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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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wollte nicht, dass sie merkt, dass sie mirgefällt. Ich möchte von niemandem manipuliert werden. Egal von wem.«
    Bevor ich das alles verarbeiten konnte, kam ein Mann aus dem Haus. Er stapfte im Mondschein zu dem Klohäuschen rüber; er hatte einen zerbeulten Hut auf, trug eine Latzhose und ausgelatschte Schuhe mit offenen Schnürsenkeln. Damit sah er aus wie eine Vogelscheuche, die von ihrem Pfosten runtergeklettert war.
    »Das ist Cletus«, sagte ich, weil ich wusste, dass Terry ihm noch nie begegnet war.
    Wir standen auf, hielten uns aber im Halbdunkel unter dem Baum. So hell wie die Nacht war, hätte er uns trotzdem gesehen, wenn er in unsere Richtung geschaut hätte. Aber er hielt den Kopf gesenkt und lief ziemlich schnell. Offenbar hatte er etwas Dringendes vor.
    Er erreichte das Klohäuschen und zerrte an der Tür, die nicht aufging. Jinx hatte innen den Riegel vorgeschoben. Lange würde der nicht halten, wenn jemand unbedingt da rein wollte; er diente mehr als freundliche Erinnerung, dass besetzt war.
    May Lynns alter Herr trat einen Schritt zurück und glotzte das Klohäuschen an, als hätte er es noch nie gesehen. »Wer ist da drin?«
    »Ich war grad in der Nähe«, erwiderte Jinx. »Gleich fertig!«
    »Ist das da drin ein Nigger?«, wollte Cletus wissen. »Du klingst wie ein Nigger.«
    »Nein«, sagte Jinx. »Ich bin weiß.«
    »Hoffentlich! Ich will nicht, dass ein Nigger mit seinem schwarzen Arsch auf meinem Loch hockt.«
    Lange passierte nichts, und dann krachte etwas von innen gegen die Seitenwand des Klohäuschens. Und noch mal. Mit einem Knirschen löste sich ein Brett und fiel aufs Gras, und dann noch eins. Jinx kam wie eine Kanonenkugel rausgeschossen und rannte in unsere Richtung, wobei sie sich den Träger ihrer Latzhose über die Schulter zog.
    Cletus setzte ihr nach, und zwar mit ziemlichem Tempo, trotz seiner offenen Schnürsenkel.
    Wahrscheinlich wäre es nur höflich gewesen, wenn wir auf Jinx gewartet hätten. Stattdessen packte Terry den Beutel, und wir rasten los wie zwei Kaninchen. Als ich einen Blick über die Schulter warf, sah ich, dass Jinx uns fast eingeholt hatte. Allerdings war Cletus nur ein paar Schritte hinter ihr.
    »Hey, hey«, brüllte er, »das ist mein Beutel!« Er hatte ihn sogar im Dunkeln erkannt.
    Wir rannten über den Hügelkamm und zum Fluss runter, und dann wetzten wir am Ufer entlang. Cletus gab nicht auf; im Gegenteil, er hatte unterwegs sogar einen großen Stock aufgehoben. In dem Moment stolperte Jinx und schlug lang hin.
    »Hab ich dich!«, schrie Cletus, und das hatte er auch.
    Ich blieb stehen, drehte mich um und sah, wie er Jinx, die versuchte aufzustehen, den Stock auf den Hinterkopf drosch, und zwar mit aller Kraft. Er wollte sie nicht einfach nur außer Gefecht setzen. Er wollte sie töten. Jinx landete mit der Nase im Dreck, und ihre Füße hüpften dabei wie zwei aufgescheuchte Vögel.
    Cletus ließ den Prügel fallen, packte sie, schleifte sie zum Wasser und tauchte ihren Kopf unter. Jinx zappelte mit den Armen und Beinen, und wir konnten sie prusten hören.
    Cletus schaute zu uns rüber. »Entweder ihr beide kommt hierher, oder ich ersäufe den kleinen Nigger. Wenn sie euch irgendwas bedeutet, beeilt ihr euch besser.«
    Ich entdeckte einen Stein am Ufer, der etwa halb so groß war wie eine Melone, scharrte ihn mit den Fingern frei, hob ihn hoch und preschte los. Terry rannte neben mir her, in einer Hand den Beutel mit dem Geld, in der anderen einen kurzen, dicken Stock.
    Cletus drückte wieder Jinx’ Kopf unter Wasser und schrie sie an, obwohl sie den Beutel gar nicht hatte. »Woher hast du meinen Kopfkissenbezug? Los, spuck’s aus. Ich will ihn wiederhaben!«
    Ich hob im Laufen beide Hände und schlug ihm, gerade als er sich mir zuwandte, den Stein gegen die Stirn. Er rutschte seitlich weg, und der Hut fiel ihm vom Kopf. Aber ganz erfolgreich war meine Attacke nicht. Der Stein glitt mir aus der Hand und landete Jinx auf dem Rücken. Cletus versuchte aufzustehen, wobei er sich mit einer Hand den blutigen Kopf hielt.
    In dem Moment war Terry da. Er schwang den Stock wie ein Verrückter, aber Cletus packte ihn um die Taille und schubste ihn auf Jinx drauf, die immer noch am Boden lag. Ihr war es gerade mal gelungen, sich ein Stück hochzustemmen und das Gesicht aus dem Wasser zu heben.
    Terry war der Beutel aus der Hand gefallen; er öffnete sich, und die Geldscheine stoben daraus empor wie Gänsefedern aus einer alten Matratze.
    Cletus wollte sich

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