Dunkle Halunken: Roman (German Edition)
mmm geistesabwesend, insbesondere in Hinsicht auf kleine, leichte Gegenstände. Vergiss deine alten Angewohnheiten wenigstens heute Abend, einverstanden?«
»Ich bin kein Dieb!«, begehrte Dodger auf. »Was kann ich dafür, wenn die Leute irgendwelche Gegenstände herumliegen lassen?« Dann stieß er Solomon an. »He, nur ein kleiner Scherz. Ich werde mich von meiner besten Seite zeigen, um meiner neuen eleganten Unterhose Ehre zu erweisen – ich habe nie zuvor eine getragen, die zwischen den Beinen so gut passte. Wäre mir klar gewesen, wie es sich anfühlt, zu den feinen Leuten zu gehören, hätte ich schon längst Aufnahme bei ihnen beantragt.«
Die Kutsche hielt kurz vor dem Ziel an – private Gespanne rangen dort höflich miteinander und setzten ihre Fahrgäste ab, ohne dass die Kutscher untereinander mehr als üblich fluchten. Dodger und Solomon stiegen aus und erklommen die Treppe vor dem prachtvollen Gebäude, auf das Dodger am Abend zuvor kaum geachtet hatte. Solomon hob die Hand, um anzuklopfen, und wie durch Magie öffnete sich die Tür, bevor er sie berührt hatte. Zum Vorschein kam der Butler Geoffrey.
Es war wichtig, fand Dodger, in der Nähe von Solomon zu bleiben, der ganz in seinem Element zu sein schien. Es trafen noch immer Gäste ein, die meisten von ihnen kannten sich, und sie wussten zweifellos, wo Drinks zu bekommen waren. Dodger und Solomon blieben weitgehend unbeachtet, bis Charlie und Mister Disraeli auftauchten, nachdem sie offenbar irgendwo die Köpfe zusammengesteckt und Neuigkeiten ausgetauscht hatten.
Disraeli ging schnurstracks auf Solomon zu und sagte: »Wie nett, Sie hier zu treffen!« Sie schüttelten sich die Hände, aber Dodger entnahm den Gesichtern, dass die beiden sich nicht über den Weg trauten. Dann wandte sich Disraeli mit einem Funkeln in den Augen an Dodger und rief: »Oh, wundervoll, der junge Tosher hat sich in einen Gentleman verwandelt! Ausgezeichnet!«
Das ärgerte Dodger ein wenig, obwohl er den Grund dafür nicht genau hätte sagen können. »Ja, Sir, in der Tat, heute Abend bin ich ein Gentleman und morgen vielleicht wieder ein Tosher.« Er hörte die eigenen Worte, und etwas in seinem Kopf klickte erneut und teilte ihm mit: Dies ist eine gute Gelegenheit, vergib sie nicht! Und so lächelte er und fügte hinzu: »Ich kann ein Gentleman sein und auch ein Tosher. Können Sie ein Tosher sein, Mister Disraeli?«
Für einen Moment – und von den anderen Gästen wahrscheinlich völlig unbemerkt – gefror die Welt und taute wieder auf, als Mister Disraeli sich zu einer Reaktion entschieden hatte. Sie bestand aus einem Lächeln wie die Morgensonne mit einem Messer zwischen den Zähnen. »Mein lieber Junge, halten Sie es für möglich, dass ich in die Rolle eines Toshers schlüpfe? Es ist ein Beruf, den ich bisher kaum in Erwägung gezogen habe.«
Er unterbrach sich, weil Charlie ihm auf den Rücken geklopft hatte und sagte: »Toshen bedeutet, im Dreck nach verborgenen Schätzen zu suchen, mein Freund. Hat das nicht erstaunliche Ähnlichkeit mit der Politik? An deiner Stelle würde ich die Chance nutzen, etwas Wichtiges über die Welt zu erfahren. Ich nutze solche Gelegenheiten immer.«
Disraeli musterte Dodger. »Nun, wenn ich darüber nachdenke … Eine Erkundung von Londons Unterseite könnte derzeit durchaus sinnvoll sein.«
»O ja«, sagte Charlie und grinste wie ein Mann, der einen Sixpence fallen lässt und eine Krone aufhebt. »Es würde der Öffentlichkeit zeigen, wie sehr du dich um die Kanalisation dieser Stadt kümmerst, in der viele ein großes Ärgernis sehen, um es gelinde auszudrücken. Ein kluger Politiker täte meiner Ansicht nach gut daran, seine Besorgnis angesichts der gegenwärtigen Zustände deutlich zu zeigen. Unsere Freunde vom Punch- Magazin würden dich zweifellos als vorausschauenden Politiker darstellen, der an die Stadt als Ganzes denkt.«
Für einige Sekunden wirkte Disraeli höchst nachdenklich und zupfte an seinem Spitzbart. »Ja, in der Tat, Charlie«, sagte er dann. »Ich glaube, da ist was dran.«
Dodger gewann den Eindruck, dass die beiden eigene Pläne schmiedeten. Er witterte Männer, die eine gute Gelegenheit erkannten und herauszufinden versuchten, wie sie diese zu ihrem Vorteil nutzen konnten – so wie er selbst. Dodger dachte: Charlie weiß, dass er in jedem Fall eine sehr gute Story bekommt, ganz gleich, was Mister Disraeli in der Kanalisation findet, Scheiße oder Gold.
Disraeli strahlte wie eine überaus
Weitere Kostenlose Bücher