Dunkle Schatten (German Edition)
länger. Zuerst
wollten die beiden, die Freitag in ihrem Auto abgeschossen hatte, die
Angelegenheit ohne Polizei regeln, aber der Schwarzafrikaner bestand darauf. Da
die Straße zu belebt ist, ist an Fahrerflucht nicht zu denken.
Freitag flucht und tobt herum, will dadurch Kokoschansky Zeit
verschaffen. Die Funkstreifenbesatzung ist ziemlich gefordert. Einerseits hält
der Taxifahrer sie auf Trab, andererseits haben die Beamten, eine Frau und ein
Mann, noch nie mit einem dermaßen komplizierten Verkehrsunfall zu tun gehabt.
Die beiden Männer weisen sich mit gefälschten Diplomatenpässen aus Paraguay
aus, sprechen gebrochen Deutsch, aber fließend Spanisch, und verweigern
sämtliche Auskünfte, bestätigen nur ihre falschen Personalien. Das erschwert
die Amtshandlung, da die beiden absolut nicht bereit sind zu kooperieren und
darauf drängen, ihrer Wege ziehen zu dürfen. Den jungen Polizisten fallen die
Fälschungen nicht auf, sie sind viel zu sehr beschäftigt, diesen Fall
vernünftig und zur Zufriedenheit aller Beteiligten zu lösen.
»Wer bezahlt mir nun den Schaden?«, jammert Freitag. »Wie soll ich Geld
verdienen, wenn mein Taxi hin ist? Ich habe Familie, die ich ernähren muss! Nur
weil die zwei glauben, in Österreich brauchen sie keinen Blinker einzuschalten,
wenn sie ausparken und weiterfahren wollen!« Ausgerechnet Freitag sagt das,
der, wann immer es möglich ist, Verkehrsregeln gänzlich ignoriert.
»Bitte, Herr Querantino«, versucht die Polizistin, den scheinbar
aufgeregten Freitag zu beruhigen, »seien Sie doch froh, dass Sie unverletzt
geblieben sind und die anderen auch. Zum Glück ist es nur verbeultes Blech.«
»So kommen wir nicht weiter«, beschließt ihr Kollege. »Nachdem wir den
Unfallhergang abgeschlossen haben, müssen wir uns an höhere Stellen wenden. An
dem Busserer 34 stimmt etwas nicht.«
*
Der Mann, den Sherlock gebissen hat und der zugleich der Jüngste des
Trios ist, hält sich noch immer seinen stark blutenden Arm. Er ist das nächste
Opfer des Journalisten.
»Du siehst aus, als ob du dringend einen Arzt brauchst. Je länger ihr
schweigt, desto schlimmer wird es für dich. Ihr wisst, was uns interessiert.
Also, was ist nun mit der Plauderstunde?«
Der junge, vermutliche Agent kämpft zusehends mit sich selbst. Immer
wieder blickt er zu seinen Gefährten, die ihn nur regungslos ansehen, bevor er
sich endgültig durchringt, den Mund aufzumachen. »Bekomme ich mildernde
Umstände oder vielleicht Straffreiheit, wenn ich rede? Was ist mit meinen
Kameraden?« Er spricht blütenreines Deutsch.
»Du kennst den Deal«, antwortet Kokoschansky ihm, »wenn wir von dir
erfahren, weshalb ihr hier seid und wo unser Freund steckt?«
»Mit dir rede ich nicht«, sagt der junge Mann unverblümt, »du bist kein
Bulle, er«, dabei deutet er mit dem Kopf in Richtung Cench, »er schon. Er
konnte sich ausweisen, du und die anderen habt es bisher nicht getan. Es ist
auch egal, wer ihr seid. Wir wissen, wer du bist. Dein Name ist Heinz
Kokoschansky, und du bist von Beruf Journalist. Wir haben genug Fotos von dir.«
Jetzt ist es Kokoschansky, dem beinahe die Kinnlade herunterklappt. »Dein
martialisches Auftreten und dein lächerliches Schmierentheater kannst du dir in
den Arsch schieben, das kaufen wir dir nicht ab. Es schert mich einen Dreck, weshalb
wir diesen Auftrag ausführen sollten, und noch weniger, worum es eigentlich
geht. Doch eines ist klar. Ihr lasst uns nicht laufen, ihr liefert uns aus.«
Plötzlich wechselt er die Sprache, redet Hebräisch mit seinen Leuten,
wobei einer anfänglich heftig dagegen zu sein scheint, dann jedoch mehr und
mehr einlenkt, während der Zweite sich zurückhält und sich mit seinem weiteren
Schicksal bereits abgefunden zu haben scheint. Dann wendet sich der junge Mann
wieder Cench zu.
»Ich habe keine Lust wegen dem Scheißköter vielleicht meinen Arm zu
verlieren. Ich will in einem Krankenhaus behandelt werden. Wir werden unsere
Identitäten nicht preisgeben. Wir wollen faire Behandlung und unseren
Botschafter sprechen.«
»Dazu müssen wir wissen, woher ihr kommt«, wirft Cench ein.
»Euer Langer hat es doch bereits ausgesprochen«, antwortet der
mutmaßliche Geheimdienstmann nach kurzer Überlegung, »was ist nun mit
mildernden Umständen oder Straffreiheit?«
»Das habe ich nicht zu entscheiden. Das obliegt der Justiz. Aber ich verspreche
dir, wenn es zu einem Prozess kommt, werde ich aussagen, dass du mit uns
zusammengearbeitet hast.
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