Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
Vom Netzwerk:
mit erhobener Faust auf Terry stürzen, doch da sah er das Geld. »Das gehört mir!«, rief er.
    Jinx, die sich herumgewälzt und Terrys Stock gepackt hatte, holte aus und schlug zu. Der Schlag hatte es in sich. Ich hörte den Stock durch die Luft pfeifen; es klang wie eine Eule, die Jagd auf eine Maus macht. Der Schlag erwischte Cletus am Hinterkopf. Sein Kopf hüpfte, als würde er ihm gleich vom Hals fallen. Er beugte sich vor, schüttelte sich, und wieder sauste der Stock herab. Mannomann, was für ein Schlag! Das konnte man bestimmt noch in Gladewater hören. Cletus stieß ein Bellen aus wie ein erschrockener Hund und rollte von Terry runter.
    Jinx sprang auf seinen Rücken und drosch wie wild auf ihn ein. Ich rannte zu ihr, packte sie und drückte sie und den Stock an mich. Sie fing an zu fluchen und zappelte wütend.
    »Du bringst ihn noch um«, sagte ich.
    »Das will ich ja auch!«
    Ich riss sie hoch und fiel rücklings zu Boden. Jinx landete direkt auf mir drauf.
    Terry ging zu Cletus und starrte ihn an. »Der ist erst mal weg vom Fenster«, sagte er.
    »Hoffentlich ist er tot«, sagte Jinx, die sich immer noch aus meinem Griff zu befreien versuchte. »Schimpft mich Nigger, stört mich aufm Klo, schlägt mir auf den Kopf und tunkt mich unter Wasser. Verdammter Scheißkerl! Ich will nie wieder von irgendjemand Nigger genannt werden. Ich hab das so was von satt. Ich hasse diese Gegend. Ich hasse diese Gegend!«
    »Jinx«, sagte ich. »Es reicht. Du hast ihn genug geschlagen.«
    »Und wenn er aufwacht?«
    »Dann kannst du weitermachen.«
    »Also gut, lass mich endlich los.«
    Ich ließ sie los, und sie sprang auf und holte sofort wieder mit dem Stock aus. Terry packte sie am Arm. »Jinx, lass gut sein. Er ist nur ein alter Narr.«
    »Das Geld gehört genauso uns wie ihm«, sagte Jinx und versuchte sich loszureißen. »Ist doch egal, wer’s als Erstes geklaut hat. Er hat ja nicht mal gewusst, wo’s war. Wir haben das rausgekriegt und es ausgegraben.«
    Ich trat hinter sie und half Terry, sie festzuhalten, und nach einer Weile beruhigte sie sich ein wenig und atmete wieder etwas flacher.
    Terry ließ sie los, nahm ihr aber erst den Stock weg. »Los, sammeln wir das Geld ein, bevor er aufwacht und Jinx noch zur Mörderin wird«, sagte er.
    Wir stopften das Geld in den Beutel zurück, und bevor wir uns auf die Socken machten, trat Jinx Cletus gegen den Kopf, so fest sie konnte. Wir mussten sie wegziehen und am Ufer hinter uns herzerren, während sie in einem fort Verwünschungen ausstieß und mit den Armen und Beinen zappelte wie ein Tausendfüßler auf einem heißen Stein.

10
    Der Sabine River ist lang, aber da, wo ich herkomme, ist er nicht besonders breit. Im Unterschied zum Mississippi, wo es von einem Ufer zum anderen manchmal eine ganze Meile ist. Der Sabine ist ein brauner Wasserlauf, der sich zwischen Erdwällen hindurchschlängelt, unter Bäumen hindurch, die ihren Schatten auf ihn werfen. An manchen Stellen ist er tief, an den meisten jedoch nicht, aber er führt genug Wasser, damit Boote darauf fahren und auch untergehen können. Und es reicht auch, um drin zu ertrinken. Der Sabine ist ein finsterer alter Fluss, ein Königreich der Schlangen, vor allem der Wassermokassinotter, einem armdicken, angriffslustigen Tier mit spitzem Schwanz. Daran musste ich denken, als wir auf der anderen Seite anlegten und das lecke Boot an Land und unter eine Trauerweide schleiften.
    Wir mussten völlig neue Pläne schmieden. Uns blieb nicht viel Zeit, um von hier zu verschwinden. Ich war mir unsicher, was aus der Idee geworden war, May Lynns Leiche zu verbrennen, aber Terry, von dem ich geglaubt hatte, dass er ihr nicht besonders nahestand, hatte sich das alles heftigst zu Herzen genommen; ihr Tod schien ihn am meisten zu treffen, das hatte sie einfach nicht verdient gehabt! Mir ging er auch noch unter die Haut, aber ich wusste nicht, wie ich das, was geschehen war, wiedergutmachen sollte. Schließlich hatte ich keine Ahnung, wer sie umgebracht hatte, und wenn doch, wie hätte ich die Täter kriegensollen? Auch Jinx hatte May Lynn gemocht, aber sie sah alles eher praktisch, jedenfalls kam es mir so vor. Tot war tot, und das war traurig, und es machte ihr auch zu schaffen, aber wenn sie es irgendwie vermeiden konnte, würde sie sich keine Gedanken darüber machen, ob wir May Lynn nun verbrennen und irgendwohin schleppen sollten. Das war Terrys Angelegenheit.
    Wir beschlossen, dass Terry den Beutel mit der Beute behalten

Weitere Kostenlose Bücher