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Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Halunken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Spiel … Und wenn er nicht Dodger war, fragte er sich manchmal, wer er sein mochte. Dodger, fand er, war viel stärker als er.
    Dann und wann sah ein Gast im Pub zu Charlie herüber, richtete den Blick dann auf Dodger und wandte ihn sofort ab, weil er zu verstehen glaubte. Kein Problem, hab überhaupt nichts gesehen.
    Als klar war, dass kein Krieg ausbrach, und als zwei Pints auf den Tisch gestellt worden waren – in sauberen Gläsern, immerhin hatte Dodger einen Gentleman mitgebracht –, sagte Charlie: »Junger Mann, nach unserem Besuch bei Angela bin ich in großer Eile zu meinem Büro zurückgekehrt, und dort habe ich herausgefunden, dass mein Freund Mister Dodger ein sehr reicher Mann ist.« Er beugte sich vor und fügte hinzu: »In meiner Tasche habe ich, sorgfältig eingepackt, damit nichts klimpert, fünfzig Sovereigns und noch ein bisschen Kleingeld obendrein. Es besteht sogar die Aussicht, dass es noch mehr werden könnte.«
    Dodger brachte seinen Mund wieder unter Kontrolle und klappte ihn zu. Nach einigen Sekunden flüsterte er: »Aber ich bin kein Held, Charlie.«
    Charlie hob den Zeigefinger vor die Lippen. »Sei vorsichtig mit deinem Protest!«, riet er. »Du weißt, wer und was du bist, und ich schätze, ich weiß es ebenfalls, obwohl ich glaube, dass ich großzügiger mit dir bin als du mit dir selbst. Die guten Bürger von London haben dieses Geld einem jungen Mann gespendet, den sie für einen Helden halten. Wer bist du, dass du ihnen den Helden nehmen willst, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass ein Held etwas bewirken kann?«
    Dodger sah sich im Pub um. Niemand hörte zu, aber er senkte die Stimme trotzdem. »Und der arme alte Todd ist ein Schurke, wie?«
    »Nun«, erwiderte Charlie, »ein Held könnte über den sogenannten Schurken sagen, er sei nichts weiter als ein trauriger, von Kriegserinnerungen gequälter Mensch. Er könnte hinzufügen, dass dieser Mensch nach Bedlam gehört und nicht an den Galgen. Wer könnte einem Helden widersprechen, wenn besagter Held auch noch mit einem Teil seines neuen Reichtums dafür sorgt, dass der arme Mann dort einen einigermaßen erträglichen Aufenthalt hat?«
    Dodger stellte sich Sweeney Todd in Bedlam vor, irgendwo eingesperrt mit den Dämonen, die er in sich trug, ohne jede Annehmlichkeit, es sei denn, er bezahlte dafür. Ihm schauderte bei diesem Gedanken, denn ein solches Leben wäre schlimmer gewesen als der Tod am Galgen von Newgate, vor allem, weil sie das mit dem Knoten inzwischen richtig hinbekamen, damit das Genick sofort brach. Es ersparte allen Beteiligten im wahrsten Sinn des Wortes langes Herumhängen – die Freunde des Verurteilten mussten nicht mehr an seinen Beinen ziehen, um ihm zu einem schnellen Tod zu verhelfen. Ein guter Taschendieb, so hieß es, konnte große Beute beim Publikum machen, das ganz auf den Tanz am Strang konzentriert war. Dodger hatte es selbst einmal versucht und durchaus einiges dabei ergattert, aber erstaunlicherweise festgestellt, dass er sich schämte, ein solches Ereignis für die eigene Bereicherung auszunutzen. Daraufhin hatte er sich vom geschickt gestohlenen Geld getrennt und es zwei Bettlern gespendet.
    »Niemand wird auf mich hören«, sagte er jetzt.
    »Du unterschätzt dich, mein Freund. Und du unterschätzt die Macht der Presse. Schließ den Mund, bevor etwas hineinfliegt, und denk daran, dass du morgen das Büro des Punch- Magazins aufsuchen musst, damit Mister Tenniel dein Gesicht zeichnen kann. Unsere Leser möchten wissen, wie der Held des Tages aussieht.«
    Charlie klopfte Dodger auf den Rücken, was er sofort bereute, als seine Hand eine noch immer nasse Stelle von Dodgers Anzug berührte.
    »Die Kutsche«, sagte Dodger. »Ich habe sie noch einmal gehört. Und fast hätte ich sie auch gesehen. Ich finde die Kerle, Charlie. Sie werden Simplicity nicht noch einmal etwas antun.«
    »Derzeit ist sie bei Angela gut aufgehoben.« Charlie lächelte. »Und ich denke, ich kann Ben noch einen Tag oder etwas länger ruhig halten, während ich weitere Ermittlungen anstelle. Wir sind ein Team, Dodger, ein Team! Das Spiel hat begonnen, und hoffentlich sind wir auf der Gewinnerseite.«
    Damit verließ er den Pub und ging in Richtung der nächsten breiten Straße, wo vielleicht eine Kutsche wartete. Er ließ einen Dodger zurück, der mit wieder offenem Mund dastand und ein Vermögen in seiner Tasche trug. Nach einigen Sekunden verbündeten sich die Göttinnen der Realität und der Selbsterhaltung

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