Dunkle Gier: Roman (German Edition)
bist.«
»Bitte nicht, Esteban«, flüsterte Lea beschwörend. »Sieh doch nur, was er dir antut!«
Aber Esteban drehte sich nicht einmal um. Er hatte nur Augen für das weiße Pulver. Mit quälender Langsamkeit nahm DS ein silbernes Röhrchen aus der Tasche und zog sich eine ganze Line in die Nase. Dann warf er den Kopf zurück und gab ein Geräusch von sich wie ein Wolf, der den Mond anheulte. »Verdammt guter Stoff, Mann!«
Esteban stolperte auf ihn zu, und sofort wich DS’ verzückter Ausdruck unverhohlener Verachtung. Er schlug nach Esteban und stieß ihn weg. »Komm mir nicht zu nahe, Hündin! Du willst was? Dann verdien es dir und kriech vor deiner verdammten Schwester auf allen vieren durch den Raum!«
Ein Aufschluchzen entrang sich Lea, als Esteban sich tatsächlich auf die Knie niederließ und vor DS herumkroch, der ihn mit triumphierend glänzenden Augen und voller Häme beobachtete. Lachend bespuckte er Esteban. Der Speichel traf ihn an der Wange und lief dann an seinem Kinn hinunter.
DS trat nach ihm, als Esteban sich das Gesicht abwischen wollte. »Lass das! Vielleicht erinnert es dich daran, wer hier das Sagen hat. Misch dich nicht noch einmal ein!« Damit wandte er sich auch schon wieder ab und zog sich eine weitere Line von dem weißen Pulver in die Nase.
Esteban kauerte zu seinen Füßen auf dem Boden und blickte mit einem Ausdruck der Verzweiflung zu ihm auf. Mit einem flehenden kleinen Laut, der sich tatsächlich wie das Winseln eines Hundes anhörte, versuchte er, näher an DS heranzurutschen.
»Ab! Du hast noch nicht richtig gebettelt. Also setz dich auf die Hinterbeine und versuch es noch mal! Komm schon, Hündchen! Mach schön Sitz und wackle mit dem Schwanz wie ein braver kleiner Hund.«
Marguarita regte sich, aber nur ganz vorsichtig. Als sie gestürzt war, hatte sie dafür gesorgt, in der Nähe des Ecktisches zu landen, unter dessen kleiner Schublade ein Messer mit Klebeband befestigt war. Ganz langsam, um nicht DS’ Aufmerksamkeit zu erregen, ließ sie die Hand unter das Holz gleiten. Aber DS war voll und ganz damit beschäftigt, Esteban zu schikanieren, und schien sie vorläufig vergessen zu haben.
Jede Bewegung war die reinste Qual. Allein schon ihren Arm zu heben schmerzte, als hätte sie mehrere kleine Knochenbrüche davongetragen. Sie war zwar ziemlich sicher, dass alles nur schwere Prellungen waren, doch selbst bei dieser winzigen Bewegung schoss ein glühender Schmerz durch ihren Körper.
Lea blinzelte, sah Marguarita stirnrunzelnd an und schüttelte warnend den Kopf, weil sie Konsequenzen befürchtete. Doch obwohl sie offenbar nicht verstand, was Marguarita mit der Hand unter dem Tisch vorhatte, veränderte sie tapfer die Haltung, sodass sie DS die Sicht verstellte, falls er zu ihnen herüberschauen sollte. Ihre Augen wurden groß, als Marguaritas Hand mit einem Messer darin unter dem Tisch hervorkam. Die etwa vier Zoll lange, sehr scharfe Klinge steckte in einer Lederscheide, die Marguarita, so tief es ging, in der Rocktasche verbarg.
Ihr Blick begegnete Leas. Wahrscheinlich sehe ich genauso schlimm aus wie sie, dachte Marguarita. Sie konnte spüren, dass eines ihrer Augen zuschwoll, und ihr Mund tat schrecklich weh. Als sie mit der Zunge über ihre aufgeplatzten Lippen strich, zuckte sie zusammen. Sie hatte DS mit voller Absicht provoziert, und er würde misstrauisch werden, wenn sie Zacarias jetzt plötzlich kampflos aufgab. Sie musste ihm also einen echten Anlass geben, sich zu fürchten. Wenn Lea seine Schläge überlebte, konnte sie es wahrscheinlich auch. Er war bei ihr nur ein bisschen enthusiastischer gewesen, als sie erwartet hatte.
Marguarita spürte die Regung in ihrem Bewusstsein und die Eiseskälte, die sie jäh durchflutete. Sie erschauderte, beeilte sich jedoch, Zacarias auf halbem Weg entgegenzukommen, um seinen Energieaufwand gering zu halten.
Was tust du? Seine Stimme war sehr ruhig – zu ruhig. Sie spürte die Schärfe darin, auch wenn sie sie nicht hören konnte.
Dios. Sie hatte nicht erwartet, dass er so bald wieder Kontakt aufnehmen würde. Jetzt konnte sie die Schmerzen nicht mehr vor ihm verbergen. Er musste jeden Schlag, jede Verletzung, die sie davongetragen hatte, spüren. Als sie in Zacarias hineinblickte und seine Empfindungen teilte, begriff sie, dass es viel schlimmer für ihn war, hilflos in seinem Versteck zu liegen, während sie in Gefahr war, als sein Leben zu riskieren. Es war die schlimmstmögliche Situation für einen so
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