Dunkle Gefährtin
gluckste zufrieden, denn der Kleine genoss es, in Tains
Armbeuge zu liegen.
»Sie weiß nicht, wer es war«, fuhr Tain mit Blick auf Septimus fort.
Dieser schüttelte den Kopf. »Keiner von meinen Vampiren.«
»Bist du sicher?«
»Das werde ich bald sein«, antwortete Septimus streng. »Wenn Vampire außer Kontrolle geraten, bin ich gewöhnlich der Erste, der es erfährt, und ich habe nichts gehört.«
Tain wusste, dass zurzeit vor allem deshalb relativ wenig Unruhe unter den Vampir- und Dämonengangs herrschte, weil Septimus die hiesigen Vampire im Griff hatte. Als Ewiger besaß er große Macht und kontrollierte sämtliche Vampirfürsten sowie ihre Untertanen. Zudem hatte er sich das Chaos im letzten Jahr zunutze gemacht, um sich weitere Machtzentren in anderen Städten zu erschließen.
Septimus hatte eine Vereinbarung mit Adrian, dem ältesten Unsterblichen, nach der er dafür sorgte, dass die Vampire sich an die Regeln hielten. Im Gegenzug ließ Adrian ihn sein langes, sündhaft dunkles Leben weiterführen.
»Dämonen bekämpfen sich gegenseitig«, erinnerte Septimus ihn. »Clans streiten um die Vorherrschaft.«
»Schon, nur sind das simple, offene Auseinandersetzungen«, wandte Hunter ein. »Sie schnappen sich ihre Waffen und prügeln aufeinander ein, oder sie bombardieren sich bei edlen Mittagessen mit unhöflichen Bemerkungen.«
»Ja, das stimmt«, pflichtete Septimus ihm bei. »Sie besitzen eine Art Ehre. Jedenfalls habe ich noch nie gehört, dass sie Frauen aus rivalisierenden Clans foltern und umbringen, zumindest nicht in heutigen Zeiten.«
»Zivilisierte Dämonen?«, überlegte Leda laut. »Samantha ist zivilisiert, und ihr Vater ist nicht besonders übel, aber …«
»Willkommen im einundzwanzigsten Jahrhundert!«, sagte Septimus mit einem frostigen Lächeln. »Dämonen haben die angenehmen Seiten moderner Großstädte entdeckt. Warum im Totenreich vor sich hindämmern, wenn’s auch eine Villa in Beverly Hills sein kann?«
Tain mischte sich wieder ein. »Wenn du mir versichern kannst, dass es keine Vampire waren, glaube ich dir. Hunter, draußen wartet der Taxifahrer auf sein Geld. Kannst du mal bitte?«
Hunter verdrehte die Augen. »Hast du schon wieder deine Kontokarte verloren?«
»Nein, irgendwo muss sie sein.«
Seufzend ging Hunter an ihm vorbei zur Tür. »Ich darf es dir noch einmal erklären, ja? Wort für Wort, Silbe für Silbe.«
»Es gab einmal eine Zeit, als Unsterbliche für nichts bezahlen mussten«, erwiderte Tain, der Ryan wieder Leda in den Arm drückte und seinem Bruder folgte. »Da waren die Leute froh, wenn sie uns aus Dankbarkeit etwas zu trinken geben oder uns irgendwo hinfahren konnten.«
»Tja, nur ist das hier Los Angeles, und heute ist nichts mehr umsonst. Die Welt hat uns vergessen, während du fort warst.«
Jene Dunkelheit, die permanent in ihm lauerte, legte sich plötzlich über sein Denken und verschlang ihn vollständig. Manchmal brauchte bloß einer seiner Brüder etwas zu sagen, das Tain erinnerte, wie viel er verloren hatte, wie lange er gefangen gewesen war, und schon überwältigte sie ihn. In all den Jahrhunderten hätte er bei ihnen sein müssen, mit ihnen kämpfen, trinken, Frauen nachstellen, alberne Wettstreite austragen. Er hätte bei seiner Familie sein müssen, die ihn liebte, ganz gleich, was geschah. Doch das war ihm genommen worden, bis er nicht einmal mehr imstande war, sich zurückzulehnen und in der Freude zu sonnen, die Ledas und Hunters Zuhause erfüllte.
»Tain? Alles in Ordnung?«
Erst jetzt bemerkte er, dass sein Bruder direkt vor ihm stand und ihn besorgt ansah. Sie befanden sich in der Einfahrt, aus der das Taxi gerade auf die Straße zurückbog.
»Bestens«, hörte Tain sich wie aus weiter Ferne sagen. »Der Fahrer sollte doch auf mich warten. Ich bin nur kurz vorbeigekommen, um zu fragen, ob ihr etwas über die Dämonenjäger wisst.«
»Leda hat gesagt, ich soll den Wagen wegschicken, weil du zum Abendessen bleibst. Hast du sie denn nicht gehört?«
»Nein.«
Hunter runzelte die Stirn, und Tain sah ihm an, wie sehr es den starken Mann wurmte, dass er nicht alles richten konnte. »Es holt dich immer noch ein.«
»Das wird es immer. Ich finde mich damit ab.«
»Aber ich nicht, verdammt!«, knurrte Hunter. »Ich habe dich nicht vor dem Dämon gerettet, um dich gleich wieder zu verlieren!«
»Ihr habt mich ihm entrissen, und jetzt bin ich frei. Mit der Zeit wird sich auch mein Verstand daran gewöhnen.«
Hunter senkte
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