Dunkle Schatten (German Edition)
wie schön es mit dir ist …«
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie Kokoschansky tatsächlich
zu Lena steht, dann hält sie ihn nun schwarz auf weiß in Händen.
»Sie muss diesem Idioten von Erharter total verfallen sein, wenn sie sich
auf ein solches Niveau herablässt«, konstatiert Kokoschansky. »Euch Weiber soll
mal einer verstehen. Denkt an meine Worte. Sobald er merkt, dass sie für ihn
nutzlos geworden ist, wird er sie fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.«
»Sieh es doch einmal auch von der positiven Seite«, versucht Mitnick, den
Journalisten aufzubauen, »zahle es ihr doch mit gleicher Münze zurück. Füttere
sie mit falschen Informationen. Sonja wird sie umgehend an ihren Lover
weiterleiten, und der scheint wirklich so dämlich zu sein, alles zu fressen.
Auge um Auge, Zahn um Zahn.«
»Das werde ich auch tun«, stellt Kokoschansky grimmig fest, »zurück kann
und will ich nicht mehr.«
Samstag, 25. September 2010
Lena und Kokoschansky haben sich in einer kleinen Pension in Liesing, im
23. Bezirk am Wiener Stadtrand, einquartiert. Nachdem sie von Mitnick
aufgebrochen waren, sprachen sie noch lange über Sonjas sonderbares Verhalten
und woher ihr abgrundtiefer Hass auf Kokoschansky rühren könnte. Er wiederum
versuchte, nochmals ihre Ehe zu analysieren. Die paar Jahre, die er mit Sonja
zusammengelebt hatte, waren harmonisch, und er kann sich an keinen gröberen Streit
erinnern, abgesehen von kleineren Reibereien und Geplänkel. Lena kennt diese
Geschichte zur Genüge, Kokoschansky hatte nie Geheimnisse vor ihr.
Während des Frühstücks in dem winzigen Gastraum sind beide schweigsam und
unausgeschlafen. Es sind nur zwei weitere, männliche Pensionsgäste anwesend.
Wahrscheinlich Handelsvertreter, schätzt Kokoschansky. In näherer Umgebung ist
ein riesiges Industriegebiet mit zahlreichen Firmen und Einkaufszentren.
Inzwischen wurde, den neuesten Nachrichten nach, die Leiche von Branko
Daramci ć in Montenegro identifiziert, und die wildesten Spekulationen brechen in
den Medien aus. Besonders die Tatsache, dass der Kroate mit einem Messer und
nicht durch eine Kugel wie die anderen ermordet wurde, bildet die Grundlage für
alle möglichen Theorien. Inzwischen konnten Gerichtsmediziner herausfinden,
dass der ehemalige General nicht durch einen tödlichen Messerstich getötet
wurde, sondern durch einen gezielten Messerwurf.
Es ist kurz vor 9 Uhr, als Lena und Kokoschansky sich wieder in ihr
Zimmer zurückziehen. Der Journalist schnappt sich die Fernbedienung und
schaltet den Fernseher ein. Gerade rechtzeitig für die Aufmachermeldung des
Tages. »Auf dem Stilett, das im Rücken des ehemaligen kroatischen Generals
Branko Daramci ć steckte«, so der Moderator, »stellten Kriminalisten Fingerabdrücke des
geflohenen Wiener Unterweltbosses Ratko Perkovi ć alias Robert Saller fest. Es wird angenommen, dass Saller bei Madeo in
Montenegro Unterschlupf gefunden hat. Damit sind Verbindungen Sallers zur
`Ndrangheta offensichtlich, ebenso wie zu Daramci ć , der auch mit Salvatore Madeo engen Kontakt zu haben schien.
Trotz intensivster Suche auf dem Anwesen Salvatore Madeos, dem dieser
Anschlag gegolten hatte, konnte Sallers Leiche nicht gefunden werden. Es wird
vermutet, dass es dem Gangster gelungen ist zu fliehen. Ob verletzt oder
unversehrt, ist unbekannt.
In einem Zimmer der Villa wurde ein geöffneter Tresor gefunden, der
aufgeschossen ist. Was gestohlen wurde, ist unbekannt.
Inzwischen steht auch die Opferbilanz fest. Insgesamt vierunddreißig
Menschen, darunter Frauen, Jugendliche und Kinder, starben während dieses
Massakers. Über die Ursache und die genaueren Zusammenhänge herrscht bei den
Behörden nach wie vor große Unklarheit. Wir informieren Sie laufend, sobald
neue Ermittlungsergebnisse vorliegen. Nun zur österreichischen Innenpolitik …«
Kokoschansky schaltet den Apparat ab.
»Bei Lackner, Erharter, Katterka und der gesamten Brut läuten jetzt
sämtliche Alarmglocken. Sie werden kombinieren und denken, wo Saller ist, wird
auch dieser Kokoschansky nicht weit sein. Zumindest werden sie annehmen, dass
ich weiterhin mit ihm in Kontakt stehe.«
»Irgendwer wird auch deine weggeworfene Maschinenpistole und die Waffe
aus dem Auto finden, der du dich ja ebenfalls entledigt hast, Koko.«
»Darum mache ich mir die wenigsten Sorgen, Lena«, schwächt Kokoschansky
ab, »ich glaube kaum, dass jemand von den Einheimischen, wenn er Waffen findet,
damit schnurstracks zur
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