Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
Schutz zu erhalten und Wissen. Für beides hatte sie mit dem Rubinarmband bezahlt, das Reginald ihr einmal geschenkt hatte. Mit den Steinen, die sich wie blutige Herzen vor dem eisigen Glitzern von Diamanten abhoben.
Sie hatte für das Schutzamulett bezahlt, das sie unter ihrem Kopfkissen aufbewahrte, und in einem Seidenbeutelchen über ihrem Herzen. Sie hatte bezahlt, teuer bezahlt, für den Wiederauferstehungszauber. Einen Zauber, der versagt hatte.
Weil ihr Kind lebte. Das war das Wissen, das die Voodoo-Priesterin ihr geschenkt hatte, und es war mehr wert als zehntausend Rubine.
Ihr Kleiner lebte, er lebte, und jetzt galt es, ihn zu finden. Es galt, ihn zu ihr zurückzubringen, wo er hingehörte.
Reginald musste ihn finden, musste dafür bezahlen, egal, wie hoch die Summe war.
Sachte, sachte, warnte sie sich selbst, als sie den Schrei in ihrem Hals pochen fühlte. Er würde ihr nur glauben, wenn sie ruhig blieb. Er würde nur auf sie hören, wenn sie schön war.
Schönheit verführte die Männer. Mit Schönheit und Charme konnte eine Frau bekommen, was immer sie wollte.
Sie wandte sich zum Spiegel und sah, was sie darin sehen musste. Schönheit, Charme, Anmut. Sie sah nicht, dass das rote Kleid an den Brüsten schlaff herunterhing, sich an den Hüften ausbeulte und ihre bleiche Haut in einem fahlen Gelb erscheinen ließ. Der Spiegel zeigte die wirr herabfallenden Locken, die allzu strahlenden Augen und das grelle Rouge auf den Wangen, doch ihre Augen, Amelias Augen, sahen nur, was sie einst gewesen war.
Jung und schön, begehrenswert und gerissen.
Also ging sie nach unten, um auf ihren Geliebten zu warten, und sang leise vor sich hin: »Lavendel ist blau, Lalilu. Lavendel ist grün.«
Im Salon brannte ein Feuer, und die Gaslampe war angezündet worden. Die Dienstboten würden also ebenfalls vorsichtig sein, dachte Amelia mit einem verkniffenen Lächeln. Sie wussten, dass der gnädige Herr erwartet wurde, und der gnädige Herr bestimmte über die Finanzen.
Ganz egal, sie würde Reginald sagen, dass sie gehen mussten, allesamt, und dass an ihrer Stelle andere eingestellt werden mussten.
Und sie wollte ein Kindermädchen für ihren Sohn, für James, wenn sie ihn wiederhatte. Eine Irin. Irinnen gingen fröhlich mit Babys um, glaubte sie. Sie wollte, dass ihr James eine fröhliche Kinderstube hatte.
Obwohl sie den Whiskey auf der Anrichte anstarrte, schenkte
sie sich ein kleines Glas Wein ein. Sie ließ sich nieder, um zu warten.
Ihre Nerven begannen zu flattern, während die Zeit vorrückte. Sie trank ein zweites Glas Wein, dann ein drittes. Als sie durch das Fenster Reginalds Kutsche halten sah, vergaß sie, vorsichtig und ruhig zu bleiben, und flog zur Tür.
»Reginald, Reginald.« Kummer und Verzweiflung sprangen aus ihrem Mund wie Schlangen, zischend und zappelnd. Sie warf sich an seinen Hals.
»Beherrsch dich, Amelia.« Seine Hände schlossen sich um ihre knochigen Schultern, schoben sie von sich. »Was werden die Nachbarn sagen?«
Er schloss rasch die Tür, und auf seinen scharfen Blick hin hastete eine bereitstehende Bedienstete herbei, um ihm Hut und Gehstock abzunehmen.
»Das ist mir egal! Oh, warum bist du nicht früher gekommen? Ich habe dich so gebraucht. Hast du meine Briefe bekommen? Die Dienstboten, sie lügen. Sie haben sie nicht abgeschickt. Ich bin hier eine Gefangene.«
»Red keinen Unsinn.« Ein flüchtiger Widerwillen huschte über Reginalds Gesicht, als er ihren nächsten Versuch, ihn zu umarmen, abwehrte. »Wir hatten vereinbart, dass du niemals versuchen würdest, mich zu Hause zu erreichen, Amelia.«
»Du bist nicht gekommen. Ich war allein. Ich …«
»Ich hatte zu tun. Aber nun komm. Setz dich. Nimm dich zusammen.«
Doch immer noch hing Amelia an seinem Arm, als er sie in den Salon führte.
»Reginald. Das Baby. Das Baby.«
»Ja, ja.« Er befreite sich von ihr und schob sie auf einen Stuhl. »Eine bedauerliche Sache«, sagte er, während er zur Anrichte hinüberging, um sich einen Whiskey einzuschenken. »Der Arzt hat gesagt, es war nichts zu machen, und du brauchtest Ruhe und Erholung. Ich habe gehört, du hättest dich nicht wohl gefühlt.«
»Lügen. Das ist alles Lüge.«
Er wandte sich ihr zu; sein Blick registrierte ihr Gesicht, das schlecht sitzende Kleid. »Ich kann selbst sehen, dass es dir nicht gut geht, Amelia. Vielleicht ein wenig Seeluft, denke ich, das würde dir gut tun.« Sein Lächeln war kühl, als er sich an den Kaminsims lehnte. »Wie würde
Weitere Kostenlose Bücher