Dunkle Gefährtin
auf.
Er kam damit zurück, hielt es allerdings weit von sich gestreckt, als fürchtete er, dass es explodieren könnte. Samantha wehte ein Gestank von Tod und Angst entgegen.
Stöhnend hob Nadia die Hände vor ihr Gesicht. »Ich konnte sie nicht aufhalten. Ich hätte sie stoppen müssen!«
Tain wickelte das Bündel auf, und Samantha wich mit einem stummen Aufschrei zurück. Ihr wurde übel. Ein Herz lag in dem blutigen Tuch, das Tain hielt, schwarz und fürchterlich.
»Das ist von Bev«, schluchzte das Mädchen, »meine Schwester. Sie haben sie umgebracht!«
»Das dürfte uns die ganze Nacht auf Trab halten«, stellte Lieutenant McKay fest, die in ihrem Büro saß. Samantha hatte Nadia und das grausige Beweisstück ins Präsidium gebracht, wo man das Mädchen medizinisch versorgte und ihr Kleidung und Essen gab.
Samantha hatte eigentlich erwartet, dass Tain verschwinden würde, sobald sie am Präsidium ankamen, doch er begleitete sie zu McKays Büro. Wortlos war er Samantha nach oben gefolgt, als wäre es sein gutes Recht, hier zu sein.
»Das Herz befindet sich in der Pathologie«, berichtete Samanthas Vorgesetzte, »aber es besteht wenig Zweifel, dass es von einem Dämon ist. So zu töten hinterlässt eine Riesensauerei, die sich nicht ohne weiteres wieder entfernen lässt. Wir überprüfen die Häuser in der Nähe des Fundorts. Wie das Mädchen sagt, gehört sie zum Lamiah-Clan, also müssen wir die mit ihnen verfeindeten Clans befragen.« McKay seufzte. Sie sah müde aus und hatte einiges vor sich. Dämonengangs waren dafür berühmt, dass sie gut zusammenhielten und wenig kooperativ waren.
Tain schüttelte den Kopf. »Nadias Schwester wurde wahrscheinlich weiter weg getötet. Sie könnten Nadia in die Gasse teleportiert und den Zielort willkürlich gewählt haben.«
McKay blickte ihn streng an. »Und wer genau sind Sie noch mal? Sie tauchen rechtzeitig in Merricks Club auf, um ein blutiges Gang-Gemetzel zu verhindern, und sind zufällig zur Stelle, um das Mädchen in der Gasse zu finden?«
Tain musterte die kleine Sidhe mit der schwarzen Haut und dem rotorangefarbenen Haar, wobei Samantha wieder ein dunkles Funkeln in seinen Augen bemerkte. Es war der typische Blick eines Wesens, das weit stärker und gefährlicher war, als McKay jemals begreifen könnte. Tain könnte den ganzen Raum mit einem Zucken seines kleinen Fingers auslöschen. Doch er schien sich bewusst zu beherrschen. Gewiss erinnerte er sich selbst daran, dass er beschlossen hatte, einer von den Guten zu sein.
»Ich bin ein Dämonenjäger«, antwortete er.
»Dämonenjagd ist illegal«, entgegnete McKay gereizt.
»Dämonen halten sich an Ihre Regeln, weil es ihnen nützt«, fuhr Tain kühl fort. »Ihre Regeln erlauben ihnen, Idioten ihre Lebensessenz zu nehmen und ein angenehmes Dasein zu fristen. Aber sie sind und bleiben todesmagisch, und wenn das Gleichgewicht sich verlagert, übernehmen sie das Ruder. Vergessen Sie das nie!«
»Samantha ist eine Halbdämonin«, erwiderte McKay.
»Ich weiß, und selbst sie könnte sich jederzeit zur falschen Seite wenden. Zudem ist sie weit stärker, als sie denkt.«
Dabei betrachtete er sie mit jenem Blick, der sie immer wieder aufs Neue das ganze Ausmaß seiner Macht empfinden ließ. Aus unerfindlichen Gründen hatte sie größere Mühe, ihn hier im Büro ihrer Chefin anzusehen, als im letzten Jahr in der Schlacht, in der er sie mit einer Magie umfangen hatte, die sie leichthin hätte zweiteilen können.
»Entschuldigt mal«, mischte sie sich verärgert ein, »aber können wir vielleicht beim Fall bleiben? Dämonin mit Herz in Seitengasse gefunden. Das scheint mir ein bisschen relevanter als meine Erbanlagen.«
McKay zuckte mit den Schultern. »Du hattest jedenfalls recht, was die Dämonenprostituierten betrifft, die in der Gegend des Merrick’s verschwunden sind. Nadia gab zu, dass sie mit ihrer Schwester auf der Straße anschafft. Sie konnte uns nur leider weder sagen, wer sie entführt hat, noch, wo die sie hingebracht haben. Ihrer Aussage nach waren die Leute maskiert und schwarz gekleidet, und sie hat keine Ahnung, ob sie Vampire, Dämonen oder Menschen waren. Wahrscheinlich hatten sie sich mit einem Zauber oder so getarnt.«
»Dann suchen wir Dämonenjäger?«, fragte Samantha.
McKay blickte streng zu Tain. »Sieht so aus.«
»Nicht dieselbe Art Dämonenjäger wie ich«, ergänzte Tain ungerührt. »Die jungen Frauen wurden gefoltert, und weder meine Brüder noch ich würden etwas
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