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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Schubkarre.«
    Ich holte die Handschuhe, und bis ich wieder zurück war und ins Loch schaute, war der Sargdeckel zu sehen. Terry wischte mit den Händen den letzten Rest Erde weg. Das Holz, aus dem derSarg geschreinert war, war so billig, dass man fast durchspucken konnte.
    Jinx kletterte aus der Grube. Terry schob die Spitze seiner Schaufel unter den Deckel der Kiste und drückte ihn nach oben. Viel Widerstand bot er nicht. Die Nägel quiekten wie eine Ratte, der Deckel hob sich und brach in der Mitte, und ein Gestank kam darunter hervor, der so stark war, dass er einen Orden verdient hätte.
    Ich drehte mich um und übergab mich. Als ich mich wieder dem Grab zuwandte, war der Deckel weg, und ich sah die Leiche in der Kiste liegen. Sie hatten sie einfach reingeworfen, sodass sie auf der Seite lag. Dabei wirkte sie jetzt dünner und dunkler, und sie trug noch immer ihr Kleid, das irgendwie mit ihr verschmolzen war. Sie war überhaupt nicht mehr aufgedunsen, sondern die Haut klebte ihr an den Knochen. Man konnte sehen, wo von unten das Wasser reingelaufen war; der Boden des Sarges hatte sich an manchen Stellen schon abgelöst. Wäre das Holz nur einen Penny billiger gewesen, wäre sie unten rausgefallen.
    »Diese Scheißkerle«, sagte Terry. »Das Teil hat in der feuchten Erde nicht mal einen Tag gehalten.«
    Er griff sich in die Hosentasche, holte ein Taschentuch hervor und band es sich vor die Nase. Ich und Jinx hatten keine Taschentücher, also mussten wir uns damit begnügen, das Gesicht zu verziehen und an etwas anderes zu denken. Aber ich und sie stiegen in das Loch und zerrten May Lynn da raus. Dabei fiel einer ihrer Arme ab, und ich musste wieder rausklettern und mich übergeben. Bis ich wieder runterstieg, kotzte Jinx ins Grab.
    Terry dagegen hustete nicht mal, aber nachdem wir sie schließlich rausgeholt hatten, ging er ein Stück weg und reiherte ausgiebig. Ich warf einen kurzen Blick auf May Lynn; ihr Gesicht war so dunkel wie alter Kiefernsaft. Augen hatte sie, wegen der Insekten, der Würmer und dem Grundwasser, keine mehr, und als wir sierausgezogen hatten, war sie ja voller Flusswasser gewesen. Daher sah sie viel schlimmer aus als die Leiche des Mannes unter dem Sack mit dem Geld, dabei war sie bei Weitem nicht so lange tot wie er. Das war einfach ungerecht.
    Terry kam nach einer Weile zurück und half uns, die Leiche auf die Schubkarre zu laden. Erst legten wir die Plane drauf und dann May Lynn. Wir mussten sie verbiegen, damit sie reinpasste, und dabei fiel sie noch ein bisschen mehr auseinander, und etwas, das ich nicht identifizieren konnte, plumpste raus. Terry schaufelte es wieder in die Schubkarre zurück. Jinx holte ihren Arm und legte ihn auf die Leiche. Terry faltete von beiden Seiten die Plane drüber.
    »Was jetzt?«, fragte ich.
    »Zum Ziegelbrennofen«, sagte er.

11
    Es bringt jetzt nichts, alle Einzelheiten zu erzählen, aber eins will ich sagen: Es ist ein Wunder, dass wir nicht erwischt wurden. Wahrscheinlich lag das daran, weil es spät war und uns außer ein paar Hunden niemand begegnete. Die konnten das tote Fleisch riechen. Jinx warf mit Steinen nach ihnen und verjagte sie.
    Mit der Schubkarre wechselten wir uns ab, obwohl es gar nicht so anstrengend war, denn was von May Lynn übrig war, schien so leicht wie ein frischer Laib Brot, nur halt nicht frisch. Die Nacht war klar, und die Schubkarre quietschte ein bisschen. Sie stank so furchtbar, dass wir uns ziemlich beeilten.
    Terry führte uns zur Rückseite der Ziegelei seines Stiefvaters. Wir blieben unter einem Fenster stehen, und Jinx und ich machten mit unseren Händen eine Räuberleiter. Terry stieg rauf und rüttelte an dem Fenster, bis er es nach oben schieben konnte. Er quetschte sich hindurch, und wenig später ging die Hintertür auf, und wir konnten rein.
    Ich schob die Schubkarre die Reihen aufgestapelter Ziegel entlang, und schließlich kamen wir zur Rückwand, wo ein Dutzend Brennöfen wie Bienenwaben nebeneinanderstanden. Sie hatten alle Eisentüren mit Holzgriffen in Eisenschlitzen, und an der Wand neben jeder Tür war eine Messuhr.
    Terry kramte ein Streichholz aus seiner Hosentasche und zündete damit einen Fetzen Papier an, den er vom Boden aufgehobenhatte. Dann drehte er an einer der Messuhren und öffnete eine Eisentür. Ein Fauchen ertönte wie von einem erschrockenen Opossum. Aus einem Gitter am Boden des Brennofens kam Gas geschossen. Terry steckte den brennenden Papierfetzen durch den Rost, und aus dem

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