Dunkle Halunken: Roman (German Edition)
mit einer einfachen jungen Frau problemlos fertigwürden. Und doch, so scheint es, ist Ihnen die Betreffende zweimal entkommen, und nur einmal haben Sie es geschafft, sie einzufangen. Das ist, mit Verlaub, keine besonders gute Leistung, oder irre ich mich?«
Beim Klang der Stimme stieg die innere Unruhe des Schlauen Bob noch weiter an. Der Mann sprach Englisch, aber es war kein richtiges Englisch, sondern ein Englisch, das ein Ausländer fehlerfrei erlernt hatte, allerdings ohne die vielen kleinen Eigenheiten, die zum Sprachgebrauch eines Einheimischen gehörten. Es war zu gutes Englisch. Zu makellos, ohne die Fehler und Mängel, die Muttersprachler in ihre Konversation einstreuten. Der Schlaue Bob saß in seiner Lache der Dunkelheit – und derzeit war es glücklicherweise noch die einzige Lache – und entgegnete: »Nun, Sir, wir hatten eine mehr oder weniger hilflose junge Dame erwartet, aber sie konnte verdammt fest zuschlagen, Sir, fest genug, um einen meiner Jungs ins Reich der Träume zu schicken. Und er ist ein Boxer, Sir! Sie war schnell und schlau, Sir, kämpfte wie wild, Sir, und Sie haben ja gesagt, dass Sie sie heil zurück aufs Schiff wollten. Leider wollten auch meine Jungs in einem Stück heimkehren. Mit einer solchen Frau hätten sie es nie zuvor zu tun gehabt, meinten sie, wie sie trat und spuckte und schlug, aber so richtig, und einer meiner Jungs geht jetzt schief und hat ein blaues Auge, und ein anderer hat zwei gebrochene Finger. Ich meine, das erste Mal hat sie uns überrascht, aber dabei lief sie nur weg, und meine Leute konnten sie einfangen und in der Kutsche fesseln. Dadurch waren wir natürlich zu spät fürs Schiff, und deshalb wollten wir sie zu Ihnen bringen.«
Der Schlaue Bob wähnte sich in dieser Beziehung auf nicht ganz so dünnem Eis, denn immerhin war dies nicht seine Schuld.
»Wie ich Ihrem Kollegen zuvor gesagt habe, Sir«, fuhr er fort, »beim zweiten Versuch hätte alles geklappt, aber sie trat plötzlich die Tür auf und sprang mitten in dem schrecklichen Unwetter hinaus. Ihr Kutscher konnte die Pferde nicht anhalten, Sir, nicht bei dem Wetter. Sehr ungewöhnliche Umstände. Schwer vorherzusehen.«
In der Stille, die diesen Worten folgte, war zu hören, wie eine Seite umgeblättert wurde. Dann erhob sich die Stimme des Fremden abermals. »Allem Anschein nach, Mister Robert, hat eine Person namens …«, Papier knisterte, »… Dodger zwei Ihrer Männer verletzt und einen von ihnen beinahe im Rinnstein ertränkt. Mir scheint, dass wir vielleicht ihn in unsere Dienste nehmen sollten.«
Der Mann, der sich gern als Schlauer Bob bezeichnete, sich derzeit aber nicht besonders schlau fühlte, erwiderte: »Ich kann Ihnen noch immer helfen, Sir, wobei wir berücksichtigen sollten, dass Sie mir bereits einiges schulden – dafür, dass ich die junge Frau ausfindig gemacht habe. Ich glaube, die betreffende Rechnung hat Sie schon vor einer ganzen Weile erreicht …«
Der Fremde ging auf die letzten Worte nicht ein und sagte: »Ich möchte annehmen, dass Sie in Bezug auf diese kleinen Schwierigkeiten Neues zu berichten haben. Soweit ich weiß, gibt es noch mehr über diesen Unruhestifter zu vermelden, nicht wahr? Bitte seien Sie so freundlich und klären Sie mich auf!«
»Er hat sich umgehört, Sir«, antwortete der Schlaue Bob. »Und er ist dabei sehr methodisch vorgegangen.«
Der Schlaue Bob war mit methodisch als Beschreibung zufrieden, aber weniger zufrieden war er mit den seiner Meinung nach unverhältnismäßig scharfen Worten, die der Fremde plötzlich an ihn richtete: »Gütiger Himmel, Mann, können Sie nicht ein wenig Eigeninitiative entwickeln?«
Der Schlaue Bob wusste, was Initiative war, und er wusste auch, dass ihm derzeit eigene fehlte. Hoffnungsvoll sagte er: »Der Junge, der die Fragen gestellt hat, ist nicht unbedingt ein Niemand, wenn Sie verstehen, was ich meine. Er hat Kontakte auf der Straße, was alles ein bisschen schwieriger macht.«
Die Stimme des Mannes im Dunkeln klang zornig, und das tat der Blase des Schlauen Bob ganz und gar nicht gut. Die Situation wurde nicht besser, als der Fremde fragte: »Arbeitet er für einen Polizisten, für einen Peeler, wie Sie diese Leute nennen?«
Ein Peeler! Wie seltsam dieses Wort aus dem Mund eines vornehmen Fremden klang und wie unpassend in einer Räumlichkeit wie dieser! Die verdammten, dreimal verfluchten Peeler! Man konnte sie nicht bestechen, man konnte keine Freundschaft mit ihnen schließen – nicht
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