Dunkle Schatten (German Edition)
Katterka im gleichen Augenblick aufgrund ihrer Frage durch
den Kopf gehen, behält er lieber für sich. »Frau Ministerin, dafür müsste er
Italiener sein.«
»Aber ist er wirklich sauber?«, forscht die Innenministerin nach.
»Bislang ist er nie straffällig geworden«, antwortet Katterka.
»Hat er gesagt, dass er von diesem Madeo eingeladen wurde?«, mischt der
Bundeskanzler sich ein.
»Nein. Als er mich überraschend gestern Abend in Amt aufsuchte, war er
nur frech.« Die Fragerei wird dem BKA-Chef zunehmend lästig. Langsam fühlt er
sich als Beschuldigter. »Es ist nicht auszuschließen, dass die Fotos, die im
Internet auf dieser inzwischen abgeschalteten FNews -Seite die weltweite
Runde machten, angeblich sind sie auf YouTube noch zu sehen, ein ganz anderer
geknipst hat und aus uns noch unbekannten Gründen Kokoschansky zugespielt hat.
Das Gleiche gilt für dieses Videoband. Vielleicht ist Ebbe in Kokoschanskys
Kasse, seine Bücher verkaufen sich schlecht, die Aufträge bleiben aus, deshalb
nutzt er die Gelegenheit, gibt Fotos wie Video als seine Errungenschaften aus,
und dabei will er sich bloß wichtigmachen.«
»Dieser Meinung bin ich nicht«, widerspricht der GD, »nach meinen
Erkundigungen ist Kokoschansky absolut integer und würde sich niemals auf
derartige Deals einlassen. Ebenso ist seine wirtschaftliche Lage mehr als
zufriedenstellend.«
Der Bundeskanzler hat sich von seinem Platz an der Stirnseite des
Besprechungstisches erhoben, geht zu einem der Fenster, öffnet es, sein Blick
fällt hinunter in den Burggarten, wo ein paar Jogger fleißig ihre Runden
drehen. »Die frische Luft wird uns guttun. Meine Damen, meine Herren, jetzt
haben wir uns die Nacht um die Ohren geschlagen ohne brauchbares Ergebnis. Mir
ist dieser Herr Kokoschansky, unter uns, völlig wurscht. Viel wichtiger ist,
dass wir eine sich anbahnende Krise zwischen Österreich und Israel unter allen
Umständen verhindern müssen, den guten Ruf unseres Landes bewahren. Das ist ein
schwerwiegendes Problem. Wenn auch unser Außenminister vorübergehend den
Botschafter besänftigen konnte, ist das Problem nicht vom Tisch. Hinzu kommen
unsere internen Schwierigkeiten. Markus Schloimo zählt dazu. Leider ist er
momentan nicht greifbar, weil er in Tel Aviv weilt. Ich bin kein Kriminalist,
aber das sagt mir der gesunde Menschenverstand, die gesamte Angelegenheit
stinkt zum Himmel, ein für uns noch unbekanntes Entführungsopfer wird auf einem
Grundstück, das Schloimo gehört, befreit, wurde in einer Jagdhütte, die
Schloimo an Mannsbergkh-Souilly verpachtete, festgehalten und genau an diesem
Ort erschoss sich vor wenigen Tagen Oberstaatsanwalt Bortner. Die COBRA rückt
an, und Schloimo sitzt in einem Flieger nach Israel. Wann ist eigentlich
Bortners Begräbnis?«
»Morgen, 13 Uhr«, unterrichtet der GD den Bundeskanzler, »er wird im
engsten Familienkreis im Krematorium auf dem Wiener Zentralfriedhof
eingeäschert. Die Angehörigen haben um polizeiliche Unterstützung gebeten, die
ihnen natürlich gewährt wird, um Gaffer und vor allem Journalisten abzuhalten.«
»Nach meinen Informationen soll er sich mit einem Jagdgewehr in den
Hinterkopf geschossen haben«, resümiert der Bundeskanzler, »schwer vorstellbar,
wie das praktisch funktionieren soll. Aber die Obduktionsergebnisse sagen aus,
es ist möglich. Eine Einäscherung erspart uns jedenfalls weitere lästige
spätere Nachforschungen. Vielmehr Sorgen bereitet mir das Video, auf dem
eindeutig Kurt-Friedrich Midas und Adolphe Mannsbergkh-Souilly zu erkennen
sind, wie sie das Anwesen des `Ndrangheta-Bosses Salvatore Madeo betreten. Das
sind die wahren Probleme. Wie erklären wir das alles der Öffentlichkeit, wenn es
publik wird? Dieser Kokoschansky behauptet, das Originalband zu besitzen. Wie
mir dieser Mann geschildert wurde, glaube ich nicht, dass er sich davon
abhalten lässt, es tatsächlich zu veröffentlichen. Wie kann man ihn daran
hindern?«
»Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Bundeskanzler«, fasst der GD
zusammen, »wollen Sie so lange wie möglich Stillschweigen bewahren.
Kokoschansky hat sich bisher nicht strafbar gemacht. Wir können ihn nicht dazu
zwingen, sein Material herauszurücken. Wir müssen uns an die Gesetze halten. Es
sei denn, Sie bestehen auf einer unlauteren Vorgangsweise. Allerdings ohne
mich. Dann würde ich sofort meinen Rücktritt einreichen.«
»Ich denke, ich habe mich klar genug ausgedrückt, und ich habe vollstes
Vertrauen, dass Sie, meine
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