Dunkle Schatten (German Edition)
mit PC-Kram verstellt ist.
Kokoschansky rümpft die Nase. Wie immer hängt süßlicher Geruch in der
Luft. Mitnick ist erklärter Kiffer und trägt seine Gesinnung offen zur Schau,
indem er ein T-Shirt mit dem Aufdruck Dope For The Pope trägt. Wieder
einmal scheint er eine Nacht durchgeackert zu haben. Dementsprechend ramponiert
präsentiert sich sein Äußeres, doch auf gepflegtes Aussehen hat Mitnick noch
nie Wert gelegt. Auch seine Laune lässt zu wünschen übrig.
»Wohnung verloren? Zieht ihr jetzt bei mir ein?«, deutet er mit saurer
Miene auf die Riesenschachtel.
»Kein Bange«, beruhigt Kokoschansky ihn, »da drin befindet sich mit hoher
Wahrscheinlichkeit Sprengstoff.«
»Und ich soll der Sprengmeister sein, du spielst die Zündschnur, und Lena
läuft uns den Vorsprung heraus, wenn es wieder einmal eng wird.« Mitnick steht
gemächlich auf, schlurft um den Karton herum wie eine Katze um den heißen Brei.
»So ungefähr«, bestätigt Kokoschansky grinsend.
»Was springt für mich dabei heraus?«
»Hm, sagen wir, bei Erfolg ein dementsprechendes Honorar, außerdem Ruhm
und Ehre. Im worst case einen Haufen Probleme.«
Mitnick dreht sich genüsslich eine Zigarette. »Tolle Aussichten und dazu
eine unbekannte Scheißgage. Mann, ich muss verrückt sein. Ich gehöre wirklich
in die Klapse. Jedes Mal lasse ich mich mit dir auf solche Deals ein. Mit dir
bin ich noch nie reich geworden. Warum sollte es plötzlich anders sein? Wird es
spannend?«
»Ist es bereits, wie ich inzwischen herausbekommen habe.«
»Du weißt genau, wo meine Achillesferse ist. Was steckt dahinter? Wem
pinkelst du dieses Mal ans Bein?« Mitnicks anfänglich miese Stimmung bessert
sich zusehends.
»Immer mit der Ruhe«, bremst Kokoschansky ihn ein, »das Zeug muss ich bei
dir lagern. Bei mir zu Hause ist es zu gefährlich. Bei uns können jeden
Augenblick die Bullen antanzen und die Bude auf den Kopf stellen.«
»Ja klar. Was bleibt mir sonst anderes übrig.«
»Dann sind wir uns wieder einmal einig.«
»Sieht ganz danach aus. In welche PCs soll ich mich reinhängen?« Mitnick
lässt sich in seinen Kippstuhl hinter seinem riesigen Schreibtisch plumpsen, wo
auf drei nebeneinanderstehenden Monitoren unterschiedliche Zahlen- und
Buchstabenkombinationen in rasender Geschwindigkeit rattern, lagert seine Beine
hoch und verschränkt die Arme im Nacken. »Kurzfassung, du bist wieder in
Teufels Küche gelandet. Zuerst der untergejubelte Koks, und jetzt scheint es
erst richtig loszugehen.«
Plötzlich wird er sehr ernst. »Was passiert, wenn das Material in deiner
Wunderkiste sich als Flop erweist? Und du, Koko, auf die Schnauze fällst?«
»Dann«, Kokoschansky räuspert sich, »trage ich die volle Verantwortung
mit allen Konsequenzen. Ich werde dann wohl sehr alt aussehen und habe den
Arsch offen.«
»Nun«, in Mitnicks Augen kehrt sofort wieder der für ihn typische Schalk
zurück, »Ersteres trifft bereits zu, und das andere will ich mir gar nicht
vorstellen. Das ist also dein Plan A.«
»Ja.«
»Und wie sieht Plan B aus?«
»Den überlege ich mir, wenn es notwendig wird.«
»Du alter Hasardeur! Wie fangen wir mit der Nummer an?«
Kokoschansky zieht sich einen Stuhl herbei, setzt sich rittlings darauf.
»Jetzt hört mal beide sehr gut zu. Ich habe schon seit längerer Zeit einen
Plan, von dem du auch noch nichts weißt, Lena … Kokoschanskys Quartett. Vier
Personen werden einiges in diesem Land aufmischen und ans Tageslicht bringen.
Du als Profihacker, Lena und ich als Ermittler, wobei ich mit Freitag auch den
journalistischen Part übernehme.«
»Bis hierher kann ich dir folgen«, Mitnick ist ganz Ohr, »aber was soll
das mit Freitag?«
Kokoschansky erklärt ihm in knappen Worten, wer sein nigerianischer
Freund ist und was es mit dessen Internetplattform FNews auf sich hat.
»Ich kapiere«, Mitnick kratzt sich nachdenklich am unrasierten Kinn, »ihr
plant etwas in der Art wie WikiLeaks.«
»Im weitesten Sinne ja«, gibt Kokoschansky ihm recht, »doch anders.
Schließlich ist Julian Assange mit seinem Projekt fürchterlich gescheitert. Ich
möchte nicht wahllos geheime Dokumente ins Netz stellen. Ich konzentriere mich
auf eine einzige Geschichte mit allen ihren Nebenschauplätzen und was sich in
Folge noch daraus entwickeln kann. Nicht mehr und nicht weniger. FNews soll mit dieser Story zu einem eigenständigen Infoportal im Netz werden. Wir
publizieren genau das, was die Medien im beschaulichen Österreich sich nicht
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