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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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haben May Lynn nie besucht, wenn er daheim war.«
    »Ja, aber sie werden es trotzdem bald herausfinden. Don weiß, mit wem du dich herumtreibst, und er kann Terry nicht leiden.«
    »Wohl wahr. Aber was er erzählt hat, stimmt so nicht.«
    »Habt ihr Geld gestohlen?«
    »Wir haben gestohlenes Geld gestohlen.«
    »Diebstahl ist Diebstahl«, sagte Mama.
    »Das weiß ich, aber wenn ich ehrlich bin – ich kann damit leben.«
    Sie widersprach mir nicht, sondern saß nur da und wartete, dass ich weitersprach, also erzählte ich ihr alles, auch von der Leiche unter dem Geld und wer das war. Ich erzählte ihr, dass Cletushinter Jinx hergerannt war und sie geschlagen hatte, und wie wir ihr geholfen hatten. Ich erzählte ihr, dass wir May Lynn ausgraben wollten, wenn in den nächsten Stunden nicht irgendwas passierte, das uns davon abhielt.
    Mama saß eine ganze Weile schweigend da. »Eine Leiche?«, fragte sie schließlich.
    »Ja, Ma’am.
    »Ich bin so schwach«, erwiderte sie, und einen Moment lang dachte ich, sie würde von dem Stamm runterrutschen.
    »Tut mir leid, Mama. Ich hab ein paar Sachen zu dir gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen, und jetzt bin ich ein Dieb und bald auch noch ein Grabräuber.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin nicht schwach, weil du was getan hast. Daran bin ich ganz allein selber schuld. So viel im Bett herumzuliegen hat mir auch nicht eben gut getan. Ich hätte Brian nie verlassen sollen.«
    »Du hast ihn beschützt.«
    Wieder schüttelte sie den Kopf. »Ich habe geglaubt, ich wäre nicht gut genug für ihn. Wenn man meiner Mama glaubt, war ich noch nie für irgendwas gut genug, aber als ich Brian kennenlernte, dachte ich für kurze Zeit, ich würde vielleicht etwas taugen. Dann, als ich schwanger wurde, kam ich mir richtig mies vor, irgendwie schmutzig. Ich wollte das Brian nicht antun. Aber vor allem dachte ich, ich wäre schwanger geworden, weil der Herr mir vor Augen führen wollte, wer ich war, und weil ich bestraft wurde, und weil ich es verdient hatte, mein Leben lang unglücklich zu sein.«
    »Danke«, sagte ich.
    »So hab ich es nicht gemeint, mein Schatz. Ich bin erst heute Morgen zu dem Schluss gekommen, dass ein liebender Gott so was nicht tun würde und dass er mich nicht bestraft. Ich bestrafe mich selbst. Als ich gelauscht habe, wie sich die Männer unterhielten, hat Don gesagt, ihm wäre es egal, was mit dir passiert.Das sagte er, nachdem Cletus ihm versprochen hat, dass Don und Gene einen Anteil bekommen würden, wenn er sein Geld wiederhätte. Er hat jedem von ihnen fünfzig Dollar geboten, aber Don hat ihn auf fünfundsiebzig hochgehandelt. Cletus sagte, wenn sie ihm nicht helfen, dich zu finden, würde er den Farbigen anheuern, der im Wald lebt.«
    »Skunk?«
    »Ja. Skunk.«
    »Es gibt keinen Skunk.«
    »Da habe ich was anderes gehört«, sagte sie.
    Mama glaubte auch an Vorzeichen und Engel und Gespenster, also nahm ich ihre Meinung nicht weiter ernst.
    »Fünfundsiebzig für jeden, was?«
    »Das hat Cletus ihnen jedenfalls geboten.«
    »Wenn man bedenkt, dass es rund tausend Dollar sind, ist das ziemlich knausrig. Aber immerhin weiß ich jetzt, was ich wert bin, zusammen mit Jinx und Terry. Hat Cletus erwähnt, dass das Geld geklaut ist und dass darunter eine Leiche in einem teuren Anzug lag?«
    »Das hat er nicht.«
    »Tja, ich denke mal, dass die beiden mich für hundertfünfzig Dollar verraten haben, ist immer noch besser, als wenn Don und Gene es umsonst getan hätten. Was man für eine Stieftochter eben so kriegt. Ich frage mich, was sie für ihre Blutsverwandten verlangen würden.«
    »Heutzutage ist das eine Menge Geld«, sagte sie.
    Ich starrte sie an.
    »Damit wollte ich nicht sagen, dass er im Recht ist. Ich mein ja nur.«
    »Du gehst besser zurück, bevor sie dich vermissen. Ich muss Terry und Jinx warnen.«
    »Ich geh nicht zurück. Ich geh mit euch«, sagte Mama.
    »Wirklich?«
    »Deshalb hab ich auch den Beutel dabei. Mit Sachen für uns beide. Ich hab sogar dein gutes Kleid und die Schuhe eingepackt.«
    »Gott seid Dank! Hoffentlich hast du auch die Kommode aus meinem Zimmer dabei. Die mit dem Spiegel.«
    »Vielleicht brauchst du das Kleid unterwegs. Man weiß nie, wem man begegnet.«
    »Wenn du dich uns anschließt, bist du auch eine Diebin.«
    »Dann sind wir es eben alle miteinander«, erwiderte sie. »Weißt du, Sue Ellen, als die Wirkung des Allheilmittels heute nachgelassen hat, hab ich von einem großen schwarzen Pferd geträumt, dass

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