Dunkle Gefährtin
beiden Firmen notiert, die hier gewesen waren, um das Sicherheitssystem zu reparieren und Torhaus sowie Tor wieder aufzubauen. Sollte der Täter sich allerdings über sie Zugang verschafft haben, dürfte er längst über alle Berge sein.
Die Hausdame Ariadne, die Samantha als steif und kühl wie die Matriarchin in Erinnerung hatte, kam herein. Sie weigerte sich, Platz zu nehmen, also stand Samantha auch auf.
Ariadne wiederholte die Geschichte, wie sie an die Schlafzimmertür geklopft, sie dann aufgeschlossen und die Matriarchin tot vorgefunden hatte. Anschließend zählte sie auf, was tagsüber geschehen, wer wann ins Haus gekommen und wann wieder gegangen war. Die Handwerker waren mit Ausnahme von denen, die Kabel im Keller überprüfen mussten, draußen geblieben. Und die Elektriker waren durch eine Außentür auf der Rückseite der Villa hinein- und hinausgegangen.
Samantha nickte und schrieb alles auf. Schließlich legte sie den Stift hin und sah Ariadne genauso ruhig und selbstbewusst an wie diese sie. »Jemand versucht mir weiszumachen, dass die Matriarchin vorhatte, mich als ihre Nachfolgerin anzulernen.«
Ariadne schürzte die schmalen Lippen. »Das hatte sie.«
»Warum? Sie mochte mich nicht.«
»Nein, das tat sie nicht«, bestätigte Ariadne in einem Ton, als ginge es ihr nicht anders. »Sie hielt Sie für respektlos, zu sehr von sich eingenommen und viel zu modern in Ihren Ansichten. Aber sie glaubte auch, dass das gute Charaktereigenschaften für eine Matriarchin seien. Sie plante, sich für einige Zeit zurückzuziehen.«
»Und wie genau hätte das gehen sollen? Sie wollte mich ja nicht einmal in den Clan aufnehmen.«
Ariadne faltete die Hände vor ihrem Bauch. »Eine Matriarchin kann sich aussuchen, welche Frau sie ersetzen soll. Die Oberhäupter der mächtigsten Familien im Clan müssen jedoch zustimmen. Wenn die Matriarchin stirbt und keine Kandidatin feststeht, schlagen die Familien jeweils eine vor, die sie für die beste Nachfolgerin halten.«
»Und dann wird abgestimmt?«
»Manchmal. Manchmal kämpfen sie auch, und die Überlebende wird zur Nachfolgerin.«
Samantha wurde blass. »Aha.«
»Die Matriarchin muss stark genug sein, um ihren Clan zu verteidigen«, erklärte Ariadne spitz.
»Diese starb, ohne die Chance zu haben, sich in ihre Dämonenform zurückzuwandeln.«
Ariadne nickte. »Was höchst verdächtig ist, finden Sie nicht?«
Natürlich war es höchst verdächtig. Deshalb ermittelten sie ja auch. Samantha zeigte ihre Verärgerung nicht und fragte die Hausdame, ob am Tag irgendetwas Außergewöhnliches vorgefallen wäre.
»Abgesehen von den Reparaturen am Tor und dem Sicherheitssystem, nein.«
»Warum bat die Matriarchin meinen Vater am Abend des Angriffs, länger zu bleiben?«, fragte Samantha.
»Das weiß ich nicht«, antwortete Ariadne gereizt. »Fragen Sie lieber ihn.«
Samantha biss die Zähne zusammen und sagte nichts dazu. Stattdessen stellte sie noch ein paar Fragen, wer sich in der Stunde, während der die Matriarchin in ihrem Zimmer gewesen war, wo aufgehalten und was getan hatte. Soweit Ariadne wusste, hatten die meisten der Angestellten sich in der Küche oder im Esszimmer aufgehalten, um das Abendessen vorzubereiten. Einige hatten auch den Abend frei gehabt. Ariadne selbst hatte ein paar Anrufe in ihrem Büro erledigt und war dann heruntergefahren, um die Matriarchin zu holen.
Womit einzig Ariadne in der fraglichen Zeit allein gewesen war. Samantha musste also wissen, wen sie angerufen hatte und wie lange die Gespräche jeweils dauerten.
»Hatte die Matriarchin …« Sie brach ab, weil sie nach dem richtigen Wort suchte. Die Matriarchin war Logans Notizen zufolge Witwe gewesen, aber nach
einem Freund
zu fragen, schien Samantha bei einer Frau wie ihr unangemessen.
»Eine Beziehung?«, half Ariadne ihr. »Selbstverständlich.«
Samantha nahm ihren Stift wieder auf. »Wie heißt er, und wo wohnt er?«
»
Sie
ist zurzeit auf einer Tagung in San Diego.«
Samantha ließ sich ihre Verwunderung nicht anmerken und schrieb den Namen auf. »Wir müssen sie erreichen.«
»Darum habe ich mich schon gekümmert.«
Natürlich.
Ariadne war eine der kältesten Frauen, denen Samantha je begegnet war, und das schloss die Matriarchin mit ein. Die Hausdame war ihre rechte Hand gewesen, und nun wurde sie arbeitslos.
Samantha entließ sie, worauf Ariadne beinahe grußlos aus dem Zimmer ging. Kaum war sie fort, sank Samantha seufzend auf den Stuhl.
Tain kam herein und
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