Dunkle Gefährtin
Gesichtern und den Hörnern absah.
Tain war nicht vertraut genug mit ihnen, um zu sagen, welches die Lamiah-Clanmitglieder waren und welches die Angreifer. Er kannte den Unterschied zwischen einem ewigen Dämon und den niederen, sonst nichts. Die niederen Dämonen hatten sich zu komplizierten Clans mit ihrerseits komplizierten Machtstrukturen zusammengefunden. All das geschah während der siebenhundert Jahre, die er in Gefangenschaft verbrachte, und jetzt war die Welt weit weniger klar.
Natürlich könnte er alle Dämonen auf einen Schlag töten, was auch die Matriarchin gewusst und sogar angedeutet hatte. Sonst hätte sie ihm nicht die kleine Falle gestellt. Aber sie vertraute auch darauf, dass er es nicht tat. Sie hatte neugierig abgewartet, wie er sich verhalten würde, und er hatte ihr gezeigt, dass er kein heilloses Gemetzel inszenierte.
Das Problem war, dass Tain nicht wusste, ob er diese Selbstbeherrschung durchhielt. Viel zu groß war die Versuchung, seine Hand zu heben und sämtliche Dämonen hier zu vernichten, und er musste mehrmals tief durchatmen, um gegen diesen Drang anzukämpfen.
Währenddessen beobachtete Samantha ihn, die darauf wartete, dass er ein Wunder vollbrachte. Tain zog sein zweites Schwert, legte die Klingen aneinander und zeigte mit den Spitzen auf das Haus. Lebensmagie floss aus den Schwertern zur Villa und umfing sie vollständig. Er gab der Magie ein, sie solle beschützend, nicht zerstörend wirken. Ein blauer Lichtschimmer umflirrte das Haus und schleuderte alle Angreifer zurück, die ihm auch nur nahe kamen.
Den Verteidigern drinnen gefiel es allerdings auch nicht sonderlich. Er hörte, wie sie schrien: »Wir sind gefangen!« Und: »Das ist Lebensmagie – mir wird schlecht!« Ungerührt drehte Tain sich um und ging weg. Lieber sollten sie ein bisschen Übelkeit aushalten, als dass Samanthas Leute samt und sonders in Stücke gehackt wurden.
Samantha selbst starrte ihn wie gebannt an. Ihr Gesicht wirkte im Flutlicht, das sich mit dem des brennenden Trucks mischte, ein bisschen schlierig. »Wenn ich das doch könnte!«, hauchte sie.
Dann aber lächelte sie ihn an, und es war ein so warmes Lächeln, dass er sich unwillkürlich daran erinnerte, wie er sie geküsst hatte. Er wollte sie wieder an sich reißen, sie küssen und es einfach genießen.
Die angreifenden Dämonen blickten sich nach der Quelle der Magie um und machten Tain und Samantha schnell aus. Einer in Menschengestalt, dessen Gesicht fast fein geschnitten und schön war, richtete sein Schnellfeuergewehr auf sie. »Wer seid ihr?«, fragte er zornig.
»Ich beschütze sie«, antwortete Tain ruhig.
»Das ist unser Kampf«, zischte er. »Halt dich da raus!«
Tain nahm schweigend seine Schwerter herunter, aber das blaue Licht um das Haus blieb. Es würde so lange bleiben, bis er entschied, dass es verschwand.
Der Dämon japste vor Wut, reckte seine Waffe in die Höhe und feuerte. Samantha warf sich zu Boden, aber Tain hob einfach eine Hand, und die Kugeln flogen zu beiden Seiten an ihnen vorbei.
Das schmutzige Gesicht des Angreifers wurde kreidebleich. »Was zur Hölle bist du denn?«
»Ein Beschützer«, antwortete Tain.
»Seit wann?«
»Seit immer.«
Der Dämon stieß einen ganzen Schwall an Obszönitäten aus und schrie seine Leute an, sie sollten Tain und Samantha umstellen.
Du kannst sie leicht alle töten
, flüsterte die Stimme in Tain.
Er wusste genau, wie er es tun könnte, wie er seine Hand hob und eine Welle reinsten Todes über sie entließ. Sie wären sofort hinüber, leblos, und alles wäre still.
Dann aber wäre Samantha entsetzt, und sie würde sich von ihm zurückziehen. Er verlöre alles, was sie ihm seit jenem Tag in Seattle gegeben hatte, als sie sich ihm trotzig entgegenstellte. Auch da hatte sie Angst gehabt und war sicher gewesen, dass sie sterben würde; trotzdem bot sie ihm Paroli und sagte ihm auf den Kopf zu, was sie von ihm hielt.
Die Dunkelheit in ihm schrie weiter, forderte ihn auf, Samantha zu vergessen und zuzuschlagen.
Das sind Dämonen, und sie sollen sterben!
Samantha rappelte sich hoch. »Ein Diplomat ist an dir jedenfalls nicht verloren gegangen«, murmelte sie. »Was jetzt?«
Tain legte einen Arm um ihre Taille und zog sie neben sich. Die Stimme in seinem Kopf drängte er so weit weg wie möglich und konzentrierte sich auf die Gerüche der Nacht und auf Samantha. »Warum nimmst du sie nicht fest?«
»Sehr witzig! Wie holst du uns hier heraus?«
Tain wandte sich zu dem
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