Dunkle Schatten (German Edition)
Kästchen, in dem, in Samt
eingeschlagen, drei wertvolle Armbanduhren liegen.
»Wie heiß?«, fragt Erharter.
»Nicht besonders«, wiegelt Honsa ab, »sie stammen von einem deutschen Schmuckvertreter.
Die Georgier bekamen einen Zund, dass der Typ in einem Salzburger Hotel
abgestiegen ist. Sie schmierten ihn ab 30 , warteten einen
günstigen Moment ab, brachen in sein Zimmer ein und raubten ihn aus, als er
essen war. Stand in der Zeitung, auch im Fernsehen wurde darüber berichtet. Das
übrige Zeug habe ich schon verhökern können, diese drei besonderen Stücke habe
ich für dich aufbewahrt. Interessiert?«
Eingehend untersucht Erharter die eleganten Uhren, legt sie am Handgelenk
an, um sie nochmals näher zu begutachten, und entscheidet sich für eine Piaget.
»Wie viel willst du dafür haben?«
»Hm«, Honsa überlegt und genehmigt sich einen Schluck Whiskey, »unter
Freunden, sagen wir, dreißigtausend. Im offiziellen Handel bekommst du sie
nicht unter fünfzig.«
»Fünfundzwanzig …«
Honsa schüttelt den Kopf und nimmt ihm die Uhr wieder ab. »Ist nicht.
Schließlich wollen die Georgier auch ihren Anteil.«
»So dick habe ich es auch wieder nicht. Überhaupt jetzt wegen dieser
verdammten Suspendierung. Und Unterhalt muss ich auch noch für meine Töchter
bezahlen.«
»Tja, du bist im falschen Job. Dann musst du eben mehr Koks verkaufen.
Wohin du ihn liefern kannst, weißt du.«
Es ist genau die Uhr, die Erharter immer wollte, aber sich nicht leisten
konnte. Mit seinem Salär als Kriminalbeamter konnte er nie große Sprünge
machen. Vor rund eineinhalb Jahren stieg er ins Drogengeschäft ein. Hätte er
gewusst, wie einfach es ist, wäre er schon viel früher darauf gekommen. Als
BKA-Mann Stoff aus der Asservatenkammer abzuzweigen, ist wahrlich ein
Kinderspiel. Sind die Drogen einmal dort gelandet und die Prozesse gegen die
Dealer und Konsumenten abgeschlossen, kontrolliert niemand mehr die vorhandenen
Mengen. Zu gewissen Zeitpunkten wird das Rauschgift mit einem
Polizeitransporter in die EBS, die Entsorgungsbetriebe Simmering, überführt und
dort verbrannt. Übertreiben darf Erharter es nicht, sonst fällt er auf. Doch er
hat es im Griff. So hat er ungehindert Zugang zu Kokain, Heroin, Amphetaminen
und Gras. Die Drogen verkauft er an Honsa, der wiederum seine Abnehmer
versorgt. Auf diese Weise verschafft Erharter sich ein ansehnliches Zubrot, was
ihm einen aufwendigen Lebensstil ermöglicht, aber dennoch oder gerade deswegen
kämpft er oft gegen die Flaute in seinem Portemonnaie.
»Achtundzwanzig«, handelt Erharter weiter, »und dazu die zwei Neuen, die
ich gesehen habe.«
»Also schön, weil du es bist«, sagt Honsa und schenkt sich nach, »jedem
anderen hätte ich jetzt eine mit dem Schlagring übergezogen. Wo ist die Kohle?
Was machst du eigentlich mit so vielen Uhren? Du hast auch nur zwei
Handgelenke, und mehr Zeit bekommst du deshalb auch nicht. Aber mir soll es
recht sein.«
»Fünfzehn kannst du sofort haben«, Erharter zieht ein Kuvert aus der
Innentasche seines Jacketts, »den Rest in vierzehn Tagen. Momentan bin ich
nicht so flüssig, wie ich es gerne wäre.«
»Plus zwölf Prozent vom Restbetrag.«
»Du bist ein Saugerl 31 .«
»Ich muss auch leben, Bester. Das Geschäft ist flau und seit der Grieche
den Holzpyjama angezogen hat, ist es noch schwieriger geworden. Geht da
überhaupt etwas weiter? Ich will diesen verdammten Killer, und zwar lebend. Wer
ist an dem Mord dran?«
»Cench, soviel ich weiß.«
»Ah ja, der Scheißtyp war neulich hier und hat sich wichtiggemacht. Da
hat der Grieche noch gelebt. Es war ein Fehler …«
»Was war ein Fehler?« Erharter erkennt sofort die Gunst der Stunde und
greift nach der Whiskeyflasche. »Darf ich?« Ohne eine Antwort abzuwarten, füllt
er zuerst Honsas Glas, um sich danach selbst einen zu genehmigen und nochmals
nachzufragen. »Was war ein Fehler?«
Honsas größter Fehler ist, dass er wie ein Kanarienvogel singt, wenn er
über seinen normalen Spiegel getrunken hat. Genau das ist jetzt der Fall, und
Erharter weiß es geschickt auszunutzen.
»Der Grieche hätte sich nie auf diesen Scheißkameltreiber einlassen
dürfen.«
»Wen meinst du?«
»Wer von uns ist nun der Bulle?«
»Entschuldige, ich bin derzeit raus aus dem Geschäft.«
»Ich meine den Araber, der sich in Grinzing in einer Villa eingenistet
hat und mit vielen Politikern, was weiß ich wen, auf du und du ist. Der Mufti
stammt aus irgendeinem Land in Nordafrika, wo sein
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