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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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auf die trockene Wange und half ihr auf. Fast verließen sie die Kräfte, als sie endlich stand. Mit einer Hand hob sie den Rubinring von ihrem Bett auf und steckte ihn an den Finger.
    "Nimmst du meine Truhe mit?" , fragte sie ihren Sohn.
    Er klemmte sie sich unter den Arm, dann stützte er die alte Lady, die hartnäckig, wie es alte Leute gerne waren, zur Tür schlurfte. Die Treppe musste er sie hinuntertragen. Unten warteten Charlotte und Edward. In ihren Gesichtern lag Feierlichkeit. Freundlich verabschiedete Ramis sich von ihren Dienern. Wussten sie alle, dass Ramis nie wieder zurückkommen würde? Für sie würde jedenfalls gesorgt sein, das hatte Ramis in ihrem Testament verfügt. Liebevoll küsste sie eine schwarzhaarige Frau auf die Stirn, die dort mit ihrer Familie stand. Es hatte ihr viel Mühe bereitet, sie in der Karibik ausfindig zu machen. Sie war die Tochter einer von Blackbeards Frauen und Ramis war sich sicher, dass es auch die Tochter ihres Edwards war. Sie war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten, sie hatte dieselben ungezähmten, pechschwarzen Haare. Wenigstens diesem Mädchen hatte Ramis ein besseres Leben ermöglichen können, sie hatte die junge Halbwaise als ihre Zofe angestellt. Es hatte sie immer getröstet, die Frau um zu sich haben.
    William setzte Ramis in der Kutsche ab. Sie warf noch einen letzten Blick auf das Heim, in dem sie endlich glücklich gewesen war. Dann rollte die Kutsche an.
    Charlotte kämpfte sichtlich gegen den Schlaf an. Sie war auch nicht mehr die junge Frau, welche die ganze Nacht auf Soupers und in Salons verbrachte und sie hatte eine lange Reise hinter sich. Das erinnerte sie wieder an einen Brief, den ihr der Marquis mitgegeben hatte, bevor er vor einem halben Jahr gestorben war. Sie suchte ihn heraus und legte ihn in die runzlige Hand ihrer Mutter. Die immer noch strahlend hellen Augen blickten sie kurz fragend an. Sie verstanden. Ramis steckte den Brief erst einmal weg, weil sie den Hafen erreichten. Hier ankerte eines von Williams besten Schiffen, das sie an ihr Ziel bringen sollte. Ramis wurde in eine hübsche Kabine einquartiert, in der sie allerdings nicht lange blieb. Sie wollte beobachten, wie sie ausliefen und vor allem das Meer noch einmal sehen. Stunden saß sie an Deck in einem Sessel und atmete den salzigen Wind ein. Edward stand in der Nähe, William unterhielt sich mit dem Kapitän und Charlotte hatte sich in ihre Kabine verzogen. Schließlich zog Ramis den Brief des Marquis hervor. Die Nachricht seines Todes hatte sie sehr erschüttert, denn sie hatte ihn sehr geliebt. Es stand nicht viel darauf, nur:
    Alles, was ich dir sagen wollte, habe ich dir schon so oft gesagt, vor Jahrhunderten, wie mir scheint. Ich gehe jetzt und es macht mir nichts aus. Ich habe gelebt. Dank dir bin ich glücklich geworden, mein Leben war viel erfüllter, als es ohne dich hätte sein können. Ich liebe dich, Anne, auf ewig.
    Zu Weinen hatte nun keinen Sinn mehr, da sie auch gehen würde.
    "Danke ", murmelte sie in den Wind.
    Sie fühlte sich leicht, als würde er sie davontragen können, wenn sie nur diese Decke über ihren Knien ablegte. Dann kam die Küste in Sicht. Edward, nun Lord Fayford, hob sie hoch. Er ähnelte ihr als einziges ihrer Kind er, er hatte ihre blonden Haare. Auf ihr Geheiß hin setzte er sie ab und führte sie zur Reling. Ihr Herz begann schnell zu klopfen. Meine Heimat. Sie fasste Edwards Hand fester. Ramis jüngster Sohn war der einzige, der ihr nie gegrollt hatte und den sie nie verlassen musste. Ihm gegenüber musste sie sich nicht schuldig fühlen. Inzwischen schienen auch William und Charlotte ihren Frieden gefunden zu haben. Der ergraute Abenteurer hatte seine ewige Unrast abgelegt und die elegante Hofdame, der das Alter nur ohne die Schminke anzumerken war, stand mittlerweile über dem modischen Schnickschnack, der in der letzten Zeit aufkam und über den Galanterien, von denen sie ihrer Mutter oft geschrieben hatte. Sie waren sich alle so unähnlich, nur verbunden durch die Tatsache, dass sie Geschwister waren und die gleiche Mutter oder auch den gleichen Vater hatten. Aber sie kannten sich kaum, lebten in verschiedenen Ländern. Sie waren auch in verschiedenen Welten aufgewachsen, hatten andere Werte und Interessen. William war aufbrausend und unnahbar, Charlotte spöttisch und liebenswürdig und Edward stolz. Er war in dem Wissen aufgewachsen, der Erbe der Fayfords zu sein und dass es über Meilen hinweg keinen Mächtigeren gab - abgesehen von

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