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Dunkle Materie

Dunkle Materie

Titel: Dunkle Materie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aner Shalev
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haben wir uns fast zerstritten. Ich verzieh ihm erst, als er sagte, er habe schon lange keinen so hervorragenden Vortrag gehört. Außerdem war ich eh gut gelaunt, weil ich zwei Kilo abgenommen hatte.
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    Adam, du fragst mich nach Sascha, aber ich frage dich nicht nach Ruth. Soll ich fragen? Warum erzählst du mir nichts? Schläfst du jede Nacht mit Ruth?
    Â 
    Â 
    Samstag, 23. Oktober, 10:21
    Â 
    Wie wenig du mich letztlich kennst.
    Nein, ich glaube nicht, dass der Wunsch, die Partnerin möge einen Orgasmus bekommen, ein Zeichen für Liebe ist. Die meisten Männer tun so, als wäre das ihr Hauptanliegen. Vielleicht ist das eher ein Zeichen für Machismo?
    Â 
    Adam, es tut mir leid. Ich weiß nicht, was nicht in Ordnung ist. Ich dachte, dass du mich und meine Art zu denken verstehst. Aber ich habe das Gefühl, je mehr Zeit vergeht, seit du weggefahren bist, umso weniger bleibt übrig.
    Â 
    Das war immer ein Fehler von mir, anzunehmen, dass andere erraten sollten, was ich denke. Und obwohl es mir immer klarer wird, dass dies nicht geht und dass ich es nicht erwarten darf, habe ich mit dir irgendwie den gleichen Fehler gemacht. Vielleicht ist es Liebe, wenn man nichts erklären muss?
    Â 
    Ich weiß nicht, wie du darauf gekommen bist, dass ich mit Sascha geschlafen habe. Und wie du es mir schon verziehen hast. Danke jedenfalls. Natürlich habe ich nicht mit ihm geschlafen. Ich fühlte mich noch nicht einmal physisch zu ihm hingezogen. Mein Körper spürt immer noch, was er vor einer Woche erfahren hat.
    Â 
    Ich weiß nicht, ob ich dir die lange Mail schicken soll, die ich geschrieben habe, trotz deiner Bitte. Sie kommt mir noch immer grausam vor, vielleicht noch schlimmer, als mit Sascha ins Bett zu gehen.
    Â 
    Ich muss die Vorbereitungen für meinen morgigen Vortrag beenden, ich schicke dir dies morgen früh, damit du es an deinem Morgen lesen kannst. Das wird zu einer unzüchtigen Gewohnheit.
    Eva
    Â 
    Â 
    Sonntag, 24. Oktober, 20:46
    Â 
    Es ist Liebe, wenn man kommuniziert? (Und ich kommuniziere nicht?)
    Wieso habe ich nicht daran gedacht?
    Ich darf mich manchmal über dich lustig machen, nicht wahr?
    Â 
    Adam,
mein Geliebter,
ich möchte dich nicht verletzen. Ich glaube nicht, dass du weißt, was ich empfinde. Wenn du meinst, dass Kommunikation Liebe bedeutet, erlaube mir, mit dir darüber zu kommunizieren. Ich erinnere mich, wie wir vor dem Krankenhaus spazieren gingen, als man mich, nachdem eine Röntgenaufnahme gezeigt hatte, dass meine Knochen heil waren, in der Notaufnahme verbunden hatte. Ich erinnere mich an das Gefühl der Enttäuschung, dass ich unversehrt war und nach Hause gehen durfte, dass ich dich nicht mehr sehen würde. Dass ich bei dem Unfall nur ein paar leichte Verletzungen erlitten hatte, die bald heilen würden. Ich erinnere mich, wie wir zu deinem Auto gingen, aber auf Umwegen. Plötzlich wussten wir beide nicht mehr, wo du dein Auto abgestellt hattest. Wir entfernten uns von dem kahlen Parkplatz, suchten Schutz auf Wegen, die von Büschen gesäumt waren, unter verkrüppelten Bäumen, wir gaben uns Mühe, uns zu verlaufen, verloren zu gehen an einem Ort, der dazu zu klein war, bis zu jenem blendenden Moment, an dem sich uns plötzlich die orangefarbene Wüste offenbarte. Ich erinnere mich, wie ich mich auf einen Felsen setzte, von einer plötzlichen Schwäche gepackt, fast einer Ohnmacht. Ich erinnere mich, wie wir beide auf dem Felsen saßen, der in der Sonne glühte, wir sprachen nicht, wir berührten uns nicht, wir betrachteten nur die Wüste, dieso unerwartet zu sehen war und uns gefangen nahm. Nach einer Stunde oder zwei, als die Wüste schon die Farben wechselte, uns aber immer noch in sich hineinsog, sagtest du plötzlich, sag mir, Eva, weißt du, was eine Minute Schönheit kostet?
    Â 
    Heute bekam Lena Besuch von ihrem Exfreund. Nur ich war zu Hause (sie weicht ihm aus). Er beschloss, in der Küche auf sie zu warten. Ich hatte ein bisschen Mitleid mit ihm. Ich wusste, dass sie nicht kommen würde. Ich kochte ihm Tee. Seine Hand zitterte, als er die Tasse hielt. Ich wollte ihn aufmuntern. Ich hielt ihm einen Vortrag über den Mond, erzählte von dem russischen Raumschiff Luna 3, das die ersten Aufnahmen von der verborgenen Seite des Mondes gemacht hatte, der Seite, die er der Erde nie zeigt. Ich erklärte ihm, dass der Mond kein besonders angenehmer Ort

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