Dunkle Gefährtin
zuerst Verstärkung anfordern«, wiederholte sie. »Und dann würde ich Ihnen Handschellen anlegen und Sie über Ihre Rechte aufklären.«
Samantha wusste, dass sie die schmale Frau herumdrehen, gegen die Wand drücken und schnell in Handschellen legen könnte. Das hatte sie schon mit doppelt so kräftigen Männern gemacht, die gefesselt gewesen waren, ehe sie begriffen, wie ihnen geschah.
Magisch konnte sie allerdings nichts gegen sie ausrichten, und sie vermutete, dass es hier hauptsächlich um Magie ging. Vor allem aber wollte die Matriarchin ihre Entschlossenheit testen, und Samantha war nicht gewillt, einen Rückzieher zu machen, egal, was passierte.
Die Matriarchin ließ sie bis auf einen guten halben Meter herankommen. Dann schleuderte sie ihr und Fulton ihre Todesmagie entgegen: von der übelsten Sorte, zum Töten gedacht.
Nur erreichte sie die beiden nie. Sobald der finstere Strahl erschien, schlug Tains Magie ihn mit einem gleißenden Blitz beiseite und zerquetschte ihn zu nichts.
Alles ging so schnell, dass Samantha kaum ins Licht blinzeln konnte, bevor es wieder fort war und Stille einkehrte. Schwefelgeruch
mischte sich mit dem sauren Gestank von verbranntem Draht, doch auch dieser war gleich darauf verschwunden.
Tain hatte sich nicht einmal bewegt. Sein Blick begegnete Samanthas, und angesichts der Kraft darin zuckte sie zusammen. Sie hatte diesen Mann in ihren Wagen gelassen, in ihre Wohnung, war bereit gewesen, ihn sogar mit in ihr Bett zu nehmen. Wie sanft er gewesen war, als er sie küsste! Hingegen strahlte er jetzt nichts als gefährliche Brutalität aus.
Er könnte tatsächlich einen ganzen Raum auslöschen, indem er nur mit dem kleinen Finger zuckt.
Sie erschauderte.
Die Matriarchin schüttelte ihre Hand, als hätte etwas sie gestochen, lächelte aber. »Ich habe mich gefragt, was Sie tun würden«, sagte sie zu Tain. »Was liegt Ihnen an ihr?«
Tain sah zur Matriarchin, und Samantha bemerkte zufrieden, dass auch sie zusammenzuckte. »Sie hat mir das Leben gerettet«, antwortete Tain. »Ich schulde ihr meinen Schutz.«
»Obwohl sie eine Dämonin ist?«, fragte die Matriarchin. »Nachdem Sie siebenhundert Jahre von einem Dämon versklavt wurden?«
»Ja«, antwortete Tain ruhig.
»Das dachte ich mir.« Die Matriarchin klang sehr selbstgefällig. »Danke für eine höchst erhellende Demonstration, Samantha.«
Mit klopfendem Herzen folgte Samantha den Wachen aus der Villa der Matriarchin. Tain war unmittelbar hinter ihr, und seine
Schritte donnerten laut in der Stille.
Die Matriarchin hatte darauf bestanden, dass Fulton noch blieb, und als Samantha ihren Unmut äußerte, hatte sie ihr lächelnd erklärt, sie wäre für heute mit der Einschüchterung fertig und müsste ihn in Clan-Angelegenheiten sprechen.
Darauf hatte Fulton Samantha kurz umarmt und ihr zugeraunt: »Sag deiner Mutter, dass es spät wird.«
Dieselben Wachen wie vorhin erwarteten Tain und Samantha draußen, um sie zum Fahrstuhl, nach oben und hinaus zu bringen.
Während sie sich im Untergeschoss aufhielten, war es vollständig dunkel geworden, und nun waren Haus und Garten in Flutlicht getaucht. Die Wachen eskortierten sie an Fultons Wagen vorbei bis zum Tor. Den ganzen Weg über hatte Tain seine Hand auf Samanthas Rücken. Einer der Wächter im Torhaus rief ihnen ein Taxi.
»Sie schuldet mir Taxigeld«, murmelte Samantha, als sie an den Straßenrand gingen, um dort zu warten.
Ihre Waffen – Samanthas Pistole und Tains Schwerter – hatten sie wiederbekommen, und wie es aussah, waren die Wächter richtig froh, sie loszuwerden, steckten sie doch voller Lebensmagie. Nun rollten sie hinter ihnen das Eisentor zu.
»Sie manipuliert gern«, stellte Tain fest. »Das ist Teil ihrer Macht.«
»Wie mir auffiel, hast du nicht allzu viel gesagt.« Samantha verschränkte ihre Arme vor dem leuchtend blauen Kleid. »Ich habe dieses verdammte Kleid für nichts und wieder nichts ausgeliehen!«
»Das würde ich nicht meinen.«
Tain ließ den Blick über sie wandern, und ihr wurde so warm, als glitte seine Hand über die edle Seide.
»Was glaubst du, weshalb sie uns empfangen hat?«, fragte Samantha leise.
»Um mehr über dich zu erfahren – und über mich. Also fand ich, dass sie ruhig sehen sollte, was sie wissen muss.«
»Ohne etwas von dir preiszugeben, stimmt’s?«
»Ja, ihr gegenüber jedenfalls.«
»Nicht bloß ihr gegenüber«, murmelte Samantha.
Wieder sah er sie an, und im Flutlicht wirkten seine Augen
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