke gewechselt wurden. Tulloch sah immer noch beklommen aus, doch sie erhob sich und dankte Peters. Dann brachte sie alle Anwesenden auf den neuesten Stand, was die Ergebnisse der Autopsie betraf.
»Bei unserer Leiche, wenn wir sie denn finden«, schloss sie nach einer knappen Zusammenfassung dessen, was Kaytes uns mitgeteilt hatte, »dürfte es sich um eine Frau in relativ gutem Gesundheitszustand handeln, die wenigstens ein Kind zur Welt gebracht hat. Alter zwischen fünfunddreißig und fünfundfünfzig.«
»Zu der Altersgruppe hat Geraldine Jones auch gehört«, stellte einer der
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