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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Fauchen wurde ein lautes Brausen; die Hitze hätte mir fast die Augenbrauen versengt. Flammen loderten empor und leckten mit blauen und gelben Zungen an der Decke des Brennofens, und ich fing sofort an zu schwitzen.
    »Wir müssen ein bisschen warten«, sagte Terry und schloss die Tür, also setzten wir uns auf die Ziegelstapel. »Ich muss den Ofen ordentlich aufheizen. Damit sie ganz schnell zu Asche verbrennt, mit den Knochen und allem.«
    Ich weiß nicht, wie lange wir gewartet haben, aber ich weiß, dass ich die ganze Zeit nervös war. Ich hatte Angst, dass der Constable und Don und Gene reingestürzt kommen würden, aber nichts geschah.
    Schließlich stand Terry auf, zog seine Handschuhe an, die er sich in den Gürtel gesteckt hatte, und öffnete die Tür; die Flammen im Ofen zuckten und tanzten. Mit den Handschuhen und der Schaufel hoben wir die Plane, in die May Lynns Leiche eingeschlagen waren, zusammen mit dem abgebrochenen Arm und dem dunklen Stück, von dem wir nicht wussten, was es war, aus der Schubkarre. Gemeinsam trugen wir die Plane zu dem offenen Brennofen, steckten die Leiche mit den Füßen voraus rein und gaben ihr einen Schubs. Die Flammen fielen sofort über sie her. Sie leckten an der Plane, als hätten sie Hunger. Terry knallte die Tür zu und sah uns an. Sein Gesicht war von Schweißperlen bedeckt, und er sah aus, als wüsste er nicht so recht, wo er war.
    »Jemand sollte was sagen«, sagte er.
    »Ich find’s furchtbar heiß hier«, sagte Jinx.
    »Was anderes.«
    »Lebe wohl, May Lynn«, sagte ich. »Du warst eine gute Freundin,bis wir dich irgendwann nicht mehr so oft gesehen haben, und dafür hattest du wohl deine Gründe. Wir danken dir für die Karte und das gestohlene Geld, das uns hilft, von hier abzuhauen. Ich hoffe, dass du nicht so sehr gelitten hast, bevor du gestorben bist. Ich hoffe, es ging schnell.«
    »Das hoffe ich auch«, sagte Terry und stieß einen erstickten Laut aus. »Und jetzt gehst du nach Hollywood, May Lynn.«
    Wir schoben die Schubkarre zurück zum Friedhof und schaufelten May Lynns Grab wieder zu. Dann luden wir unsere Siebensachen mitsamt der Schaufel auf die Karre und zogen los. Der Friedhof befand sich auf dem Weg runter in die Flussauen, also war es am besten gewesen, alles hierzulassen. Terry hatte auf einem seiner früheren Ausflüge das Geld in einem Schmalzkübel in der Nähe von May Lynns Grab verscharrt. Jetzt grub er es wieder aus, und wir luden es zu dem ganzen Rest auf die Schubkarre, wo es direkt neben einem zugeklebten Pappkarton zu liegen kam, den wir aus der Ziegelei mitgenommen und in den wir May Lynns Asche reingetan hatten.
    Während wir den Wald durchquerten, ganz in der Nähe, wo unser Boot war und wo meine Mama wartete, rückte ich mit der Wahrheit raus. »Mama hat mir nicht nur erzählt, dass Cletus bei uns vorm Haus wartet, sie kommt auch mit uns.«
    »Wie bitte?«, sagte Jinx.
    Inzwischen hatten wir eine kleine Anhöhe erreicht und konnten Mama im Mondlicht auf dem Baumstamm sitzen sehen. Sie wandte sich um und sah uns und unserer quietschenden Schubkarre entgegen.
    »Hast du nicht erzählt, sie liegt die ganze Zeit zugedröhnt im Bett?«, fragte Jinx.
    »Nicht immer«, erwiderte ich.
    »Na schön. Aber irgendwie sind wir jetzt ganz schön viele.«Nachdem wir das Boot beladen und die Schubkarre im Fluss versenkt hatten, schnitt Terry mit einer Axt, die er aus seiner Tasche holte, drei lange Stangen. Wir legten sie quer aufs Boot, sodass sie rechts und links überstanden; dann stiegen wir ein, und Jinx hielt sie fest, während ich und Terry flussabwärts zum Floß paddelten. Mama schöpfte mit der Kaffeekanne Wasser.
    »Das hat eine ganze Weile gedauert«, sagte sie. »Ich dachte schon, ihr wärt ohne mich los.«
    »Wir mussten erst noch May Lynn verbrennen«, sagte ich.
    »Ihr habt das wirklich getan?«
    »In einem Ziegelbrennofen«, sagte Terry.
    »Yeah«, fügte Jinx hinzu. »Wir haben sie hier irgendwo in einem Pappkarton.«
    »Du meine Güte.«
    Als wir das Floß erreichten, oder von mir aus die Schaluppe, luden wir alles um. Das war auch gut so, denn in dem Boot war kaum noch Platz gewesen, und das Wasser strömte immer schneller durch das Leck rein, obwohl Mama so schnell schöpfte wie eine Windmühle bei Sturm. Wir nahmen die Paddel und schoben das Boot weg vom Floß; während es von uns forttrieb, stieg das Wasser darin immer höher.
    Nachdem wir uns einigermaßen eingerichtet hatten, nahm Terry die Axt und machte sich daran, das

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