Dunkle Schatten (German Edition)
»selbstverständlich mache ich das. Ich
habe ihn zwar schon länger nicht gesehen, doch so viel ich weiß, ist er
tatsächlich nur an den großen Fischen interessiert, und bei unserem letzten
Treffen sagte er mir, zum Glück brauche er sich über eine mangelnde
Auftragslage nicht zu beklagen.«
»Siehst du. Und genau bei ihm will ich anheuern. Ich bleibe bei meiner
Entscheidung, ich schmeiße den Krempel hin. Und du«, Lena winkt ihn mit dem
Zeigefinger her und lächelt dabei sehr maliziös, wobei sich in ihren Augen
dieses besondere Glitzern widerspiegelt, wenn sie Lust verspürt, »komm doch mal
her. Ich will mich selbst überzeugen, dass sie im Krankenhaus nicht an dir
herumgepfuscht haben und wirklich noch alles dran ist. Nach diesem Scheißtag
brauche ich meine Streicheleinheiten.« Mit einem Ruck zieht sie ihm die
Jogginghose samt Unterwäsche herunter.
Doch das sich anbahnende Liebesspiel wird jäh durch das Läuten der
Türklingel unterbrochen.
*
Der gestohlene Leichenwagen wurde in einem nicht einsehbaren Waldstück im
Süden Wiens, das nur über einen selten befahrenen Feldweg erreichbar ist,
abgestellt. Robert Saller hievte sich lässig aus dem Sarg.
Ebenso wie seine Fluchthelfer schlüpfte er in bereitgestellte,
unauffällige Freizeitkleidung. Zwei weitere PKWs, in Wien vor einigen Stunden
gestohlen und mit falschen Kennzeichen ausgestattet, warteten bereits. Die
alten Klamotten wurden in den Leichenwagen geworfen, reichlich Benzin verschüttet
und alles in Brand gesteckt.
Einer der Fluchthelfer blieb bei Saller, während die Komplizen sich
absetzten. Der ehemalige Pate von Wien wurde zum Sportflugplatz Bad
Vöslau gebracht. Dort stieg er in ein viersitziges, voll getanktes
Motorflugzeug des Typs Robin DR 500 President um. Offiziell wurde als Flugziel
Mailand genannt. Doch das war nur für den Tower und die Flugaufsicht bestimmt.
Später wird der Mann hinter dem Steuerknüppel den Kurs ändern. Für den
ehemaligen Militärpiloten aus dem Jugoslawienkrieg überhaupt kein Problem, das
Radar zu unterfliegen.
*
Sauer zieht sich Kokoschansky wieder an. Schließlich ist Sex mit seiner
Lena immer etwas Besonderes und obwohl sie doch bereits seit einigen Jahren
zusammen sind, noch nie langweilig geworden. Wenn es die Zeit erlaubt, dann
vergeht kaum ein Tag, an dem sie es nicht treiben. Beide wissen ihr Liebesleben
ständig neu und spannend zu gestalten. Und Kokoschansky weiß, das Eisen muss
geschmiedet werden, solange es heiß ist. Die Uhr tickt, noch braucht er keine
pharmazeutischen Helfer, und Lena weiß nur zu gut, wie sie ihren Koko auf
Touren bringt.
Missmutig latscht er zur Tür und lugt durch den Spion. Zwei Männer
mittleren Alters und in dunklen Anzügen mit korrekt gebundenen Krawattenknoten
warten. Natürlich kann Kokoschansky sich ausrechnen, wer die ungebetenen
Besucher sind. Ruckartig öffnet er die Türe und lässt eine Tirade vom Stapel.
»Ich habe bereits Telekabel und Breitbandinternet zu einem äußerst
günstigen Tarif. Auch habe ich keine Lust, einen Persönlichkeitstest
auszufüllen, weil ich Scientologen hasse. Ebenso möchte ich nicht über die
Bibel sprechen, da mir die Zeugen Jehovas und die Mormonen ebenfalls schwer auf
den Geist gehen. War’s das?«
»Sehr witzig«, sagt der Ältere der beiden, während sich der andere nur
mühsam ein Lächeln verkneifen kann. »Guten Abend. BKA … Bundeskriminalamt.
Lackner mein Name und mein Kollege Erharter. Wir müssen Ihnen, Herr
Kokoschansky … Heinz Kokoschansky … und Ihrer Lebensgefährtin Lena Fautner ein
paar Fragen stellen.« Dabei halten beide dem Journalisten ihre Dienstausweise
unter die Nase.
Kokoschansky reagiert mit einer lässigen, einladenden Handbewegung, die
vermitteln soll, wenn es denn sein muss, tretet ein, Bullen. Er dreht sich um,
geht Richtung Wohnzimmer. Lackner und Erharter sind ausgesprochen höflich,
geben sich gleichzeitig auch sehr bestimmend, was weder Kokoschansky noch Lena
beeindruckt. Der Journalist denkt nicht daran, ihnen Platz oder etwas zu
trinken anzubieten, geht vielmehr neuerlich zum Angriff über.
»Meine Herren, stellen Sie sich vor, der auf dem Phantombild bin
tatsächlich ich. Und wirklich unglaublich, ich war ausgerechnet zur gleichen
Zeit im SMZ Ost und auf der gleichen Station, als Saller sich aus dem Staub
machte.«
»Dann wissen Sie also bereits, warum wir gekommen sind«, antwortet
Lackner, der von den beiden der Ranghöhere und daher Wortführer ist,
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