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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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des Familienporträts. Dort war das Gesicht ihres Vaters, schön und gelassen. Seine Hand lag auf der Schulter ihrer Mutter. Ihr Gesicht war zerstört, abgeblättert, als ob man sie hätte auslöschen wollen. Daneben fand Ramis die Frau von dem Porträt aus Bristol wieder, ihre Tante. Die leise, ferne Melancholie, die Ramis so gerührt hatte, war verschwunden und hatte verhaltener Wut Platz gemacht, die sich hinter den grünen Augen versteckte. Der Maler musste sie gemalt haben, wie er sie sah, er hatte die Stimmung festgehalten. Vor ihnen allen stand ein Mädchen. Voller Erstaunen blickte Ramis in die Augen dieses Kindes, die so voller Unschuld und Vertrauen den Betrachter anblickten. Das war etwas, das sie nie wieder empfinden konnte: Unschuld.
    Edward drückte ihre Schulter.
    "Das bist du?"
    Mit wässrigen Augen starrte Ramis auf die Familie, in festlicher Kleidung, vor dem Hintergrund dieses Gebäudes inmitten der Hügel. Eine Schar Fluggänse flog über sie hinweg - nein, es waren Schwäne. Schon bald würden sie alle tot sein, körperlich oder seelisch tot.
    Eine aufgebrachte Stimme ließ sie aufhorchen.
    "Was tut ihr hier?" , schrie jemand auf Irisch.
    Ramis brauchte eine Weile, um es zu verstehen. Dann suchte ihre Zunge die richtigen Wörter. Doch ehe sie sie zurechtgelegt hatte, schaute die alte Frau, zu der die Stimme gehörte, zwischen Edward und dem Porträt hin und her. Sie begann Worte zu murmeln und wirkte, als bräche sie jeden Moment zusammen.
    "Wer bist du?" , klagte sie.
    Ramis tastete nach der Wand. "Lianna..."
    "Lianna? Die Herrin Lianna?"
    Die Alte kam heran, um der anderen alten Frau die Hand zu küssen.
    "Ihr seid zurück... Und den Ring habt Ihr. Oh, wenn meine Mutter das sehen könnte! Ich sah die Kutsche und dachte mir, wo wollen die hin? Ich bin Euch gefolgt und jetzt finde ich Euch! Erinnert Ihr Euch an meine Mutter? Sie war Hebamme, sie hat Euch auf die Welt geholfen, so wie ihre Mutter Euren Vater und Eure Tante! Seht, dieses Amulett, das Ihr tragt, hat sie Euch zu Eurer Geburt geschenkt! Sie hat es mit ihren besten Schutzgebeten versehen und Euer seliger Vater küsste es, bevor er es Euch umhängte."
    Ramis hatte ihren Ausführungen nur mit Mühe folgen können. Aber die Sprache war da, als hätte sie die Zeit unversehrt, weil versteckt, überstanden.
    "Muirra, die gute Muirra? Sie war deine Mutter?"
    "Ja, Herrin Lianna! Und sie hat etwas für Euch aufbewahrt! Sie wusste, jemand würde zurückkehren. Und als sie starb, übertrug sie mir die Aufgabe, darauf und auf das Haus aufzupassen. Ich hole es."
    Edward begleitete die alte Frau, damit sie nicht auf den Treppen ausrutschte. Ramis fühlte sich unendlich müde, obwohl sie sich freute, jemand en von früher zu treffen, auch wenn die Frau von eben damals sicher noch nicht geboren war. Und nun kannte sie auch das Geheimnis des Amuletts. Ja, in gewisser Weise hatte es sie immer beschützt und sie an das Gute dieser Welt erinnert.
    William trug sie durch die restlichen Zimmer. Es war ein Gang durch die Vergangenheit, gleich einer Schattenwelt. Einzelne Szenen kamen ihr den Sinn und verdichteten sich mehr und mehr zu einem Ganzen, wie ein Mosaik. Und bald sah sie Liannas Leben in einem neuen Zusammenhang. Ein tiefer Schmerz ergriff sie, als sie die Schlafzimmer durchquerten, das von Ramis Eltern, ihr eigenes. Hier war die Trauer noch so frisch, als wären sie eben erst gestorben. Ramis Zimmer wirkte selbst nach den vielen Jahren und der dicken Staubschicht, als wäre es nur vorübergehend verlassen, es war in der Zeit erstarrt. All ihre Sachen, die sie nicht mitgenommen hatte, lagen noch ordentlich in den Schränken verstaut, als würde ihre Besitzerin bald zurückkehren und sie herausholen. Unter dem Bett musste immer noch die alte Kiste stehen, ihre Schatzkiste, in der sie die Schätze eines Kindes aufbewahrte: Federn, Steine, getrocknete Blätter und Blumen, kleine Holzfiguren. Jetzt war Ramis wieder da, aber sie war dennoch nicht mehr dieselbe und deshalb musste dieser Raum weiterwarten bis in alle Ewigkeit, bis er einstürzte. Sie wollte hinaus, weg von den Erinnerungen, nach denen sie gesucht hatte, die aber nun doch zu schmerzlich waren. Der Gedanke an etwas, das hätte sein können, war schrecklich. Sie kehrten ins Freie zurück.
    "Bringt mich in den Garten ", murmelte sie.
    Der Garten, verzaubert und klein, mehr ein alter Gemüsegarten. Längst hatten Wildpflanzen sich ihren Platz zurückerobert. William legte sie im Gras ab.
    "Du

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