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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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rechnen damit, nach deiner Ausstellung als die führende Galerie der West Side zu gelten. In der Zwischenzeit möchte ich dich daran erinnern, daß du morgen früh um zehn ein Interview für das New York Magazine und mittags eins für die Times geben mußt.«
    »Ach, Angie.«
    »Diesmal gibt es kein Entrinnen.« Angie schlug ihre wohlgeformten Beine übereinander. »Du triffst den Journalisten vom New York Magazine in unserem Penthouse. Mir graut bei der Vorstellung, daß du Pressevertreter hier empfängst.«
    »Du willst doch bloß ein Auge auf mich haben.«
    »So ist es. Mittagessen um punkt eins im Le Cirque .«
    »Ich wollte mir eigentlich mal kurz die Galerie ansehen.«
    »Dafür bleibt noch genug Zeit. Ich bin um neun Uhr hier und überzeuge mich persönlich, daß du aufgestanden und angezogen bist.«
    »Ich hasse Interviews«, brummte Clare.
    »Sei tapfer.« Angie faßte sie bei der Schulter und küßte sie auf beide Wangen. »Und nun ruh dich ein bißchen aus. Du siehst wirklich mitgenommen aus.«
    Clare stützte die Ellbogen auf die Knie. »Willst du mir nicht auch noch die Sachen rauslegen, die ich morgen anziehen soll?« fragte sie, als Angie zum Fahrstuhl ging.
    »Ich denk’ drüber nach.«
    Wieder sich selbst überlassen, blieb Clare ein paar Minuten grübelnd sitzen. Sie verabscheute Interviews; all diese hochtrabenden und allzu persönlichen Fragen. Man wurde gemustert, abgeschätzt und dann in seine Einzelteile zerlegt. Ihr graute jetzt schon davor, also tat sie, was sie immer machte, wenn sich unangenehme Dinge nicht vermeiden ließen: sich zwingen, nicht mehr daran zu denken.
    Sie fühlte sich ausgelaugt und viel zu müde, um sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Außerdem war ihr nichts, was sie in den letzten Wochen in Angriff genommen hatte, so richtig gelungen. Aber sie war innerlich viel zu aufgewühlt, um ein Schläfchen zu halten oder sich der Länge nach auf dem Boden auszustrecken und das Tagesprogramm im Fernsehen zu verfolgen.
    Kurzentschlossen erhob sie sich und ging zu einem mächtigen Schrankkoffer, der ihr als Sitzgelegenheit, Tisch und Behältnis für allen möglichen Krimskrams diente, hinüber. Sie klappte den Deckel hoch und wühlte sich durch ein altes Ballkleid, die Kappe, die sie zum Schulabschluß erhalten hatte, ihren Brautschleier, der ihr drei Reaktionen zugleich entlockte – Überraschung, Belustigung und Bedauern – und ein Paar Tennisschuhe, die sie schon abgeschrieben hatte, bis sie endlich auf ein Fotoalbum stieß.
    Doch, sie war einsam, gestand Clare sich ein, als sie das Album zum Sessel am Fenster mitnahm. Sie vermißte ihre
Familie. Und wenn sie alle schon so weit von ihr entfernt waren, dann konnte sie sich wenigstens mit Fotos trösten.
    Der erste Schnappschuß entlockte ihr ein Lächeln. Ein verblaßtes Schwarzweißfoto von ihr und ihrem Zwillingsbruder Blair als Kleinkinder. Blair und Clare, dachte sie seufzend. Wie oft hatten sie und ihr Zwilling über die Entscheidung ihrer Eltern, ihnen beiden sich reimende Namen zu geben, geschimpft. Das Foto war ziemlich verschwommen, ein Werk ihres Vaters, der in seinem ganzen Leben kein gestochen scharfes Foto zustande gebracht hatte.
    »Ich habe zwei linke Hände«, pflegte er zu sagen. »Technische Geräte nehmen in meinen Händen ein böswilliges Eigenleben an. Aber gebt mir eine Handvoll Samen und etwas Erde, und ich ziehe euch die schönsten Blumen im ganzen Land.«
    Was nicht übertrieben war, dachte Clare. Ihre Mutter war handwerklich ausgesprochen begabt, konnte Toaster reparieren und verstopfte Abflußrohre reinigen, während Jack Kimball mit Hacke, Spaten und Heckenschere ihren Garten an der Ecke Oak Leaf und Mountain View in Emmitsboro, Maryland, in ein Schmuckstück verwandelte.
    Den Beweis dafür hielt sie gerade in den Händen; ein Foto, das ihre Mutter aufgenommen hatte, exakt belichtet und mit perfekter Bildaufteilung. Die kleinen Kimball-Zwillinge tummelten sich auf einer auf dem sorgfältig getrimmten Rasen ausgebreiteten Decke. Dahinter blühten üppige Frühlingsblumen: Akelei, Flammende Herzen, Maiglöckchen und Springkraut, alle sauber angepflanzt, ohne jedoch in Beete gezwängt zu werden.
    Da war auch ein Foto von ihrer Mutter. Clare zuckte zusammen, als ihr aufging, daß sie auf eine Frau blickte, die jünger war als sie selbst. Rosemary Kimballs Haar schimmerte wie dunkelgoldener Honig und war im Stil der frühen sechziger Jahre frisiert, und sie lachte strahlend in die Kamera, ein

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