Dunkle Gefährtin
dunkelblau. Verdammt, wie schön er war! Die schwarze Jacke betonte seine breiten Schultern und seine schmale Hüfte. Darunter hielt ein gekreuzter Ledergürtel auf dem weißen Hemd seine Schwerter. Sie und sein Kilt ließen ihn wie einen schottischen Krieger aus alten Zeiten aussehen, von dem jede junge Maid sich erträumte, dass er für sie kämpfen möge. Keine Frage: Bei ihm hatten die Göttinnen ganze Arbeit geleistet.
»Es ist besser, wenn ich nichts von mir preisgebe«, sagte er.
»Besser für wen?«
»Für alle. Du hast gesehen, wie ich kurz davor war, die Kontrolle wieder zu verlieren – ich weiß, dass du es bemerkt hast. Die Götter allein wissen, was geschieht, wenn es tatsächlich passiert. Deshalb ist es besser, dass ich mich zurücknehme, meinst du nicht?«
Er sprach so fest und unbeteiligt wie meistens, doch da war etwas in seinem Blick: eine Einsamkeit, die so tief ging und so schmerzlich war, dass es Samantha beinahe das Herz brach. Siebenhundert Jahre lang war er allein gewesen, abgeschnitten von allem, was er kannte und liebte, und nun war er zwar frei, wusste jedoch nicht, wie er wiederfinden könnte, was er liebte. Alles hatte sich verändert, alles Frühere war fort.
Er tat ihr leid, und es schmerzte sie noch mehr zu wissen, dass er ihr Mitgefühl ebenso wenig wollte wie ihre Zuneigung. »Was ist mit diesem Ravenscroft?«, fragte sie. »Soll das nicht eine Art Walhalla sein, in der einem nichts weh tun kann?«
»Ich war einige Zeit dort, und es half. Aber ich kann mich nicht ewig verstecken, meine Wunden lecken und jammern. Lieber stelle ich mich meinem Schmerz und versuch, wiedergutzumachen, was ich getan habe.«
»Ich schätze, das ist ein Argument.«
»Würdest du dich vor dir selbst verstecken? Ich glaube nicht.« Er berührte ihre Wange, ganz kurz nur, ähnlich wie bei dem Brand.
»Ich möchte dir helfen.«
»Du bist dämonisch.« Sein Finger streifte ihre Lippen. »Das zieht mich an. Gerade vor dir sollte ich zurückschrecken.«
»Ich habe dir doch gesagt, dass ich keine Blendzauber benutze. Halbdämonen … warum weißt du das nicht?«
»In meinem alten Leben kannte ich keine Halbdämonen. Die meisten wurden bei der Geburt getötet.«
»Ach, wie nett!«
»Die Welt ist heute anders.«
»Und ich danke den Göttinnen dafür. Es ist kein Blendzauber, Tain. Ich besitze nicht einmal ein Zehntel so viel Magie wie die Matriarchin da drinnen oder mein eigener Vater.«
»Das ist unerheblich. Du verwirrst mich innerlich, so dass ich nachts nur noch von dir träume.«
Sie war sicher, dass sich jede Frau auf der Welt wünschte, ein Mann mit einem phantastischen Körper in einem Kilt würde ihr sagen, er träumte von ihr. »Ach ja?«
»Ich schlafe ein, und dann bist du neben mir.«
»Sehe ich dann wie eine Dämonin aus?«, fragte sie.
»Du siehst aus wie jetzt, aber deine Augen ziehen mich an, und dein Haar ist wie Seide auf meiner Schulter.«
Seine Stimme wurde sanft, wobei sein walisischer Akzent stärker durchklang, und sein heißer Atem wehte über ihre Wange. »Ich schätze, dann trage ich nicht dieses schreckliche Kleid.«
»Du bist für mich entblößt. Und ich begehre dich. Ich begehre dich so sehr, dass ich innerlich und äußerlich brenne.«
»Ich hoffe, der Traum geht gut aus.«
»Ich nehme dich. Und ich nehme dich abermals, die ganze Nacht hindurch. In dir werde ich lebendiger, als ich es seit Jahrhunderten war.«
Sie bekam keine Luft mehr. Das Blut in ihren Adern schien zu kochen, und zwischen den Beinen wurde ihr geradezu schmerzlich heiß. Wieder erinnerte sie sich an den Kuss, wie weich und verführerisch seine Lippen waren, und sie wollte auf der Stelle dahinschmelzen.
»Aber dann wache ich auf, und du bist fort«, endete Tain. »Du warst nie da.«
Sein matter Tonfall war herzzerreißend, und zugleich gab er Samantha einen Funken Hoffnung. »Ich habe mich neulich Abend lächerlich gemacht, als ich dich bat zu bleiben«, sagte sie vorsichtig.
»Wäre ich geblieben, hätte ich keine Geduld gehabt und dir vielleicht weh getan. Im Traum kann ich tun, was ich will, aber in der Wirklichkeit …«
Ihr Herz raste. »Ich bin kein sonderlich zartes Geschöpf. Schon vergessen, dass ich ein Cop bin? Wir absolvieren ein ziemlich hartes Training, von den zusätzlichen Drills für die Paranormale ganz zu schweigen. Einen Vampir im Blutrausch zu verhaften ist nicht direkt dasselbe, als würde man einen unachtsamen Fußgänger verwarnen – es sei denn, es ist ein
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